"Wir sind hier aus einem Grund hergekommen, lass es uns wenigstens versuchen", doch Vera hatte genug davon und versuchte, Lia aus dem Griff des Weisen zu befreien.
"Wir bitten um das Betreten der heiligen Quelle der Entschleierung." Rief die Prinzessin über Veras Schulter hinweg, ungestört davon, dass diese sie anzischte.
Die Augen des Mannes verloren ihre Trübe und seine Pupillen färbten sich zurück zu einem dunklen Kohlegrau. Er ließ los. Die beiden Frauen traten hastig einen Schritt zurück.
"Eisprinzessin", verneigte er sich mit vor der Brust verschränkten Armen die Hände auf die Schultern gelegt. Vera musste unterdrücken, die Augen zu verdrehen, diese Schlossbewohner und ihre Armhaltungen. All die Formalitäten, wie ein Handschlag auszuführen, wie eine Verbeugung umzusetzen war, gingen ihr seit dem ersten Tag auf die Nerven. Wenn sie sich nie wieder vor jemandem beugen musste, war dieser Tag noch zu weit weg.
Die Prinzessin trat um den Arm der Dienerin herum und richtete sich zu voller Größe vor dem Weisen auf.
"Ich bin Prinzessin Lia der Eislande und erbitte Einlass für mich und meine Zofe. Sie soll die Quelle der Entschleierung betreten."
Der Weise legte den Kopf schief, betrachtete sie beide von oben bis unten und schloss die Augen, was Veras Eindruck, dass er verrückt geworden war nur noch bestätigte. Dieser Besuch war eine gute Idee gewesen, aber weder das Risiko wert noch schien er sich auszuzahlen. Sie hatten einen gezeichneten Irren gefunden, keine Antworten.
„Das Wasser kann euch nichts geben, was ihr nicht bereits habt. Aber es kann einen Anstoß geben, das freizulegen, was noch verborgen liegt." Die Stimme des Mannes klang wie ein Singsang und wurde in der Höhle von den Wänden zurückgeworfen. Vera schauerte es. Lia neben ihr blieb beharrlich.
"Das verstehen wir, dennoch bitten wir um das Betreten der Quelle."
"Es gibt keine Möglichkeit zu beeinflussen, was ihr erfahrt. Es muss nicht sein, was ihr sucht."
"Wir bitten darum, die Quelle zu betreten."
"Was ihr findet, muss euch auch nicht gefallen."
"Wir bitten um Einlass in die Quelle."
Der Weise nickte andächtig.
"Viermal wurdet ihr belehrt, vier mal habt ihr gebeten. So sei es. Eine von euch darf nun die Quelle betreten. Folgt mir, Prinzessin."
Als wäre es eine völlig gewöhnliche Situation und Aufforderung tat Lia, wie ihr geheißen.Vera blickte sie ungläubig an, verharrte einen Moment länger, schloss dann jedoch zögernd und mit Skepsis im Sinn auf.
"Ein irrer Alter führt uns zu einem unterirdischen Tümpel, bist du sicher, dass das die Antwort auf unsere Fragen ist?", raunte sie Lia ins Ohr. Die Prinzessin erstickte fast an ihrem unterdrückten Kichern, schritt jedoch unbeirrt edel weiter. Vera konnte nur erahnen, wie sehr sie jeder Schritt eigentlich anstrengen musste, beim Zustand ihres Körpers. Auf der Treppe hatte Lia zwischenzeitlich schwer geatmet, es jedoch zu vertuschen versucht. Vera machte sich eine gedankliche Notiz, der Prinzessin anschließend Bettruhe zu verordnen. Solche Aktionen konnte sie sich nicht leisten.
Der Mann führte sie zwischen leuchtenden Stalagmiten und mit Eis überzogenen Stalaktiten vorbei an den Rand eines unnatürlich wirkenden, mit Dampf überzogenen Wassers. Türkis-bläulich waberte die Oberfläche obwohl in der unterirdischen Grotten kein Wind herrschte. Ein Licht schien von ihr auszugehen und strahlte Lias Gesicht von unten an.
Ehrfürchtig hielt Vera den Atem an. Ob der Mann verrückt war oder nicht, magisch oder nicht, dieses Wasser vor ihnen war es auf jeden Fall. Schlitternd säuselte die Magie über ihre Haut, Begrüßte und Bewertete. Auch Lia atmete flacher, sah Vera an. Schlichen sich dort Zweifel in ihre Augen, war es Angst oder doch Überzeugung. Vera konnte sie nicht deuten.
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Die Eisdienerin - Band 1
FantasyBAND I - Die Eisdienerin ✧✧✧ „Eis wird ihr Schicksal sein. Sie hat die Möglichkeit diese Welt zu verändern" ~ „Nichts wird sie verändern." Veralia Ristossorio wächst in einem kleinen Dorf im hinterletzten Winkel des Eiskönigreiches Musashia auf. A...