Kapitel 6: Verliebt, Verlobt, Verloren

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Ich öffnete die Augen. Arin saß immernoch neben meinem Bett und schaute mich mit einer Mischung aus Neugier und Zurückhaltung an.
"Mir geht's gut. Hab ich laut geschrien?"
"Nun ja, ja. Aber gut, also hast du dich an etwas erinnert?"
Ich nickte.
"Ja. An eine Übungsschlacht. Du und ich gegen zwei andere, die ich nich kenne."
"Nicht mehr.", sagte er bedrückt.
"Ja. Ich kann sie dir aber beschreiben. Also der eine war blond und hatte..."
In dieser Sekunde kam ein blonder Tuuri ins Zimmer, den ich sofort erkannte.
"Er!", sagte ich verblüfft und zeigte auf den Fremden, der gar nicht wusste, wie ihm geschiet.
Arin lachte, vermutlich sowohl über den verdutzten Gesichtsausdruck des Blonden, als auch über die Tatsache, dass er ausgerechnet jetzt aufgetaucht war.
"Na gut, dann stell dich mal vor blonder Fremder. Du kennst Enya sicher noch, aber dein Name ist ihr leider entfallen.", sagte Arin schelmisch. Der 'blonde Fremde' sammelte sich kurz und sagte dann ein wenig zögerlich:
"Ich bin Roulo... Was geht hier ab?"
"Roulo... oh, ja du bist einer der Strategen, nicht wahr?", fragte ich. Ich erinnerte mich, ihn bei den Besprwchungen mit Drace gesehen zu haben. Er war einer der Kämpfer, die überlegt vorgehen und nicht blind auf den Feind einschlagen. Vermutlich, weil er da den Kürzeren ziehen würde. Er war mit Kristzn und Arin verglichen, eher schmächtig und ziemlich groß. Trotzdem sah man seinen fasrigen Armen jahrelanges Training und einen hartem Schlag an. "Ja, durchaus. Ich bin eben keine Enya, die sich aus allem rauswindet."
Arin lachte und nickte bekräftigend.
"Oh ja, Enya entkommt jedem noch so gezielt angesetztem Schlag. Deshalb kann man es auch gut nachvollziehen, dass Ravenna unter dir gelandet ist. Selbst wenn es in letzter Sekunde ist, Enya klettert immer nach oben."
"Wenn ihr das sagt..."
Doch es stimmte. Wenn ich genauer drüber nachdachte, bei den Übungskämpfen, bei den Besprechungen, selbst bei der Strohschlacht mit Ketzia, ich wich immer aus. Ich wich aus und attackierte bevor mein Gegenüber sich Schutz suchen konnte. Und das tat ich, ob in hitzigen Schlachten oder heiklen Diskussionen.
Das ist wohl mein Lebensmotto.
Aufgeben und abhauen?
Nein, ausweichen und zurückschlagen!
"Ja doch ich glaube, da könntet ihr mal gar nicht so unrecht haben.", sagte ich mit einem verstohlenen Lächeln.
"Und wer war die zweite Person? Ich glaubs zwar zu wissen aber beschreib mal."
"Also es war ein Braunhaariger mit irgendwie gelblichen Augen und..."
"Pinto!", sagten Roulo und Arin gleichzeitig. Ich lachte.
"Die Augenfarbe hats euch wohl einfach gemacht."
"Es gibt nur einen Wolf mit dem wir ein Zwei-gegen-Zwei machen würden.", sagte Roulo bestimmt.
"Wolf?", fragte ich.
"Seine Augen sind gelblich, wie die eines Wolfs und außerdem kommt er aus einer Familie, die zu den Wolfblütern gehören. Wolfblüter können mit Wölfen reden und sich nachts auch in einen verwandeln.", erklärte Arin kurz.
"Werwölfe?"
"Nein, Werwölfe, verwandeln sich von allein um Mitternacht, aber nur bei Vollmond. Sie sind Monster. Wolfsblüter dagegen können sich jede Nacht ind einen Wolf verwandeln. Sie können deine besten Freunde sein."
"Und warum ist er dann der Einzige, mit dem ihr sowas machen würdet?", fragte ich, da ich langsam verstand.
"Weil Wölfe ziemlich eigen sind. Sie vertrauen nur ihrem Rudel und da wir nicht ihrem Rudel angehören, sind sie ein wenig misstrauisch. Pinto ist das aber nicht. Er war es schon immer gewohnt mit uns zusammen zu leben und deshalb sind wir jetzt sein Rudel.", erklärte Roulo und schaute Arin an.
"Soll ich ihn holen? Er ist grad um den Weg und Enya hat sicher nichts gegen ein paar neue Erinnerungen.", sagte er und zwinkerte mir zu.
Arin zuckte nur mit den Schultern.
"Klar, warum nich?"
"Na dann, ab mit dir! Ich will 'neue' Tuuri kennenlernen."
Roulo lachte, drehte sich um und verließ das Zimmerchen. Somit waren Arin und ich wieder allein.
"Bevor du fragst... Es gibt neben Wolfsblütern auch noch Bärenblüter, Hirschblüter, Luchsblüter, Pantherblüter, Schlangenblüter und Tigerblüter. Sie können sich alle nur bei Nacht in ihre Blutstämme verwandeln und leben alle im Wald. Kristzn ist einer von ihnen, deshalb sind auch alle seine Zimmer dem Wald nachempfunden. In seinem Fall, einem Urwald, da er ein Tigerblüter ist. Das ist auch einet der Gründe warum er und Ketzia nicht miteinander klarkommen. Ketzia ist ein Hirschblüter. Sie kommt einfach nicht mit einem Urwald klar."
Er lachte kurz.
"Aber es gibt auch viele die keinem dieser Blutsstämme angehören. Du und J. zum Beispiel. Aber jeder Tuuri hat eine bestimmte Beziehung zu einem Tier. Die einen gehören diesen Blutstämmen an, die im Wald leben, die anderen sind zum Beispiel aus der Savanne oder dem Wasser und sind in dem Fall Friedenswächter. Sie sorgen dafür, dass Frieden, Verständnis und Zusammarbeit zwischen Tuuris und dem jeweiligen Tier herrscht. Die Tuuri, die Friedenswächter sind, sind dann jeweils für eine ganz eigene Rasse verantwortlich." Er runzelte besorgt die Stirn.
"Im Moment habe ich ein paar Verständigungsprobleme mit meinen Kojoten. Ach ja und wir können uns, wann immer wir wollen in diese Tiere verwandeln. Wie das geht zeigen wir dir, wenn du ein bisschen kräftiger bist."
"Und zu welcher Art gehöre ich?"
"Hm was?"
Arin schien noch völlig in Gedanken versunken zu sein, deshalb wiederholte ich meine Frage. Er lächelte.
"Tja du bist ein Gepard."
"Echt?"
Er grinste.
"Ja genau. Du bist die Nachfolgerin des alten Friedenswächters der Geparden. Er verstarb letztes Jahr. Du hast viele Eigenschaften von deinem Tier. Schnell und windig."
"Wow. Und gibt es auch Tuuri die Verbindungen zu Vögeln haben?"
"Nein. Das Fliegen ist uns nicht gegeben worden. Und das nutzen die Krähen aus. Sie können fliegen, wir nicht. Aber wir haben unsere Hilfe von bestimmten Wesen bekommen. Ich glaube, Kristzn hat mir erzählt, dass du dich bereits an sie erinnert hast. Hast du nicht bereits von einem Ritt geträumt?"
Ich nickte bestätigend.
"Gut. Diese Wesen heißen Mïntųs. Sie wurden von uns gezüchtet, um unsere Schwäche, nicht fliegen zu können, auszugleichen."
"Aha.", sagte ich nickend.
Ich sog all diese Informationen gerade zu in mich auf. Ich fand alles unglaublich interessant und verblüffend. Es war eine völlig neue Welt, von der ich nun immer mehr verstand. Aber neben all dem neuen Wissen, ließ mich eine für mich ganz entscheidende Frage nicht los und wollte nun endlich mehr wissen. Doch Arin schien mir nicht die Person zu sein, die ich das Fragen konnte.
"Weißt du wo Ketzia ist?"
Er schien kurz zu überlegen, dann sagte er:
"Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich kann sie nicht holen, weil einer immer dableiben soll, als Wache. Wir können allerdings warten bis Roulo mit Pinto kommt, dann kann ich sie holen. Ich hoffe es ist nichts verbotenes, was du von ihr willst?", sagte er und schaute mich prüfend an.
"Ach was, nein. Nur Mädchenkram.", sagte ich ausweichend.
Er schaute mich verdutzt an, fragte aber höflicherweise nicht weiter.
"Na gut. Gibt es irgendeine Frage, die ich dir beantworten kann?"
Ich überlegte nicht lange.
"Ja. Viele sogar, aber die wichtigste ist denke ich... Warum bin ich hier? Also in Trofania."
Er schaute kurz zur Seite und wirkte peinlich berührt.
"Oh mann, das is dann doch eher eine Frage für Ketzia... sonst was?", fragte er wie hilfesuchend. Ich war kurz verwundert über seine Reaktion, doch fragte auch nicht weiter nach.
"Ehm oke... Wie verwandelt man sich in ein Tier? Und woher weiß man zu welchem Tier man gehört?"
Arin grinste wieder.
"Bessere Fragen. Hast du schon irgendetwas übers Bändigen gelernt? Es hat alles ziemlich viel mit Konzentration und Glauben zu tun. Du musst daran glauben, dass es klappt, sonst hast du keine Chance. Es ist eigentlich reine Kopfsache. Du musst fest daran glauben, dich jetzt zu verwandeln. Aber tu das jetzt bitte nicht, Drace würde mich köpfen. Und wie man es herausfindet ist eigentlich ganz einfach. Wenn du im Wald geboren bist, gibt es verschiedene Tests, um herauszufinden, was du bist. Wenn du allerdings außerhalb lebst dann kommt es meistens von alleine. Die erste Verwandlung geschieht dann von allein um Mitternacht. Das is meist im Alter zwischen 14 und 16. Aber da gibt es natürlich auch Ausnahmen. Hilft dir das weiter?"
"Ja, danke Arin. Ich bin dir wirklich dankbar."
In dem Moment kam Roulo mit Pinto herein.
"Na ihr beiden?", fragte ich strahlend.
"Hallo Schönheit. Bist du schon bereit für den nächsten Kampf?", antwortete Pinto mit einem breiten Grinsen und kam zu mir um mich zu umarmen und dabei fast aus dem Bett zu heben. Er war, ähnlich wie Arin und Kristzn, breit gebaut und hatte eben diese gelben Augen, die einem sicher Angst machen könnten, wenn er nicht so süß aussähe mit seinen Grübchen.
Trotzdem war ich nicht darauf vorbereitet, weshalb ich kurz schockiert war, mich dann aber beruhigte und lachte.
"Ganz schön stürmisch. Aber nein tut mir leid, wenn ich könnte würde ich mich auf euch alle gleichzeitig stürzen, aber naja... wenn ich könnte eben.", sagte ich und ließ den Kopf ein wenig hängen.
"Ach, komm sei nicht traurig. Sei lieber glücklich, dass du es nicht mit uns allen aufnehmen musst, wir würden dich sonst viiiel zu leicht schlagen."
Pinto grinste ein wenig arrogant.
"Unterschätz mich nicht, Pinto.", fauchte ich ihn gespielt bissig an.
"Och wie süß! Ein Kätzchen!", rief er.
"Ich seh schon, Enya ist wieder voll in ihrem Element.", sagte eine allzu bekannte Stimme.
"Ketzia!", rief ich freudig und warf mich auf sie, wobei ich vergaß, dass ich nicht laufen oder stehen konnte und fiel direkt in Roulos Arme.
"Und du nennst uns stürmisch?", fragte er und lachte.
Ich lief rot an und lächelte entschuldigend.
"Ach lasst die Arme doch. Sie ist ja noch total überfordert mit euch chaotischem Haufen.", sagte Ketzia und stellte sich schützend vor mich, nachdem Roulo mich wieder auf meine Liege gesetzt hatte.
"Wer hat dir dich denn auf eine Liege gelegt? Frechheit! Die Dinger sind unbequem und dass bei deinem Rücken... Oh je.", sagte Ketzia und schüttelte den Kopf.
"Na gut, dann lassen wir chaotischer Haufen die Mädels mal in Ruhe.", sagte Arin und bewies damit, dass er mit Abstand am meisten Taktgefühl hatte.
"Dankeschön und jetzt husch, husch.", sagte Ketzia und schob die drei lachenden Jungs aus dem Zimmer.
"Sooo ich hörte du hast Fragen?", sagte sie und schaute mich neugierig und verschwörerisch an.
"Hm ja, hab ich. Arin konnte mir das nicht beantworten, alsoo... Warum bin ich hier in Trofania?"
Sie schaute mich an und legte ihren Kopf schief.
Wenn sie jetzt anfing zu grinsen... nein Ketzia ist keine Krähe.
"Das ist eine sehr interessante Frage. Du weißt, glaube ich, mit wem das zu tun hat?"
Ich nickte. Natürlich er.
"Gut. Also er hat dich hierher gebracht in dieses Land, weil... okay warte ich muss wo anders anfangen."
Sie sammelte sich kurz und fing dann nochmal an.
"Also wenn man unsere Welt mit der Menschenwelt vergleicht, ist unsere doch sehr romantisch. Bei uns hat jeder Tuuri einen vorbestimmten Partner. Man nennt diesen dann Gefährten. Wenn diese beiden sich finden, dann lassen sie niemals voneinander ab. Dein Gefährte könnte überall auf in Trofania sein, aber du wirst ihn immer erkennen."
Sie strahlte mich an.
"Wie du bemerkt hast, haben wir alle extrem verschiedene und außergewöhnliche Augenfarben. Du wirst allerdings keinen Tuuri mit roten Augen finden."
Stimmt Ketzia, Pinke, Kristzn, Türkise, Drace, Graugrüne, Arin, Giftgrüne, Roulo, Beige und Pinto, Gelbe, keiner von ihnen hatte rote Augen.
"Und was für eine Augenfarbe habe ich?" Ketzia schmunzelte.
"Für mich hast du regenbogenfarbene Augen."
Ich starrte sie an.
"Was?"
Sie lachte.
"Schau nicht so, du bist nur die Einzige, die sowas hat. Aber nun gut du bist ja auch seine Auserwählte. Also nur Gefährten können ihre Augenfarben nicht sehen, sie sehen immer rote Augen. Aber es ist anscheinend ein anderes rot als beispielsweise die Krähe haben. Ein liebevolles Rot. Und er ist auch nicht der ganz normalste. Früher wurde dieses Land von einer Monarchie geführt und unsere Königsfamilie gibt es zwar noch, aber wir haben mittlerweile eine Präsidentin, die unser Land führt. Also ich bin eine Prinzessin und er ist der Kronprinz. Und du als seine Verliebte..."
"Verlobte.."
Sie schaute mich verwirrt an.
"Was?"
"Netra meinte er wäre mein Verlobter. Ich..."
"Was?!", sagte Ketzia jetzt, doch in ihrer Stimme lag Begeisterung.
"Also hat er es getan, dieser Schlingel.", sagte sie kopfschüttelnd und freudestrahlend.
"Was?", sagte ich jetzt.
"Er hatte mir erzählt, dass er dich fragen wollte, aber er konnte es nicht mehr fragen, da dieser Kampf kam, dachte ich. Aber anscheinend hat er trotzdem getan."
"Oh mann...", sagte ich nicht gerade begeistert.
"Was ist?", fragte Ketzia besorgt.
"Jetzt kann ich mich weder an meinen Antrag, noch an meinen Verlobten erinnern."
Ketzia wirkte traurig.
"Das tut mir leid. Wenn ich das nächste Mal bei ihm sein kann, erzähl ich ihm von dir, versprochen!"
"Ketzia! Das darfst du doch nicht."
"Er liegt momemtan noch im Koma. Ich kann ihm alles erzählen.", sagte sie trocken und die Nachricht war selbst für mich ein Schlag ins Gesicht.
Im Koma.
"Oh Gott... Ketzia... ich will auch zu ihm."
"Wenn du laufen könntest... das wär zumindest mal ein Anfang, aber nein, Drace hat Recht, ihr müsst beide erst wieder gesund werden, dann kann man euch wieder aufeinander loslassen... Hast du noch andere Fragen?"
"Es sind vielmehr Feststellungen. Mir ist aufgefallen, dass die Erinnerungen immer an einer Stelle abbrechen und in den meisten Fällen, ist das immer dann, wenn jemand anderes aufgetaucht ist. Ich konnte die Person nie erkennen, aber alle anderen, auch wenn ich die nicht kannte.", sagte ich und dachte an Roulo und Pinto.
"Ketzia... Es ist er. Ich kann ihn nie erkennen, aber er ist es. Meine Erinnerungen scheitern immer an ihm. Wenn ich ihn sehen könnte, dann würde ich mich vielleicht..."
"Stopp!", schrie jemand. Ich schaute mich um und sah Drace.
"Du nutzt Ketzias Schwächen aus! Aber du wirst nichts über ihn erfahren! Ich habe es verboten. Und auch wenn du noch so sehr betteltst, wenn du so weitermachst, lass ich dich nie wieder zu ihm!"
Und mit diesen Worten zog sie Ketzia mit sich aus dem Raum und ließ mich allein zurück.
Ich verspürte ein deutliches Gefühl.
Hass.

Hey hey da draußen.
Danke fürs lesen ich hoffe ihr freut euch über diesen Teil und hattet viel Spaß beim Lesen. Damit ihr auch weiterhin viel Spaß habt, versuch ich täglich neue Teile rauszubringen oder ansonsten jeden zweiten Tag.
Also bis bald und ein fettes Danke.

Eure Alibi♡

Unforgettable ~ MemoriesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt