Kapitel 21: Leon

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Was soll ich jetzt schreiben?

Na dass du ihn auch liebst?

Ja klar. Aber sicher doch. Ich schreibe einfach: Ich liebe dich auch.

Ja genau, genau so.

Nee das mach ich nicht.

Wieso denn nicht?

Weil ich dann nicht weiß wie es weiter gehen soll?

Und außerdem sitze ich im Rollstuhl, schon vergessen? Und Leon weiß das nicht? Der wird geschockt sein, wenn er das sieht! Der wird mich im Rollstuhl nicht mehr lieben!

Natürlich wird er dich im Rollstuhl lieben! Du bist doch immer noch der selbe Mensch! Du bist doch deswegen nicht jemand anderes!

Er wird mich nicht mehr lieben weil ich im Rollstuhl sitze!

Ach das ist doch quatsch! Das ist vollkommener Unsinn!

Jetzt lass mich in Ruhe!

Wie du meinst.

Ja ich meine!


Wann kommt denn mein Vater? So langsam sollte ich mich fertig machen.

"Hey Schatz, Gut geschlafen?"

"Ja schon."

"Gut, soll ich dir helfen?"

"Ja bitte."

"Soll ich dir erst mal was zum anziehen raussuchen? "

"Einfach ne Jogginghose und irgendein T Shirt bitte. Bald werde ich das hoffentlich selber machen können."

"Ja ganz bestimmt. Wenn du es geschafft hast dich in den Rollstuhl selber zu hieven, dann kannst du das auf jeden Fall."

"Das muss ich aber noch ein bisschen üben. Bis jetzt habe ich es noch nicht geschafft."

"Das wird schon, du musst nur fest daran glauben."

"Ich werde mein bestes geben."

Er geht zum Schrank und zieht das von mir gewünschte heraus. Dann gibt er es mir und ich ziehe mir das Tshirt an und auch die Jogginghose. Das ist zwar nicht ganz so einfach, aber es klappt. Dann ziehe ich mir noch meinen Bh an. Ja, nachdem ich mir das Tshirt angezogen habe. Ich mein es ist zwar mein Vater, aber das ist mir dann schon zu privat. Ein bisschen Privatsphäre braucht man ja vor den Eltern.

Als ich dann auch fertig bin, schnappe ich mir noch mein Handy und stecke es in meine Hosentasche. Dann hebt mich mein Vater in meinen Rollstuhl. Er legt mir meine schon gepackte Tasche auf den Schoß und dann hält er mir die Tür auf.

"Dankeschön."

"Bitteschön meine Süße! Marie hat schon Frühstück gemacht. ( Meine Mutter)"

"Gut dann rolle ich mal zum frühstücken."

"Ist gut. In ner halben Stunde fahre ich dich dann zur Schule."

"Ok"

Dann rolle ich in die Küche. Meine Mutter hat sich echt sehr viel Mühe gegeben. Sie hat extra Rührei und Speck gemacht. Und Sie hat frische Brötchen auf den Tisch gestellt und dazu noch Marmelade, Nutella etc. Ich rolle an meinen Platz und mein Vater bringt noch eine dampfende Tasse Kakao und stellt sie vor mich.

"Danke."

"Kein Problem. Deine Mutter ist schon bei der Arbeit. Ich bin im Arbeitszimmer falls was ist. Guten Appetit."

"Danke Papa, aber ihr müsst euch solche mühe echt nicht jeden Morgen machen. "

"Ich werds mir merken;)"

Beim frühstücken lasse ich mir viel Zeit. Danach rolle ich nochmal in mein Zimmer und mache mir meine Haare. Danach rolle ich in den Flur, ziehe mir meine Jacke an und warte auf meinen Vater.

"Na schon fertig?"

"Jap bloß die Schuhe bereiten mir ein wenig Probleme."

"Warte ich helfe dir."

"Die Turnschuhe bitte."

"Aye Aye."

"Na dann fahren wir mal in die Schule."

"Jap auf in die Höhle des Teufels."

Was ziemlich unpraktisch ist, ist, dass mein Vater mich jetzt jeden Morgen zur Schule fahren muss. Schulbus wird schwierig und alleine hin rollen kann ich nicht. Das ist viel zu weit und zu anstrengend.

An der Schule angekommen hebt mein Vater mich wieder in den Rollstuhl und verabschiedet sich von mir.

Danach rolle ich langsam auf die Schule zu. Mein Vater hat mich eine Straße weiter abgesetzt und jetzt fahre ich das letzte Stück. An der Schule angekommen fahre ich über den Pausenhof.

Alle starren mich an. Es ist furchtbar! Jeder, wirklich jeder Blick liegt auf mir. Es ist zum kotzen! Aber damit muss ich jetzt leider leben. Jeden Tag werde ich aufs neue angestarrt werden. Na ja, das wird schon noch.

Ein paar Leute sprechen mich an, aber ich ignoriere sie und fahre einfach weiter gerade aus in Richtung Schulgebäude. Ich rolle die Rampe hinauf und fahre durch die geöffnete Eingangstür. Erst vor dem Aufzug stoppe ich. Den Schlüssel haben meine Eltern zum Glück schon für mich geholt. ich hole in aus meiner Tasche und stecke ihn in das Schlüsselloch. ein paar Sekunden später ist der Aufzug da und ich rolle hinein. Dann geht's in den zweiten Stock, wo ich in der ersten Stunde Unterricht habe. Ich rolle hinaus und dann zu meinem Klassenzimmer das nicht sehr weit vom Aufzug entfernt ist. Die Schüler starren mich immer noch alle an. Oder schon wieder, weil es ja inzwischen andere sind. Jetzt bin ich bei meinem Klassenzimmer angekommen. Es ist ein komisches Gefühl. Ein sehr komisches. Ich öffne die Tür und rolle hinein. Ein raunen ertönt in der Klasse die schon fast vollzählig ist. Auch Leon ist schon da. Er starrt mich geschockt und gleichzeitig ungläubig an. Oh je, das wird nicht gut ausgehen. ich rolle an meinen Platz und versuche den Stuhl zur Seite zu schieben. Es ist still. Totenstill. Leon kommt zu mir und zieht den Stuhl zur Seite.

"Katy, was ist passiert?"

"Das ist eine lange Geschichte."

"Du sitzt jetzt aber nicht immer im Rollstuhl oder?"

"Doch."

"Was ist passiert ? Was in Gottes Namen ist passiert? Oh mein Gott, Katy, das tut mir so leid!"

"Tja, das Schicksal macht mit einem was es will. Da kann man nichts machen. Ich konnte dir nicht schreiben, ich hatte schiss, dass du mich im Rollstuhl nicht mehr magst, ich, das Lied, das du mir geschrieben hast ist so unglaublich schön, ich..."

"Bonjour la class!"

"Reden wir in der Pause?"

"Ja, machen wir."

"Leon, setz dich bitte hin!"

"Ja Madame."

"Oh, Kathleen, sie sind ja auch wieder hier! Wollen sie erzählen, was passiert ist?"

"eigentlich nicht. Ich hatte einen Unfall und jetzt bin ich gelähmt. Viel mehr gibt es dazu nicht zu sagen."

"DU bist gelähmt????"

Leon.

"Ja, ich werde für immer im Rollstuhl sitzen."


Ballett vs. RealitätWo Geschichten leben. Entdecke jetzt