Es ist Frühling in Japan und beinahe ist es ein Jahr her, seitdem sich Leach seinen Crush auf Hiro eingestanden hatte. Monatelang hatte er geglaubt, seine Gefühle für ihn wären unerwidert, bis die beiden einen kleinen Roadtrip starten. Ein Roadtrip...
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𝑯𝑰𝑹𝑶
𝐌it aufeinandergepressten Lippen und gerunzelter Stirn, versuchte ich meinen Jeep in die, mit jedem weiteren Versuch, gefühlt immer kleiner werdende Parklücke des Tsuruma Parks hinein zu rangieren. Und man konnte es mir höchstwahrscheinlich an den Gesichtszügen ablesen, dass meine Nerven mittlerweile komplett blank lagen und ich wortwörtlich kurz vor der Verzweiflung stand. Bei meinem elften Anlauf vibrierte Leachs amüsiertes Lachen in meinen Ohren und trotz dessen, dass ich beinahe durchdrehte, konnte ich meiner Intuition nicht widerstehen und musste meinen Blick auf ihn richten.
Der Anblick seines Strahlens und der leichten Röte, die auf seinen Wangen schimmerte, brannte sich in mein Gedächtnis ein und Leichtigkeit erfüllte sogleich meinen Brustkorb. Tief atmete ich ein. Dann verhakte sich auf einmal sein Blick mit meinem und meine Welt hielt für eine bittersüße Ewigkeit an. Ein Funkeln huschte durch seine braunen Augen und seine Lippen formten irgendwelche Worte, die durch meinen tranceartigen Zustand jedoch nicht zu mir hindurchdrangen. Erst, als er seine Augenbrauen zusammenzog, brachte mich mein hektisches Blinzeln zurück. »Was?«
Er schmunzelte. »Ich habe gesagt, dass ich dir eine Kugel Eis spendiere, wenn du es in diesem Jahrhundert noch schaffst, einzuparken.« Sein Schmunzeln war nach seinem Satz zu einem kecken Grinsen geworden. Sofort donnerte mein Herzschlag kurz auf. Dann strich ich meine Haare aus der Stirn zurück und piekte mit meinem Zeigefinger in seine Seite, was ihm einen hohen Aufschrei entlockte. »Ich würde sagen, dass mindestens zwei Kugeln drin sind.« Herausfordernd zog ich eine Augenbraue in die Höhe. Leach tat es mir gleich und für einen Moment sahen wir einander geradewegs in die Augen. Mein Mundwinkel hüpfte leicht hoch, als ich mit Zeige- und Mittelfinger sein Kinn sanft nach oben neigte. Nach weiteren Sekunden, merkte ich, wie er schluckte und dann ergeben mit den Schultern zuckte. »Von mir aus.«
Daraufhin löste ich mich zufrieden und nicht mehr mit den Nerven am Ende von ihm, legte den ersten Gang ein, fuhr langsam an und quetschte mich minimal schief zwischen die zwei Autos. Hauptsache war ja, dass ich überhaupt zwischen den beiden Autos stand. Ich zog die Handbremse an und drehte den Schlüssel um.
Leach war der Erste, der aus dem Wagen sprang und, als er meinen Jeep umrundet hatte und auf mich zukam, konnte ich nicht anders, als ihn einmal von oben bis unten zu mustern. Er trug eine schwarze weite Stoffhose, in die er ein enges cremefarbenes Top gesteckt hatte, über welchem sich ein langärmliges Hemd mit dunkelblauen Akzenten an seine Schultern und Arme anschmiegte. Eine weiße Perlenkette lag um seinen Hals und ein heller Kristall funkelte mir ebenfalls an einer silbernen Kette entgegen. Seine roten Haare leuchteten beinahe schon, als die Sonne zwischen den Wolken hervorkam. »Können wir los?«, riss er mich aus meinem Starren und ein hübsches Lächeln umspielte seine Mundwinkel. »Klar«, entgegnete ich, nachdem ich mich kurz geräuspert hatte.
Gemeinsam schlenderten wir los, an verblühenden Sakuras, stillen Gewässern und rauschenden Springbrunnen vorbei. Hin und wieder knirschte Kies unter unseren Füßen, bis der Gehweg wieder zu Asphalt wechselte, und Leach machte sein vorheriges Versprechen wahr, sobald wir an der ersten Eisdiele vorbeikamen. Pistazie und Joghurt schmolzen nun im Becher leicht vor sich hin, da ich nur selten dazu kam, einen Löffel von meinem Eis zu nehmen. Wir waren viel zu sehr in einem Gespräch vertieft, oder damit beschäftigt, den anderen zu ärgern.
Als wir an einem kleinen Rosenpark vorbeikamen, zog mich Leach auf einmal am Handgelenk mit sich. Sein Blick fixierte mich für einen Bruchteil einer Sekunde über seine Schulter, bis wir unter einen, mit Rosen umschlungenen, Torbogen hindurchliefen und in eine Art Labyrinth aus Rosen in jeglichen Rot- und Rosatönen eintauchten. In der Mitte angelangt, steuerten wir auf den weißen Pavillon zu, in welchem sich eine ebenfalls weiße Bank befand. Mit einem synchronen Seufzen ließen wir uns auf diese fallen und ich sah mich kurz um. Um uns herum waren hohe Rosensträucher, die uns auf magische Weise vom Rest der Außenwelt trennte. Gerade schien es beinahe so, als würden nur Leach und ich existieren. Nur er und ich. Und irgendwie wünschte ich mir in diesem Moment, es könnte immer so sein. Hastig schüttelte ich den Gedanken ab und schob mir einen vollen Löffel Pistazie-Joghurt-Mix in den Mund. Und danach gleich noch einen.
Ich spürte, wie Leachs Blick auf mir brannte und wandte mich ihm zu. Er hatte sein linkes Bein angewinkelt und auf der Bank abgestellt, und seine Arme um dieses geschlungen, sodass er seinen Kopf auf dem Knie abstützen konnte. Er sah nachdenklich aus, während in seinen Augen ein sanfter Sturm aufwirbelte, als sich unsere Blicke trafen. »Was ist los?« Er schüttelte zur Antwort kaum merklich den Kopf. »Leach, was ist denn los?«, probierte ich es ein weiteres Mal und registrierte, wie er auf seiner Unterlippe kaute. Auf einmal war seine Aufmerksamkeit überall, bloß nicht auf mir. Ein leises Seufzen entkam ihm, bevor er plötzlich zu einer Antwort ansetzte. »Ich musste gerade nur daran denken, dass hier der perfekte Ort für einen kleinen Kuss wäre. Na ja und dann musste ich daran denken, dass wir es ja geheim halten wollen...«
In mir zog sich etwas zusammen und ich nahm schnell seine Hand in meine. »Das mit dem Geheimhalten gilt aber nicht für... hier«, wisperte ich. Ich sah, wie so etwas wie Hoffnung in ihm aufblitzte. »Nicht für hier?«, wiederholte er fragend. »Nicht für hier«, bestätigte ich und dann lagen seine Lippen auch schon auf meinen. Denn hier kannte uns niemand. Und hier musste ich meinen Bruder auch nicht enttäuschen und hintergehen. Als sich Leachs Hand sanft an meine Wange legte, spürte ich, wie sich die Härchen in meinem Nacken aufstellten. Es fühlte sich einfach zu gut an, sich in unseren weichen und gefühlvollen Kuss fallen zu lassen.
Als wir nach einigen Herzschlägen die Augen wieder öffneten und uns sachte voneinander lösten, waren Leachs Lippen leicht angeschwollen. Lächelnd strich ich mit meinem Daumen über sie, ein Prickeln tief in mir erwachte. Sein Blick war verspielt, als er mir mit einem Mal in den Finger biss und ein überraschter Ton entkam mir. Dann schnappte er sich plötzlich meinen Eisbecher und schaufelte sich drei Ladungen in den Mund. Entsetzt und noch immer fassungslos, dass er mich einfach so gebissen hatte, schaute ich ihn an. Der Rothaarige zuckte nur mit den Schultern und grinste. »Mach ahh-«, säuselte er, nachdem er einen weiteren Löffel in die Eis-Suppe getaucht hatte. Belustigt rollte ich mit den Augen, öffnete dann aber tatsächlich meinen Mund. »Feini«, sagte er dann und der einzige Grund, warum ich das gerade mit mir machen ließ, war, weil ich sowas von hilflos in ihn verliebt war.
»Leachy Peachy«, summte ich warnend, als er nach dem letzten Löffel tatsächlich seine Hand gehoben hatte, um mir durch die Haare zu wuscheln. Seine klebrige Eis-Suppen Hand, die ich gerade noch so abfangen konnte. »Ich glaube, wir sollten jetzt los.« Er kicherte, aber widersprach mir nicht. Somit schlängelten wir uns wieder durch die Rosensträucher nach draußen und sofort prasselte das Gewissen, dass wir nicht mehr alleine waren, auf mich ein.
Nachdem Leach seine Hände in einem Springbrunnen gewaschen und mir dadurch ein belustigtes Kopfschütteln entlockt hatte, beendeten wir unseren Spaziergang durch den Park. Unser nächster Stopp würde nach zweieinhalb Stunden ein Strand in Richtung Shimacho Goza sein. Und auch, wenn es jetzt noch etwas zu frisch war, um baden zu gehen, würde Leach dennoch nicht vor der Kälte haltmachen. Da war ich mir sicher.