Countdown to Destruction

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Es war leicht gewesen, die Schnittstelle zu finden.
Doch das Kunststück bestand darin, die Verbindung behutsam herzustellen. Das menschliche Gehirn war jenseits der organischen Masse ein komplexes und ebenso fragiles Konstrukt.
Der Weg zu seinem Kern war gesichert. Niemand konnte es einfach anzapfen. Aber mit dem entsprechenden Wissen und dem nötigen Feingefühl, ließ sich das Schloss knacken.


Nach ihrem Besuch bei Anwen war Ava direkt zum Hauptquartier gefahren.
Captain Jack Harkness war in letzter Zeit angespannt. Seit er seinem ehemaligen Partner eine ordentliche Dosis Retcon in den Drink gemischt hatte, war er auf der Suche nach neuen Mitarbeitern.
Anwen Cooper war seine große Hoffnung gewesen.
Er sprach nicht viel über die Ereignisse der Vergangenheit. Und wenn es Dokumente gab, hatte Ava keinen Zugriff auf sie.
Sie wusste nur, dass Anwens Mutter das einzige noch lebende Mitglied von Torchwood Drei war. Das einzige noch lebende Mitglied irgendeines Torchwoods Instituts, das nicht mehr aktiv im Dienst war und keinen Drogencocktail verabreicht bekommen hatte, der die Erinnerungen an Torchwood auslöschte.
Rex Matheson hatte vor etwa 22 Jahren angefangen, für Torchwood zu arbeiten. Wie Captain Harkness war auch er unsterblich. Er war Agent der CIA. Zur Einsicht seiner Akte fehlte Ava die entsprechende Sicherheitsfreigabe.
Die Signaturen, die The Helmet aufzeichnete, waren ebenso ungeordnet, wie ihre Gedanken.
„Na", Jack klopfte behutsam gegen die Außenwand des Helms, „wie sieht's aus?"
„Was genau meinen Sie, Sir?", fragte Ava, ohne das Gebilde, das ihren Kopf komplett umschloss, von ihren Schultern zu nehmen. Vor ihren Augen flackerten Zahlen und Codes auf.
„Ist unser Spielzeug bald fertig?"
„Wollen Sie gegrillt werden, oder wollen Sie eine voll funktionsfähige Steuereinheit?"
Jack lachte. „Ich entscheide mich später. Rex und ich wollten in den Pub. Über die guten alten Zeiten plaudern und so ... Lust dich zwei alten, unsterblichen Männern anzuschließen?"
„Nur, wenn ich kein Bier trinken muss, Sir."
„Also ja?"
„Und wenn Rex mir", Ava nahm den Helm nun endlich ab, „ein bisschen von seinen wilden Jahren bei der CIA erzählt ..."


"Wie geht es eigentlich unserer Waliserin?", wollte Rex wissen, „Und ihrer Familie?"
„Die Kleine ist mittlerweile groß und Gwen ... Ich glaube, Gwen geht es ganz gut. Rhys habe ich lange nicht gesehen ... Du weißt ja, dass er nicht so gut auf mich zu sprechen ist."
Rex schmunzelte. „Ist ihr nicht langweilig? Ich kann mir ein Leben ohne Torchwood nicht mehr vorstellen ..."
„Sag das nicht zu laut! Das wird eine verdammt lange Zeit. Ich kann da aus Erfahrung sprechen, ich mache den Job schon über ein Jahrhundert ..."
Die beiden Männer lachten und stießen mit ihren Gläsern an.
„Und die Arbeit bei der CIA? Ist doch sicher auch spannend?"
Rex nickte. „Stimmt, Ava. Aber Torchwood ist wie die CIA, nur mit Aliens."
Ein Grinsen huschte über Avas Gesicht. „Sie haben es ihm nicht erzählt, oder Captain?"
Jack schüttelte den Kopf. „Ich dachte, ihr solltet euch persönlich kennen lernen."
Rex' Blick wanderte zwischen den beiden hin und her. Seine Augen wurden schmal. „Okay ihr zwei, was geht hier vor?"
„Was Ava damit eigentlich sagen wollte: seit einiger Zeit hat Torchwood auch den einen oder anderen extraterrestrischen Mitarbeiter ... oder besser Mitarbeiterin."
Der Mund des Amerikaners stand nun halb offen. Er sah Ava mit großen Augen an. „Du ... das heißt du ..."
Ava nickte.
„Abgefahren! Von welchem Planeten stammst du? Wie ist es da so? Wie bist du hier in Cardiff gelandet? Und bei Torchwood? Ich meine ... fangen wir Aliens nicht normalerweise, klauen ihre Technologie und sperren sie dann für immer weg?", er musste sich zügeln, um die Fragen nicht in den kleinen Pub zu brüllen.
Jack und Ava lachten.
„Ich bin durch den Riss nach Cardiff gekommen ... Im 21. Jahrhundert wird mein Heimatsystem noch nicht entdeckt. Meine Leute stammten ursprünglich von der Erde. Sie haben sich aber ein ganzes Stück weiterentwickelt. Vieles wird anders sein ... und einiges genau wie hier. Manche Dinge ändern sich eben nie."
Rex musterte sie fasziniert. „Aber du siehst ganz normal aus ..."
Ava zuckte die Schultern und nippte an ihrer Orangenlimonade. „Ich war grade dabei, einen Körper zu bauen, als Jack auf mich aufmerksam geworden ist."
„Bauen ... einen Körper ... heißt das ..."
Jack lachte und klopfte Rex auf die Schulter. „Das mein Freund", er deutet mit der anderen Hand auf die junge Frau, „ist die Zukunft ... ein 1-A biokybernetischer Körper, zusammengebaut aus purem Vorstellungsvermögen und hocheffizienter Willenskraft. So gut, dass er sich sogar echt anfühlt ..."
Rex lehnte sich in seinem Stuhl zurück, betrachtete Ava und fuhr sich mit einer Hand übers Gesicht. „Das glaube ich jetzt einfach nicht!"
Mit einem vielsagenden Blick beugte Ava sich über den Tisch zu ihm hinüber, streckte ihm ihren linken Arm entgegen und zwinkerte ihm zu. Im selben Augenblick zeichneten sich auf der Haut ihres Unterarms dünne Linien ab, die sich zu einem gleichschenkliges Dreieck verbanden. Seine Konturen leuchteten kurz auf. Dann löste sich die Haut innerhalb der Dreiecksfläche auf. Darunter kam ein Gewebe zum Vorschein, das aussah, wie aus Millionen kleinster geometrischer Formen aus transparentem Material, das Rex nicht näher identifizieren konnte, zusammengesetzt. Lichtimpulse flossen durch diese einzelnen Teile. Ein faszinierendes Lichtspiel.
Ava lächelte und fuhr mit der anderen Hand über die offene Stelle oberhalb ihres Handgelenks. Als sie beide Arme wieder zurückzog und sich in ihren Stuhl zurücklehnte, war die Haut an ihrem linken Unterarm makellos. Ihr seid nicht die einzigen Unsterblichen in diesem Raum, dachte sie voller Genugtuung.
Ihr Vorgesetzter, der diese kleine Show schon kannte, klopfte dem nun vollends sprachlosen Rex abermals auf die Schulter. „Das gute daran, unsterblich zu sein, ist doch, dass man all diese Entwicklungen miterleben kann."


TORCHWOOD: The Anwen Cooper FilesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt