15

16 0 0
                                    

Irgendwie wirkte alles so anders. Es war bloß ein Jahrzehnt vergangen, der Tempel war fast 4000 Jahre alt, und doch war nichts so, wie es sein sollte. Dabei konnte Obi-Wan nicht einmal sagen, was sich verändert hatte. Die Wände hatten dieselben Farben, die Jünglinge feuerten halbstarke Padawane an, ihnen Tricks zu zeigen, selbst das stetige Rauschen Coruscants hatte sich nicht verändert und doch war es unbestreitbar für Obi-Wan. Es war, als befände er sich in einem Traum. Auf den ersten Blick kommt dir alles vertraut vor, aber je genauer du hinsiehst, desto widersprüchlicher erscheint alles.
Womöglich war es die Folge des Krieges, überlegte er. Der Krieg, der, so sehr man sich auch bemühte, in ihr Zuhause eindrang. Vielleicht war es aber auch Obi-Wan, der sich verändert hat. Das letzte Mal, als er durch die Hallen des Tempels lief, war er bloß ein Padawan gewesen, seine Sinne müssen sich seitdem stark verbessert haben. Ja, das war es bestimmt! Mit dem Tempel war alles in Ordnung, er nahm jetzt nur die Macht und die anderen Jedi besser wahr. Er spürte ihre Anspannung und projizierte sie auf seine Umgebung. Die Macht war ein und dieselbe, er war nun nur tiefer in sie verwoben.

“Wie geht es ihm, Meisterin?” erkundigte sich Meister Windu leise, als er die Verwaltung der Hallen der Heilung betrat.
“Es ist schlimmer, als wir zunächst vermutet haben." erklärte die Togruta, ohne von ihrem Bluttest auszusehen, "Wir sind davon ausgegangen, dass seine Amnesie rein psychologischer Natur ist, das wäre zwar auch nicht ganz einfach gewesen, aber vollständig behandelbar. In seinen Gehirnscans konnte ich allerdings im Hippocampus, der Hirnregion für Erinnerungen, Schädigungen an den Synapsen feststellen.”
“Das heißt, er wird seine Erinnerungen nie zurückbekommen?”
“Das heißt, ich weiß nicht ob es möglich ist, dass er sie vollständig zurück erhält. Helix hatte nicht unrecht mit seiner Verdachtsdiagnose, aber nicht alles ist psychosomatisch, sondern zusätzlich sind auch noch einige der Verknüpfungen zerstört.”

Einige Sekunden lang herrschte eine unangenehme Stille zwischen den beiden Meistern, während Windu versuchte seine Fragen zu formulieren, ohne sie wie die eines Padawans im ersten Jahr klingen zu lassen.
Offenbar war seine Stille Frage genug.

“Stellen Sie sich das Gedächtnis als Wasserstadt vor: Jedes Haus ist eine Erinnerung, wenn zwei Erinnerungen gemeinsam entstehen oder aufgerufen werden, zum Beispiel ein Name und ein Gesicht, entsteht eine Brücke zwischen diesen Häusern, eine Synapse. Je öfter diese Brücke genutzt wird, je öfter also beide Erinnerungen gemeinsam aufgerufen werden, desto größer wird diese Brücke. Einige dieser Brücken wurden jetzt zerstört und ich kann nicht sagen, in wie weit sich sein Gehirn selbst regenerieren kann. Selbst wenn Meister Kenobis wieder Zugriff auf sein Gedächtnis erlangt, weiß ich nicht, in welchem Zustand es sein wird. Einige Erinnerungen könnten gänzlich abgeschnitten sein, andere fälschlich neu verknüpft. Um in meinem Beuspiel zu bleiben, es kann sein, dass er sich gar nicht an Sie erinnert, aber auch, dass er sich an Ihr Gesicht erinnert, aber glaubt Ihr Name ist Kit und sie waren gemeinsam in einer Jünglingsgruppe.”

“Was können wir tun?”
Jeriko warf frustriert die Arme in die Luft.
“Die Synapsen sind keine Muskelfasern, die ich einfach wieder zusammen nähen kann. Wir können ihm bloß psychologisch behandeln und hoffen, dass sich sein Gehirn regeneriert. Das Gehirn ist für uns noch immer größtenteils ein Mysterium.”

Die Togruta wirkte plötzlich so viel älter, als sie sich müde auf ihrem Tisch abstützte. Nicht, dass Windu sie nicht nachempfinden konnte. Als Heilerin konnte es nichts schlimmeres geben, als nichts für einen Patienten tun zu können und wenn man dann auch noch einem Laien Neurologie begreiflich machen musste…

“Sobald er aufwacht, sollte jemand ihn in sein Quartier begleiten. Ich habe die erste Therapiestunde auf morgen Nachmittag angesetzt, außerhalb davon wäre es gut, wenn er viel im Tempel unternimmt. Ich werde ihn regelmäßig untersuchen, aber mehr kann ich für ihn nicht tun.”
Die Heilerin richtete sich wieder auf, murmelte etwas von anderen Patienten und machte sich auf den Weg zur Tür, bevor sie sich doch noch einmal mit einem müden Lächeln umdrehte. “Oh und jemand sollte ein Auge darauf haben, dass er genug isst. Padawan Kenobi neigte dazu, einen sehr schlechten Appetit zu haben, wenn er angespannt war.”

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 13 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

silent wordsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt