Ballett vs. Realität

Kapitel 35: Voyage de classe

Als dann endlich alle eingestiegen sind, hält der Busfahrer seine Übliche Rede, dass wir keinen Müll liegen lassen sollen, keine Kaugummis auf die Sitze kleben dürfen, nicht randalieren dürfen, und auf unsere Lautstärke achten sollen. Dann fährt er auch schon los. Jetzt sitze ich für eine ziemlich lange Zeit mit Leuten mit denen ich nichts zu tun hatte bis jetzt in einem Bus. Soweit ich mitbekommen habe fahren wir an die 13 Stunden oder so. Der Busfahrer konnte es nicht genau sagen, da man Staus ja noch nicht erahnen kann.

"Ähm kannst du mir vielleicht meinen Rucksack geben?"

"Ja klar, kein Problem"

Jake steht auf und holt meinen Rucksack wieder aus dem Gepäckfach. Dann gibt er ihn mir. Ich entnehme meinem Rucksack mein Handy und meine Kopfhörer, hole mit mein Nackenkissen raus und meine kleine Flies decke, und mache es mit richtig gemütlich. Ansonsten ist in meinem Rucksack nicht viel mehr drin. Bloß halt Schmerzmittel, falls es irgendwie wehtun sollte, ihr wisst schon- wegen der Lähmung- was zu trinken und halt noch was zu essen. Ein wunder dass das da alles reingepasst hat! Als ich alles habe was ich brauche, stelle ich den Rucksack einfach unter mich, das ist die einfachste Lösung. Dann stecke ich mir die Kopfhörer in die Ohren und mache Musik an- Satisfaction von den Rolling Stones! Ich liebe dieses Lied! Und schon bin ich im Land der Träume.

" Hey, wach auf, wir machen ne halbe Stunde Klopause etc. Kommst du mit? Die nächste ist erst wieder in drei Stunden. "

"Mmh"

Ach Mann! Ich hab so schön geträumt! Wieso muss er mich jetzt wecken?

Vielleicht weil ihr jetzt ne halbe Stunde Pause habt und du vielleicht auch mal aufs Klo musst?

Ja ok Ok ist ja gut.

" Also kommst du mit oder bleibst du hier?"

" Ich komm mit. "
Ich nehme mein Handy und meinen Geldbeutel aus meinem Rucksack und stecke beides in die Jackentasche. "

" du müsstest mir aber raushelfen, alleine komme ich nicht sehr weit. "

" klar, kein Problem. "

Er nimmt mich wieder wie beim einsteigen hoch und trägt mich nach draußen. Alle anderen sind schon aus dem Bus, stehen noch vorm Bus rum oder sind schon in die Gaststätte reingelaufen.

Draußen hat meine Lehrerin den Rollstuhl schon bereit gestellt und Jake setzt mich vorsichtig in den Rollstuhl. Der ist echt nett!

Wer? Der Rollstuhl?

Nein, ich meinte Jake und das weißt du auch. Da bin ich mir sicher.

"Soll ich dich schieben oder willst du selber? "

" das geht schon, danke."

"Ok"

Schweigend setze ich mich in Bewegung und Jake läuft neben mir her. An der Raststätte gibt es zum Glück eine Rampe, sodass ich ohne Probleme hoch komme. Jake hält mir die Tür auf. Er geht vor und fragt nach der behinderten Toilette und ein netter Mensch von der Kasse führt uns beide dorthin.

" danke"

"Kein Problem. Ich geh auch kurz aufs Klo und dann warte ich hier auf dich."

"Okay. "

Er wartet noch bis ich die Tür hinter mir zugemacht habe und verschwindet dann in Richtung Männer Toilette.

nachdem ich dann auch fertig bin, empfängt mich Jake schon draußen und wir gehen/ rollen gemeinsam wieder zum Bus.
Mir ist echt ein Rätsel, wieso Jake so nett zu mir ist. Er ist echt total hilfsbereit. Ich kenne keinen Jungen der so ist. Die meisten aus meiner klasse und auch Parallelklasse sind sich zu cool dafür mir mal die Tür aufzuhalten. Aber Jake trägt mich in und aus dem Bus, er geht mit mir gemeinsam zur Raststätte, das ist echt nicht selbst verständlich. Vor allem kennen wir uns gar nicht. Wir gehen zwar in die gleiche schule, aber ich hab vorher noch nie ein Wort mit ihm gewechselt.

" so, wollen wir wieder in den Bus? "

" ja"

" Ok "

und wieder hebt er mich hoch und trägt mich in den Bus zu unserem Platz.

Tja. Die Restliche Busfahrt lang passiert eigentlich gar nichts. Ich schlafe, höre Musik, schaue zum Fenster raus und esse. Jake ist irgendwann auch eingeschlafen. Das ist voll süß! Habt ihr schon mal einen Jungen schlafen sehen? Er hat so friedlich gewirkt. Nicht so cool. Wie ein kleiner unschuldiger Junge! Irgendwann hat dann noch meine Mutter angerufen und gefragt ob alles ok ist und bla bla bla. Ich mein ich kann verstehen, dass sie sich Sorgen um mich macht, aber auf der anderen Seite nervt es auch ein klein wenig. Na ja, ich hatte ja eh nichts besseres zu tun.

Mittlerweile ist es draußen schon dunkel geworden, ich hätte nicht gedacht, dass das so lange dauern kann! Aber ich mein, wir sind mit dem Bus unterwegs, es ist normaler Verkehr, auf der Strecke waren Baustellen und es ist einfach eine weite Strecke zu fahren. Eigentlich wäre es viel sinnvoller gewesen Abends loszufahren, dann hätte man schön im Bus pennen können und die Zeit wäre viel viel schneller vergangen!

Genieße dein Leben! Denk dir im Kopf irgendwelche Geschichten aus, schreib nen Song, denk darüber nach was du für eine Tolle Zeit haben wirst beim Filmdreh, sei mal ein bisschen lockerer und schau nicht dauernd auf die Uhr. Wenn du einfach an was anderes denkst, irgendetwas machst, dann vergeht die Zeit viel schneller!

Du hast gut reden!

Ja hab ich. Versuchs mal, das ist echt nicht so schwer.

Jaja mrs neunmalklug.