Kapitel 4

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"Süßes oder salziges Popcorn?", fragt Megan, nachdem sie mir meinen Kakao in die Hand gedrückt hat. "Süß", antworte ich, während Cheryl im gleichen Moment "Salzig" sagt. Sie kichert, ich nicht. Ich bin wirklich nicht in der Stimmung für so was. Richtig klar kommen mit der Situation tu ich definitiv noch nicht. Es ist einfach alles so überwältigend, aber ich versuche nicht weiter darüber nachzudenken, denn sonst bekomme ich nur noch mehr Kopfschmerzen.

Kurz nachdem Cheryl sich verwandelt hatte, hat es angefangen zu regnen und wir sind klitschnass geworden. Deshalb sitzen wir jetzt auch im Keller des Packhouse, in einem Raum mit einer Leinwand und mehreren Couchen und Sitzkissen. Cheryl hat uns Decken aus ihrem Zimmer gebracht, als sie sich neue Klamotten anzog, weil die Alten schließlich bei der Verwandlung zerrissen waren. Ich drücke mich tiefer ins dunkelgrüne Polster und wickele mich in die weiche Decke ein. Dann nehme ich einen zögerlichen Schluck von meinem Kakao. Mist, das Ding ist so heiß, ich hab mir die Zunge verbrannt. Toll gemacht, Caroline.

Megan stöhnt auf, ich sehe fragend zu ihr auf. "Kommt schon, Leute, einigt euch auf eine Sorte." Cheryl zieht eine Augenbraue hoch. "Entscheide du doch", sagt sie gleichgültig. Megan zuckt mit den Achseln und geht auf die Tür zu. "Okay, süß", ruft sie über ihre Schulter, dann hören wir sie eine Treppe hochlaufen. Cheryl fängt an, mich mit irgendetwas zu zutexten, aber ich höre ihr nicht wirklich zu, sondern nicke nur abwesend. Ich glaube, ich bin noch immer in einer Art Schockzustand. Wenig später kommt Megan dann auch wieder mit einer großen durchsichtigen Schale mit Popcorn rein, und die Beiden beginnen, einen Film auszusuchen, aber mir ist es eigentlich egal, welchen wir schauen, ich will nur noch nach Hause und mich in mein Bett kuscheln.

Nach einer gefühlten Ewigkeit legt Cheryl dann endlich Harry Potter and the Goblet of Fire ein und setzt sich zu uns. Gierig greifen die Beiden ins Popcorn, aber mir ist eher schlecht. "Also der vierte Harry-Potter-Teil ist auf jeden Fall mein Lieblingsteil aus der Reihe, auch wenn Harrys Frisur echt schlimm aussieht", kichert Cheryl und Megan nickt aufgeregt. Der Film fängt an, aber ich passe nicht wirklich auf, ich bin zu sehr in Gedanken versunken. Es ist einfach alles so verrückt. "Alles in Ordnung, Care? Du bist ein bisschen weiß um die Nase." Megans Stimme reißt mich aus meinen Gedanken und ich zucke zusammen. Ich nicke mit ausdrucksloser Miene und krächze: "Bin nur müde und ich muss das alles noch verarbeiten." Sie presst die Lippen aufeinander und wirft mir einen verständnisvollen Blick zu.

Ich sehe zur Leinwand und mir fällt auf, dass sie schon bei der Szene angekommen sind, in der Harry gegen den Drachen kämpfen muss. Ich versuche mich auf den Film zu konzentrieren, gebe es aber wenig später auf und lege den Kopf auf die Knie. Ich fahre mir mit meiner linken Hand durch meine nassen Haare und seufze auf. Warum muss dieser Werwolfmist mir passieren? Warum nicht irgendjemand anderem?

Ich bin halb eingeschlafen, als ich auf einmal Stimmengewirr von vor der Tür wahrnehme. Ich blinzele ein paar mal und blicke dorthin. Plötzlich springt sie auf und ein super aufgeweckter Jeremy kommt herein gehüpft. "Da sind sie ja!", ruft er und lässt sich neben Cheryl auf die Couch fallen. Er legt einen Arm um ihre Schultern und grinst mich frech an. Direkt danach kommen auch noch Rick, Jared und Trent rein geschlendert. Ich versuche ihn nicht anzusehen, aber Trent sucht sofort meinen Blick und ich kann nicht von seinen dunklen Augen wegsehen. Er sieht müde aus und auch ein wenig traurig. Erst jetzt mustere ich sein Gesicht und seinen Körper genauer.

Er hat hohe Wangenknochen und auch eine relativ hohe Stirn. Sein Gesicht ist ovalförmig und sein Körper ist von oben bis unten bepackt mit Muskeln. Und er ist groß. Und wenn ich groß sage, dann meine ich richtig groß. Mindestens 1,92 Meter. Er sieht mich aus seinen dunkelbraunen Augen an, als könnte er in mein tiefstes Inneres schauen. Vielleicht kann er das ja auch. Mit diesem ganzen Werwolf- und Seelenverwandtenkram. Oder er ist einfach nur creepy af. Ich runzele meine Stirn und sehe peinlich berührt auf meine Knie. Ich beginne, mit meinen Fingern an der Naht meiner Jeans herum zu zupfen. Unsicher beiße ich mir auf die Unterlippe. Wie soll ich mich jetzt bloß ihm gegenüber verhalten?

The Alpha's MateWo Geschichten leben. Entdecke jetzt