Die Prüfungen lagen endlich hinter uns, und der Ball rückte unaufhaltsam näher. Unsere Stimmung spiegelte das wider: eine Mischung aus Vorfreude und Nervosität. Auch wenn die vermasselte Magieprüfung noch immer wie ein Stein in meinem Magen lag und ich keine Ahnung hatte, wie ich das Thema angehen sollte, freute ich mich insgeheim auf den Ball. Es war das erste Mal, dass ich zu einem solchen Ereignis eingeladen wurde. Zugegeben, Tanzen und Etikette auf einem himmlischen Ball waren mir völlig fremd, doch die Begeisterung meiner Freunde war so ansteckend, dass ich mich allmählich mitreißen ließ.
Aurora plante schon seit Tagen, welche Frisur sie mir verpassen würde, welches Make-up zu mir passte, und schwärmte vor Cassiel immer wieder davon, wie toll ich in meinem Kleid aussah. All das sorgte immer wieder dafür, dass mir die Hitze in die Wangen schoss. Lucian hatte sich seit unserem letzten Gespräch im Krankenzimmer nicht mehr blicken lassen, und obwohl ich ihn eigentlich nicht ausstehen konnte, nagte eine seltsame Unruhe an mir. Was hielt ihn davon ab, sich zu melden? War es ihm zu schwierig geworden, mit mir umzugehen? Zu kompliziert? Diese Gedanken schlichen sich immer wieder in meinen Kopf, wie Schatten, die in der Dämmerung lauern.
Irgendwo in mir wusste ich, dass es nicht das erste Mal war, dass Menschen sich von mir abwandten. Es war ein Muster, das ich seit meiner Kindheit kannte. Dieses Gefühl der Ablehnung war zu einer vertrauten Melodie in meinem Leben geworden. Vielleicht war es einfacher für sie, wenn sie mich einfach ignorierten, anstatt sich mit dem auseinanderzusetzen, wie ich war. Eine Waisin. Diese bittere Erkenntnis hatte sich tief in mein Herz gegraben, und es fiel mir erstaunlich leicht, sie zu akzeptieren.
Trotzdem stieg in mir eine leise Hoffnung auf, dass Lucian anders sein könnte. Vielleicht war er nicht wie die anderen, vielleicht würde er bleiben. Aber je länger er sich nicht blicken ließ, desto mehr wuchs die Angst in mir, dass ich mich erneut irren könnte.
Der Tag des Balls war endlich gekommen, und Aurora und ich machten uns langsam bereit. Ich zog das goldene Kleid an, dessen schimmernder Stoff sich sanft um meinen Körper legte und mich in ein neues Licht tauchte. Es fühlte sich fast magisch an, als ich mich im Spiegel betrachtete und die sanften Falten des Kleides bewunderte.
Aurora, mit ihrer unfehlbaren Gabe für Frisur und Makeup, übernahm meine Haare. Sie frisierte sie in lockeren Wellen, die über meine Schultern fielen, und sprach dabei voller Aufregung von all den Dingen, die uns an diesem Abend erwarten würden. Ihr Lachen war ansteckend, und ich spürte, wie sich meine Nervosität langsam in Vorfreude verwandelte.
Sie schminkte mich dezent, mit goldenem Lidschatten, der sanft meine Augen zum Leuchten brachte. Ein Hauch von Wimperntusche betonte meine Wimpern, und ein zarter Glanz auf meinen Lippen rundete den Look ab. Aurora trat einen Schritt zurück und betrachtete ihr Werk mit einem zufriedenen Lächeln.
„Du siehst einfach umwerfend aus", sagte sie, während sie mir liebevoll eine Strähne aus dem Gesicht strich.
"Du auch", erwiderte ich ehrlich.
Sie trug das wunderschöne hellgrüne Kleid, das wie ein sanfter Hauch der Natur wirkte. Ihre blonden, kurzen Haare waren in sanften Wellen gestylt, sodass sie ihr Gesicht perfekt umrahmten. Besonders auffällig waren ihre grünen Augen, die durch den Farbton des Kleides noch mehr leuchteten. Ein zauberhaftes Lächeln legte sich auf ihre Lippen, das nicht nur ihre Freude, sondern auch ihre Aufregung widerspiegelte.
"Danke, Bee!", sagte sie, während sie meine Hände ergriff und mir einen funkelnden Blick zuwarf. "Die Jungs müssten gleich da sein. Ich bin so aufgeregt!" Ihre Stimme zitterte leicht vor Vorfreude, und sie zog mich zum Spiegel, um noch ein letztes Mal unser Outfit zu überprüfen. Wir standen nebeneinander und betrachteten unser Spiegelbild.
Meine Wangen wurden warm. Ich war es nicht gewohnt, solche teuren und schönen Kleider zu tragen. Das Gefühl war mir neu und ich genoss jede Sekunde davon, mich auch mal als schön zu empfinden.
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Nachtengel - Himmel
FantasyTeil Eins der Nachtengel-Reihe: Engel, Dämonen, Dämomenjäger? Himmel und Hölle? An all das glaubt Phoebe nicht. Sie interessiert sich bloß dafür, wie sie genug Geld sparen kann, um Porthaven endlich hinter sich zu lassen. Doch das alles ändert sich...