Teil 2) Langschläferrunde

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Mélanie sah sich um  und war begeistert. Wenn dieses Zimmer das günstigste im Hotel war, wie  sahen dann die Suiten aus? Sie hatte zwar genug Erspartes, aber sie  würde morgen anfangen sich nach Wohnungen umzuschauen. Sie gönnte sich  diesen Luxus nur für ein paar Tage. So war aber zumindest die  Wahrscheinlichkeit groß, dass sie pünktlich zur Arbeit erschien.

Gedankenverloren  strich sie über den runden Glastisch, auf dem ein kleiner Strauß weißer  Blumen in einer Glasvase stand. Auf einem kleinen Kärtchen davor stand  ihr Name. 'Ms Mélanie Dubois'. Sie ging ins Badezimmer und sah sich mit  großen Augen um. Die Dusche war ein großer, durch eine Glasschiebetür  getrennter Raum, in dem auch eine Badewanne stand. So etwas hatte sie  noch nie gesehen.

Nonna war schon wieder auf dem Weg aus dem Zimmer raus. "Ich mach jetzt die nächste Runde im siebten Stock, kommen Sie mit?"

Mélanie  war überrascht, sie hatte geplant sich heute auszuruhen, ihr Praktikum  fing ja erst morgen an, aber sie wollte natürlich keinen schlechten  Eindruck machen. "Na klar!"

Im  Fahrstuhl erklärte Nonna ihr, dass die Grand Club Etage eine eigene  Lounge hatte, in der die Gäste der siebten Etage zum Beispiel frühstücken  konnten. Sie mussten also nicht mit den anderen Gästen im Erdgeschoss  essen.

Sie verließ den Fahrstuhl und Mélanie versuchte hinterherzukommen. "Die Gäste hier oben können außerdem den ganzen Tag über kostenlos in der Lounge trinken oder Obst essen. Es gibt auch einen persönlichen Consierge." Sie drehte sich zu Mélanie um. "Haben sie zufällig schon Seti getroffen?"

"Ja, draußen am Eingang!"

"Er ist auch oft als Consierge hier oben der Ansprechpartner für die Gäste." Sie hielt sich die Hand an den Mund, um den Effekt ihres Flüsterns noch zu verstärken: "Er ist einer von den Guten!"

Mélanie schmunzelte. "Was meinten Sie eben damit, dass Sie ihre nächste Runde machen?"

Nonna schaute auf ihre Uhr. "Es ist viertel nach elf. Ich nenne diese Runde die Langschläferrunde. Es gibt natürlich immer ein paar Kandidaten, die noch schlafen wenn wir um neun die erste Runde machen. Hier, bestes Beispiel."

Sie zeigte auf das Zimmer 719, an dem sie gerade vorbeigingen. "Jetzt hängt das grüne Schild, dann können wir rein. Der Herr Schindler schläft immer lang."

Mélanie war irritiert. "Immer?"

"Ach, er ist eigentlich jeden Monat phasenweise hier und bekommt dann auch immer dieses Zimmer. Sie werden das alles lernen, keine Sorge." Am Ende des Flurs bog sie um die Ecke und öffnete mit ihrer Schlüsselkarte eine Tür, hinter der mehrere Wagen mit Reinigungsutensilien, Handtüchern und vielen anderen Dingen standen. Nonna zog einen aus dem Raum und machte sich auf den Weg zurück zu Zimmer 719.

"Sie kümmern sich doch nicht alleine um diese Etage, oder?" Mélanie lief im Laufschritt hinter Nonna her. "Wo sind denn die anderen Mitarbeiter?"

Nonna blieb vor dem Zimmer stehen und sah lächelnd zu Mélanie. "Nun, je weniger die Gäste uns sehen, desto besser machen wir unseren Job." Zwinkernd zog sie ihre Schlüsselkarte aus der Tasche, klopfte der Form halber nochmal und öffnete die Tür. Mélanie folgte ihr in den Raum und verzog das Gesicht. "Oh Gott!"

Nonna öffnete lachend die Fenster. "Ich rieche den Rauch schon gar nicht mehr."

Mélanie sah ihr erstaunt dabei zu, wie sie mit wenigen Handgriffen, und in einem erstaunlichen Tempo, das Zimmer auf Vordermann brachte. Nonna gab ihr unentwegt Tipps, was sie, speziell im siebten Stock, beachten musste. "Denken Sie immer an die frischen Äpfel, das Mineralwasser und den Althaus-Tee. Ach, und prüfen Sie kurz, ob der Wasserkocher funktioniert!"

Während Mélanie verzweifelt versuchte, sich alles zu merken, was Nonna ihr erzählte, verging die Zeit wie im Flug und am Nachmittag verabschiedete sich Nonna in den Feierabend.

Mélanie ließ sich auf das Bett in ihrem Hotelzimmer fallen und schloss kurz die Augen. Ihr Kopf raste von den Eindrücken des Tages und sie nahm sich fest vor, noch spazieren zu gehen, um frische Luft schnappen zu können.

Sie rappelte sich auf, zog ihr Handy aus ihrer Tasche und wählte die Nummer ihres Vaters.

"Henry Breuer."

"Bonjour Papa!"

"Melli, Kleines, bist du gut angekommen?" Er klang froh, von ihr zu hören, aber Mélanie konnte trotzdem noch die Enttäuschung in seiner Stimme hören. Seine Enttäuschung darüber, dass sie nach Deutschland gegangen war, und ihn und ihr altes Leben hinter sich gelassen hatte. Und das alles um einem Traum nachzujagen, den er nicht verstand.

"Ja, ich bin gut angekommen. Das Hotel ist sehr schön, und ich habe auch schon nette Kollegen kennengelernt."

Mélanie telefonierte noch eine Weile mit ihrem Vater, das Gespräch blieb aber oberflächlich. Das schlechte Gewissen quälte sie, aber sie hatte ihre Gründe, und hoffte, ihr Vater würde sie eines Tages verstehen.

Mélanie wollte nach dem Telefonat nur kurz die Augen schließen und sich ausruhen. Sie merkte erst, dass sie eingeschlafen war, als es laut an der Tür klopfte.

Heartbreak Hotel (Shindy FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt