Kapitel 6

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Valyr fürchtete sich vor seiner nächsten Begegnung mit Adrian. Zumindest ein Teil von ihm tat das. Der andere Teil... Valyr schüttelte unwirsch den Kopf. Er würde nicht wieder in Tagträume über diesen Vampir verfallen! Irgendwie hatte Valyr das Gefühl, er würde sich in dieser Situation nicht so unwohl fühlen, wenn er schon einmal Erfahrung mit dem anderen Geschlecht gemacht hätte. Doch mit dem Ruf den er bei seinem Rudel hatte, hatte ihn keine der Wölfinnen auch nur anders als spöttisch angesehen. Er seufzte und schalt sich innerlich. Was hätte das auch gebracht. Adrian war ein Mann, noch dazu ein Vampir, und Valyrs Gefühle kamen ja sowieso nur von irgendwelchen Vampirtricksereien die Adrian vollzog. Dennoch konnte Valyr nicht aufhören an Adrian zu denken. Vom Erwachen über sein Training bis hin zum Schlaf, Adrian verfolgte ihn.

Als dann plötzlich die Türe geöffnet wurde, erwartete Valyr fast Adrian darin stehen zu sehen, doch stattdessen blickten ihm zwei missmutige Vampire entgegen, die ihn naserümpfend an den Oberarmen packten und mit sich zogen. Valyr folgte ihren schnellen Schritten so gut er konnte, doch er hatte die unbegründete Ahnung, dass die Beiden vielleicht etwas ‚Vamp-Speed' mit einbrachten, denn seine Füße kamen kaum hinterher. Ihre Griffe um seine Oberarme waren fest genug, um ihm die Blutzufuhr abzuschneiden. Sie durchquerten einen großen Raum, eine Art Halle, und als sie endlich an ihrem Ziel angelangt waren - einer breiten Tür mit Ornamenten am Rahmen - spürte er seine Hände schon nicht mehr. Einer der Griffe löste sich, und ein unangenehmes Prickeln begann in Valyrs rechtem Arm. Der Vampir der ihn losgelassen hatte, klopfte an der Tür und nach einem kurzen „Bringt ihn rein", drehte er den Türknauf und Valyr wurde unsanft durch den Rahmen bugsiert. Er fand sich in einem edel eingerichteten Zimmer wieder. Am Fenster stand Adrian, und blickte nachdenklich hinaus in die Nacht.

„Ihr könnt ihn loslassen", befahl er.

Als Valyrs Arme endlich wieder frei waren, unterdrückte er den Drang durch Reiben die Blutzirkulation wieder anzutreiben. Er durfte vor diesen Blutsaugern keine Schwäche zeigen.

Adrian drehte sich zu den beiden Vampiren.

„Lasst uns alleine. Bewacht den Eingang zur großen Halle. Lasst niemanden herein, bis ich mich bei euch gemeldet habe. Habt ihr das verstanden? Das Ergebnis dieses Verhörs ist von ungemeiner Wichtigkeit für den Stamm."

„Jawohl, Sire."

Die beiden verbeugten sich und verschwanden zurück durch die Tür, die hinter ihnen ins Schloss fiel.

„Setz dich", befahl Adrian.

Mit einem Stirnrunzeln tat Valyr wie geheißen und ließ sich in einen der weichen Sessel fallen, die ihn beinahe zu verschlingen drohten. Adrian setzte sich ihm gegenüber in einen der Sessel, nur schaffte er es dabei, auch noch anmutig und elegant auszusehen.

Abwartend blickte Valyr den Vampir an.

„Wie war der Name deiner Mutter?"

Valyr knurrte. Fing das schon wieder an...

„Sowl", antwortete er dennoch.

„Wie starb sie?"

Valyr blickte zur Seite. Er wollte nicht an diese Nacht erinnert werden, doch die Bilder kamen genauso ungefragt wie lebendig zu ihm zurück.

„Sie... sie starb als ich 7 war. Ein Angriff auf unser Lager. Der Vampir..." Er stockte. Das Bild, wie der weißhaarige Mann seiner Mutter das Herz aus der Brust riss, hatte sich für immer in seinem Kopf eingenistet. Der wiederauflebende Schmerz fühlte sich an, als würde seine Brust vor Kummer und Zorn zerspringen. Adrian saß einfach nur da, und beobachtete ihn stumm aus diesen silberfarbenen Augen.

Against His Nature [manXman] #CWCWo Geschichten leben. Entdecke jetzt