H E L I O
Mein Puls raste, schoss höher und höher, bis ihre Lippen endlich auf meinen lagen. Weich, warm und samtig. Sehnsüchtig zog ich sie an mich, wanderte mit der Hand ihren Rücken hinauf, um sie zu halten, damit sie sich fallen lassen konnte.
Nahezu gleichzeitig schossen unsere Zungen hervor, streiften einander. Das leise Keuchen, das aus ihrer Kehle drang, war wie ein Kompliment. Eine Einladung weiterzumachen und zu erfahren, wie es sich anfühlte, ihr alles von mir zu geben. Eins mit ihr zu werden.
Meine Finger landeten auf ihrer Wange und wanderten zu ihrem Kinn, als ich sie durch den Kuss führte, wie ein Reiseführer auf dem Pfad zu Garten Eden. Ich wollte ihr eine Welt zeigen, von der sie bisher nur gehört hatte, und genoss den honigsüßen Vorgeschmack, den ihr Mund offenbarte. Ihr Kuss schmeckte nicht nur nach Liebe, sondern auch ein klein wenig nach Triumph. Die Nacht neben Daphne gehörte mir. Und genau in diesem Moment wurde es mir ganz und gar bewusst.
Mein erleichtertes Aufatmen mischte sich mit dem Geräusch unseres Kusses. Gott, ich hatte sie vermisst. Ihren Geschmack vermisst. Unser letzter Kuss war schon viel zu lange her.
Bevor ich besitzergreifend wurde und mich an den Gedanken verlor, dass der Tag kommen könnte, an dem ich sie möglicherweise verlor, gab ich sie frei.Unser Kuss nahm ein sanftes Ende, ehe ich meine Hände von ihr löste und voller Stolz in ihr Gesicht sah. Daphne war mein Schützling. Sie war so schön, von innen wie von außen, dass ich es kaum fassen konnte, wie gnädig die Schöpfung mit mir war. Meine Seele war hier, bei ihr, inkarniert in diesen Körper. Ich hatte ein so unfassbares Glück wie kaum ein anderer.
Faszination überkam mich. In ihre unverwechselbaren, waldgrünen Augen zu blicken, wurde mit jedem Mal realer, greifbarer, echter. Besonders in Momenten wie diesen, wenn mir bewusst wurde, dass das kein Traum oder lediglich Einbildung war. Es war das wahre Leben.
Ein paar Sekunden später unterbrach sie den Augenkontakt, schmunzelte und wischte mit dem Daumen über meine Unterlippe.
»Mein Lippenstift steht dir gut.«»Du hattest Lippenstift drauf?« Ich wischte mit der Rückhand über meinen Mund und untersuchte im Spiegel neben uns mein Gesicht. Tatsächlich. Lippenstift klebte an meinem Mundwinkel. Die Farbe war so natürlich rosa, dass mir nicht mal aufgefallen war, dass sie welchen trug.
Ich wollte die hartnäckige Schminke mit Wasser und Seife wegwaschen, da dachte ich an Devil. Besser ich ließ die Reste des Lippenstifts dran, dann war das Ende unseres Wettkampfs hiermit sichtbar besiegelt.
Daphne öffnete die Badezimmertür und trat in den Flur hinaus. Ihr Gesicht zierte ein verlegenes und gleichsam verschmitztes Grinsen. »Gehen wir zurück?«
Ich nickte. »Ja«, drückte ihr noch einen kurzen Kuss auf und deutete ihr mit der Hand an vorauszugehen.Zurück im Garten machte sich Daphne auf die Suche nach ihrer Schwester, während ich das Zelt nach Devil absuchte. Ich wollte ihm verkünden, dass das Spiel entschieden war, da fand ich ihn an der Bar wieder. Jemand vom Personal füllte sein Glas mit Whiskey auf und entschied sich im nächsten Moment, Devil gleich die ganze Flasche zu überlassen.
»Es ist vorbei«, verkündete ich, als ich mich neben ihn gesellte und Wasser bestellte.
»Was du nicht sagst.«
Er wirkte niedergeschlagen und schien es längst geahnt zu haben. Mitgefühl stieg in mir auf. War es falsch gewesen, so viel Einsatz zu zeigen?Ich hatte verdient gewonnen, aber damit hatte ich mich in den Vordergrund gespielt und eine Annäherung zwischen ihr und Devil fürs Erste verhindert. Bewusst, denn ich wollte sie ihm nicht kampflos überlassen. Trotzdem fühlte es sich plötzlich mies an, ihn so zu sehen.
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Celesdeal - Ein himmlischer Pakt (Band 1)
RomanceDie zwanzigjährige Daphne möchte nichts weiter als in Ruhe Kunst zu studieren. Als sie kurz vor Studienbeginn verzweifelt nach einer Bleibe sucht, treten plötzlich zwei Kerle in ihr Leben. Devil behauptet tatsächlich der Teufel zu sein. Und Helio wi...