Kapitel 15

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Trent ist angespannt. Jeder einzelne Muskel ist verkrampft unter meinen Fingern, die auf seine nackte Brust und seinen Oberarm gepresst sind. Meine Augen sind geschlossen und trotz des Rauschens in meinen Ohren höre ich ihn schwer ein und ausatmen. Ich nehme nichts wahr, abgesehen von seiner Körperwärme und seinen Händen, seinen Fingerspitzen um genau zu sein, die mich an ihn drücken. Sein Herz schlägt ungleichmäßig in seinem Brustkorb, was mich nicht gerade beruhigt.

Er steht vor mir wie ein Schutzschild. Aber wovor will er mich beschützen? Vor den sich verwandelnden Werwölfen, du Dummerchen. Würde er nicht vor mir stehen, hätte ich wahrscheinlich keine Angst, denn seine Nervosität greift auf mich über, als wären wir auf irgendeine Art verbunden. Ach ja, sind wir ja auch. Wow, ich stehe heute echt auf dem Schlauch.

Ich kann nichts sehen, mein Gesicht in seinen nackten Brustkorb gedrückt. Ich versuche alles auszublenden und meinen rasenden Herzschlag und meine instabile Atmung zu beruhigen. Hinter ihm höre ich nun lautes Knurren, und zwar nicht nur das, das Trent so oft von sich gibt, nein, dieses hört sich wütend an, aggressiv, tief aus der gefährlichen Kehle der Krieger, tobend, wild. Ich zucke zusammen, es ist laut. Ich glaube Trent sagt irgendetwas, aber ich verstehe ihn nicht, lege meinen Kopf in den Nacken und sehen seinen Lippen fasziniert beim für mich lautlosen Bewegen zu.

Seine Augen weiten sich fast schon witzig, wie in einem Comic, und ein panischer Ausdruck legt sich auf sein maskulines Gesicht. Ich habe das Gefühl, meine Körperteile sind nicht mehr mit meinem Hirn, welches Hirn?, verbunden. Dringend sollte ich etwas tun, am besten das, was Trent mir klar zu machen versucht, aber ich fühle mich taub.

Alles passiert zu schnell für meine menschlichen Sinne und ich registriere nur noch das laute durcheinandergeworfene Geheule. Es hört sich an, als würde etwas zerreißen, das dumpfe Aufprallen von Pfoten, oder wohl eher Klauen, auf der einst so schönen, aber mittlerweile zertretenen Wiese. Etwas schweres, ein Wolf?, geht zu Boden.

Alles geschieht in Zeitlupe, Trent der mich jetzt hektisch auf die Baumreihe hinter mir zu schubst, sodass ich mit einem schmerzhaften Zischen über eine Wurzel stolpere und mit dem Gesicht zu erst in einem Busch lande. Tollpatsch. Ich versuche mich so schnell wie möglich wieder aufzurappeln, um meine freie Sicht auf das Schlachtfeld zu nutzen, aber da habe ich die Rechnung wohl ohne die Dornen gemacht, die sich fest wie ein Anker im Meeresboden in meiner Kleidung verhakt haben.

Bei jeder einzigen Bewegung streifen die Spitzen meine Haut und ich bin mir sicher, dass ich später überall blutige Kratzer haben werde. Ein schauriger menschlicher Schrei reißt mich aus meiner Trance und ich hebe ohne weiter darüber nachzudenken meinen Arm, ignoriere die Spitzen und drehe meinen Kopf zur Seite.

Die wohl bisher schrecklichste Szene meines Lebens spielt sich vor meinen Augen ab, tausendmal schlimmer als Tobys Rausschmiss. Mein Herz setzt für einen Schlag aus, mein Mund wird staubtrocken und ich glaube ich kann nicht atmen, mich nicht rühren, je wieder einen Ton von mir geben.

Trent steht in menschlicher Form vor einem fuchsfarbenen Wolf, der bösartig seine Zähne in seine Richtung fletscht. Er steht auf seinen Fußballen, seine Arme gebeugt von seinem Oberkörper gestreckt, jeder einzelne Muskel angespannt. Sein Blick ist finster, wütend, aber am aller meisten dominant. Er sieht nicht im Geringsten verängstigt aus, eher als würde er gespannt auf den Angriff des riesigen Ungeheuers warten.

Warum zur Hölle verwandelt der Idiot sich nicht auch in einen verdammten Wolf und zeigt dem, wo der Hammer hängt? Ist der irgendwie dumm oder doch eher lebensmüde? Ich will das nicht mit ansehen, aber eigentlich habe ich keine andere Wahl, mein Körper hat noch immer nicht die Verbindung zu meinem Verstand wiedergefunden.

The Alpha's MateWo Geschichten leben. Entdecke jetzt