Kapitel 24

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Sterben ist unumgänglich.

Irgendwann, werden wir alle sterben. Wenn wir Glück haben, geht unser Leben vorüber, wenn wir alt sind und die besten und schlimmsten Erfahrungen gemacht haben, wir den Tod mit offenen Armen begrüßen.

Aber nicht alle von uns können von so einem Glück reden.

Denn manchmal kommt der Tod unerwartet und unerwünscht und so überraschend, dass es sich anfühlt wie ein Schlag ins Gesicht. Wir sind Menschen. Wir sind zum Sterben gemacht.

Und dennoch bin ich naiv genug, um zu glauben, dass meine Liebsten vom Tod verschont bleiben, bis ich selbst sterben werde. Es ist ein dummer Gedanke, denn die Wahrscheinlichkeit, dass alle Menschen in meinem Freundes- und Bekanntenkreis mich überleben werden, ist unheimlich gering, wenn man bedenkt, dass ich ein völlig gesunder Teenager bin. Bis auf meinen Schlafmangel vielleicht.

Ich bin der Ansicht, dass die Tatsache, dass wir dazu in der Lage sind, nicht ständig an den Tod und das Sterben der Leute um uns zu denken, ein Geschenk des Himmels ist. Was wäre das für ein Leben, wenn wir uns fortwährend darum sorgen müssten?

Aber selbst wenn auch nur einer von uns gelegentlich an den Tod gedacht hätte, dann wären wir kein bisschen mehr darauf vorbereitet gewesen. Und letztendlich ist das das Furchterregendste am Sterben. Denn eine Vorwarnung ist meist nicht mit inbegriffen.

•••

Es ist Mittwoch, und ich sitze zu Tode gelangweilt in meinem Calculuskurs, als Megan auf einmal mit ihren langen, dünnen Fingern nach meinem Arm greift. Ich schrecke auf aus meinem verträumten Zustand und werfe ihr einen fragenden Blick zu.

Aber sie sieht mich nicht an, ihr Blick ist starr auf ihren Tisch gerichtet. Sie beginnt zu keuchen und schnappt nach Luft, als würde sie nicht atmen können. Können Werwölfe Asthmaanfälle bekommen?

"Megan?", frage ich besorgt. "Alles in Ordnung?"

Sie antwortet mir nicht. Ich lehne mich leicht zu ihr rüber und schüttele sie vorsichtig an der Schulter.

Keine Reaktion.

"Megan?", frage ich erneut und etwas lauter, irrationaler Weise hoffend, dass sie mich einfach überhört hat. Als ich von ihr immer noch kein Zeichen der Fähigkeit zur Kommunikation mit ihrer Umwelt bekomme, drehe ich mich verwirrt und besorgt zu Jared, der in der Reihe hinter uns sitzt.

Zu meinem Entsetzen scheint er in einem ähnlichen Zustand wie Megan zu verweilen. Er ist leichenblass und zittert. Alle paar Sekunden gibt er eine Art schmerzliches Grunzen von sich und als ich seinen Namen flüstere, ignoriert er mich genauso wie Megan.

Ich bekomme es mit der Angst zu tun. Was geht hier vor sich?

Panisch wirbele ich herum und sehe zu Sierra. Tränen kullern über ihre Wangen. Ich rüttele leicht an ihrem Arm und glücklicherweise nimmt sie mich war.

Wie ihn Zeitlupe dreht sich ihr ganzer Körper in meine Richtung und ich setze an, sie zu bitten, mir zu erklären, was hier gerade passiert, aber mir stockt der Atem, als ich in ihre Augen blicke.

Sie sind so dunkel, und so leer, überfüllt mit Tränen, die ununterbrochen über ihr Gesicht laufen. Mein Herz hört gefühlt für zehn Sekunden auf zu schlagen, als die Leere in ihren Augen zu mir herüber strömt und sich in meiner Brust fest setzt. Als hätte mir jemand in den Magen geschlagen, ich fühle mich wie gelähmt.

Megans Griff um mein Handgelenk verstärkt sich, und sie fängt an mir ernsthaft wehzutun, weshalb ich erneut aufschrecke und versuche, ihre verkrampften Finger von mir zu lösen. Ich könnte schwören, dass ich ein leises Knacken höre, als sie ein letztes Mal fest zudrückt und mich dann endlich loslässt.

The Alpha's MateWo Geschichten leben. Entdecke jetzt