Kapitel 12 - Scherben

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Die Leute drängten sich durch die Türen, sodass man fast hätte meinen können, es gebe hier irgendetwas umsonst. Ich brauchte mich gar nicht umzudrehen, um zu wissen, dass sich Matens Blick in meinen Rücken bohrte. Dass er mich keine Sekunde aus den Augen ließ, stimmte mich durchaus etwas wütend.

 „Guten Tag, die Dame!" Ein groß gewachsener Mann mit molligem Bart nickte mir lächelnd zu, als ich ins Innere trat. Ich lächelte freundlich, ehe ich meinen Weg auch schon fortsetzte, so, wie Maten es mir zuvor beschrieben hatte. Mein Zielort befand sich in der Nähe der Gäste WCs. So ganz begreifen, dass es sich bei diesem Gebäude tatsächlich nur um eine Bank handelte, viel mir wahrlich schwer. 

Nie hatte ich jemals ein derartiges Gebäude betreten. Rein theoretisch könnte ich mich jetzt bis in alle Ewigkeit hier drin verstecken, Maten würde mir nichts anhaben können! Aber gleichzeitig war er, jedenfalls so weit ich das wusste, nicht abhängig von der Zeit. Er würde ewig dort draußen warten, und ich hier drinnen. Wenn ich eines wusste, dann, dass es sicherlich keine Dauerlösung war, mich hier drin zu verschanzen. 

„Darf ich fragen, wo ich die Toiletten finden kann?", sprach ich eine etwas rundlichere Frau an, deren Haar rötlich schimmerte. An ihrer Unterlippe hing ein wenig Blut. Erschrocken sog ich die Luft ein. Ich hatte gerade schon wieder einen Vampir vor meiner Nase. Das durfte doch wirklich nicht wahr sein! Es musste einer der hier angestellten Vampire sein. Die Frau schien meine plötzlich aufgekeimte Unsicherheit nicht bemerkt zu haben. Und wenn doch, dann ließ sie es sich zumindest nicht weiter anmerken. 

„Dort hinten!", antwortete sie knapp und deutete in die Richtung, aus der sie gerade gekommen war. Im nächsten Moment wendete sie sich auch schon wieder von mir ab und ging eiligen Schrittes von dannen. Entschlossen stapfte ich in die Richtung los, in die sie eben gezeigt hatte. Es dauerte auch nicht lange, bis ich direkt vor den Toiletten stand, deren Türklinken golden schimmerten. 

Direkt neben den Toiletten befand sich eine gläserne Wand, hinter der man eine etwas größere Apparatur erspähen konnte. Mehrere Hebel und Schaltknöpfe waren daran befestigt worden und ich fragte mich ernsthaft, wie so etwas funktionieren und ausgewachsenen Vampiren den Zutritt zu verschiedensten Räumlichkeiten verwehren konnte. Aber das Gerät entsprach eindeutig der Beschreibung, die mir Maten während der Autofahrt gegeben hatte. Es half nichts, ich musste das jetzt durchziehen! 

Ein wenig fragte ich mich, warum dieser Ort nicht etwas besser abgesichert war, bis mir wieder einfiel, dass kein Mensch auf die Idee kommen würde, diese Maschine hier anzugreifen. Und Vampire hatten ja sowieso keinen Zutritt! Ich nahm also all meinen Mut zusammen und raste auf die Scheibe zu, die ich damit augenblicklich zum bersten brachte. Es klirrte schrecklich und ich musste ein zweites Mal dagegen springen, bis sich die einst so prachtvoll wirkende Scheibe in tausende Scherben verwandelte, die wild auseinander stoben. 

So schnell ich konnte, krabbelte ich vor und brachte das kleine Gerät, das Maten mir gegeben hatte, an der Maschine an und drückte auf den Knopf. Es dauerte keine zwei Sekunden und ich spürte einen festen Griff um meinen Oberkörper, der mir die Luft aus den Lungen presste.

Scherben für die Ewigkeit - Kurzgeschichte über einen VampirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt