Nachdem ich mich für mich "ausgiebig" informiert hatte, habe ich angefangen online Tests zu machen. Das heißt ich habe grob ein paar Fragen beantwortet und bekam dann ein Ergebnis ob ich eine depressive Verstimmung aufwieß. Das Ergebnis hielt mir für einen Moment den Atem an... Ich weiß noch ganz genau die ersten Worte: " Sie befinden sich in einem kritischen Stadium einer Depression [...] sehr wahrscheinlich können Sie sich alleine nicht mehr helfen..."
Natürlich kann man dem Internet nicht immer alles glauben also nahm ich es mit ( mehr oder weniger ) Humor. Zwischen dem kennenlernen und dem Ergebnis des Tests verging einige Zeit, in der ich ein wenig Vertrauen zu der Freundin aufbauen konnte. Also zeigte ich ihr mal das Ergebnis. Einerseits machten wir uns drüber lustig aber andererseits hatte sie mir voller stolz mitgeteilt, dass sie es bereits geahnt hat. Erneut viel mir alles aus dem Gesicht... Ich fragte mich ob mein Verhalten wirklich so aussagekräftig sei, dass es eigentlich jeder wissen könnte, wenn er sich nur ein bisschen mit mir beschäftigte.
Im gleichen Moment viel mir dann ein, dass ich mit anderen Leuten mehr als 6 Jahre verbracht habe und sie nicht ein Stück verstanden haben. Zu der Zeit wusste ich es zwar auch noch nicht bewusst aber es war vorhanden - das weiß ich.Ich schätze dann stimmt der Satz: "Wenn dich jemand fragt 'wie geht es dir?', dann will er es im Grunde gar nicht wissen"
Klar ist es nicht schön, wenn du erstmal realisierst was alles schief läuft in deinem Leben, aber es ist meiner Meinung nach eine "Nebenwirkung" von Depression. Sie offenbart dir die hässliche Seite unserer Welt.
Manche nennen sich dann einen Realist anstatt Pessimist, aber es ist ein Unterschied ob du unvoreingenommen bist ( Realist ) oder ob du immer denkst, dass es nur schief gehen kann ( Pessimist ).
Bei mir kommt noch Karma dazu... Den Glauben an Glück habe ich vor Jahren verloren. Ich denk mir immer Karma is ne bitch oder Karma ist mein Drama.Ich schätze ich sollte noch erwähnen, dass ich mich erst dieses Jahr (Mitte 2015 ) zu meinem Arzt getraut habe wegen meiner angeblichen Depression. Er sagte mir zwar ich weise keine richtigen Anzeichen für eine typische Depression auf, jedoch kann es nicht nichts sein, wenn man sich ritzt und keinen Spaß mehr am Leben hat. Er hatte mir angeboten mich bei einer anderen, dafür spezialisierten, Praxis zu wenden und Gott bin ich froh zugestimmt zu haben.
Zwar habe ich Monate gebraucht um dort anzurufen, aufgrund von Angst, aber ich habe es getan und bin stolz darauf! Natürlich mit dem Hintergedanken, dass es eigentlich nichts sei, wie mein Arzt mir deutlich machte. Da es eine offene Sprechstunde war, hatte ich nicht viel Zeit ihr alles zu erzählen - zum Glück. Jedoch riet sie mir, trotz des kurzen Gesprächs, eine Diagnose erstellen zu lassen. In der Sprechstunde wurde mir ebenfalls gesagt, es sei nichts typisches. Ich habe die Welt noch weniger Verstanden als zuvor. Im Nachhinein ergibt es auch Sinn, denn bei einer typischen Depression kann man mit Medikamenten helfen und nach ein paar Wochen soll es vorbei sein.
Ich dachte mir nur: shit happens - danke Karma!
Nach weiteren Wochen der Verzweiflung habe ich dann einen Termin ausgemacht, um eine Diagnose erstellen zu lassen und siehe da... nichts typisches. In diesem Gespräch ist mir jedoch vieles klar geworden. Meine Depression ist ein schleichender Prozess, der bereits im Kindesalter unbewusst anfing. Demnach schwerwiegender und komplizierter zu behandeln.
Ich habe nun eine Therapeutin zugeteilt bekommen und bereits ein Gespräch zum kennenlernen gehabt.Diesen riesigen Schritt habe ich meinen Freunden zu verdanken, zumindest denen, die von meiner zweiten Fassade Kenntnis tragen. Zwar erlebe ich noch sogenannte Schock- und Zitterstarren immer wenn ich über meine Geschichte spreche, aber was will man erwarten, wenn man Jahre lang alles verdrängt und in sich hinein frisst?
Ich habe keine großen Hoffnungen in der Therapie, denn so tief wie ich darin stecke, kann ich mir nicht vorstellen jemals wieder rauszukommen.
Wie heißt es so schön?
"Wenn du keine Erwartungen hast, kannst du auch nicht enttäuscht werden".
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Ein Mensch mit zwei Fassaden - ein Leben mit Depressionen
SachbücherIn dieser Geschichte möchte ich mein Leben mit Depressionen festhalten. Alles in dieser Geschichte basiert auf wahren Begebenheiten, da es mein Leben ist. Triggergefahr Kritik/Anmerkungen/Kommentare erwünscht