#40 - Ich schreibe Briefe und führe Gespräche in einer Bibliothek

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Es ist offiziell. Meine Familie bestand aus einem haufen von Verrückten. Sie waren alle duchgeknallt. Wirklich, dieses Treffen war überhaupt nicht schön verlaufen, so lange Grandma anwesend war oder Dad und Mom miteinander reden mussten.

Was allerdings auch ziemlich gruselig war, war diese einfache Tatsache, dass Tess, Emily, Louis und ich alle im selben Jahr geboren wurden, als ob unsere Eltern sich da irgendwie abgesprochen hatten. Wirklich gruselig.

"Rose?" Ich sah auf. Vor mir stand Ben, der sich nun langsam an der weißen Wand des Korridors runter sinken ließ. "Ben, was gibts?"

"Was ist los?"

Ich runzelte die Stirn und biss mir auf die Unterlippe, als ich das kleine Buch, was zwsichen uns lag, unauffällig hinter meinen Recken schob, der an der kalkweißen Wand lehnte. "Warum fragst du das?"
"Ist das dein Ernst? Du sitzt alleine in diesem vollkommen leeren Korridor, während alle deine Freunde in der Mensa sind. Ist dir das aufgefallen?"

"Ben, ist dir aufgellen, dass sie neben dir, alle mit irgendjemandem zusammen sind?

"Und?" Ich seufzte. "Ich brauche einfach Zeit für mich", entgegnete ich, nachdem ich merkte, dass die 'Die-sind-alle-zusammen' Ausrede nicht zog.

"Du weißt schon, dass du in letzter Zeit ziemlich viel Zeit alleine verbringst."

"Stimmt gar nicht", protestierte ich. Dafür fing ich mir nur einen skeptischen Blick von ihm ein.

"Wir waren am Montag im Kino und zwar alle. Nur du warst nicht dabei."

Ich legte meinen Hinterkopf an die kalte Wand, um Ben nicht in die Augen sehen zu müssen.

"Ben, ich kann das im Moment einfach nicht. Du hast keine Ahnung, was in meiner Familie los war. Louis kommt damit vielleicht besser klar, aber ich nicht", sagte ich leise. Es war fast nur noch ein Flüstern. "Ich kann nicht alles mal eben vergessen und eine schöne Zeit mit meinen Freunden haben. Ich kann es einfach nicht."

Ich biss vor innen auf die Wange, um nicht weinen zu müssen. Das ständige Blinzeln wurde auf Dauer nervig.

"Wen du schon nicht mit uns redest..." Er führte den Satz nicht zu Ende, aber ich wusste, was er sagen wollte. Tessa war die einzige, die mich offen darauf ansprechen konnte. "Ja." Ich seufzte. "Ich rede mit Cortney darüber."

Ben bemerkte anscheinend, dass ich nicht weiter reden wollte. "Sag den Anderen, das wird wieder mit mir, okay?" Ich lächelte ihn schwach an, als er sich erhob.

"Klar, mach ich."

"Danke."

Sie denken alle, dass ich kaputt bin und sie glauben es mir auch nicht, wenn ich ihnen sage, dass es mir wieder gut gehen wird. Ich weiß es. Aber mal ehrlich, wem würde es denn in so einer Situation gut gehen? Dir etwa? Ich glaube nicht.

Ich kramte einen neuen Kugelschreiber aus meiner Tasche, da der jetzige leer war. Das altbekannte Klacken ertönte, als ich die Spitze ausfuhr.

Wenn sie hier von wüssten, würden sie wahrscheinlich denken, dass ich endgütlig den Verstand verloren habe. Wer schreibt denn schon einer Person, von der man nicht mal weiß, ob sie existiert? Okay, ich bin mir ziemlich sicher, dass es dich nicht gibt. Ich glaube wohl kaum, dass irgendwo jemand sein Leben lebt, aber ständig mit meinen Gedanken zugedröhnt wird, die er vielleicht gar nicht versteht. Könnte ja sein, dass du in Japan oder Afrika lebst. Aber eigentlich, ist es auch gar nicht meine Schuld, dass ich wieder mit dir schreibe. Die ganze Situation am Samstag hat mich im Endeffekt einfach überfordert und dann hab ich das kleine Buch halt wieder gefunden. Das kleine Buch, in dem ich dir schon vor knapp drei Jahren geschrieben habe. Damals war Mom auch schon ein Problem. Wer hätte das erwartet? Sie sollte wirklich mal überlegen, ob sie sich selbst für meinen Zustand die Schuld geben sollte und nicht Isaac oder Joe oder wem auch immer. Ich mache mir nichts vor, ich weiß, dass sie sich nicht ändern wird. Es wäre verschenkte Hoffnung, daran zu glauben, dass sie sich irgendwann ändert. Außerdem hat Isaac mir heute morgen geschrieben, er will sich am Samstag mit mir treffen. Ich wette, es passiert irgendwas schlimmes. Wie jeden Samstag eigentlich. Am Samstag, dem 15, hat meine ehemalige beste Freundin sich als lügende Intrigantin entpuppt und am Samstag, dem 22, hat in unserem ein Familientreffen statt gefunden, was ganz und gar nicht schön verlaufen ist. Ich denke nicht, dass an diesem Samstag mit Isaac etwas gutes passieren wird. Mir ist auch aufgefallen, wie pessimistisch ich geworden bin, aber das verstehst du, oder? Ich schreib' dir wieder, wenn irgendwas schlimmes passiert ist, was bei mir so was wie, innerhalb der nächsten Stunden heißt. Übrigens habe ich bemerkt, dass ich seit einer Woche nicht mehr Nachsitzen musste, dass heißt, seit Tess erfahren hat, dass sie meine Cosuine ist, musste ich nie länger in der Schule bleiben. Fantastisch, oder?

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