Etwas hatte den Schalter umgelegt. Als ich merkte, wie viel Spaß das Training machen konnte, freute ich mich darauf, mich zu beweisen, mir das Lob des Mädchens zu verdienen. Sie forderte die Grundlagen und übte mit mir, wenn ich zögerte.
Und es war der Tag gekommen, dass in der Halle ein paar Stangen lagen. Die Tage zuvor hatte sie diese Situation bereits geübt und mich an der Longe über zunächst eine, dann mehrere Stangen laufen lassen.
Ich erschrak, als ich versehentlich eine davon berührte und es dumpf schepperte, und weigerte mich, nur einen Huf darüber zu setzen. Später hatte ich den Kniff raus: machte ich große Schritte und hob ich meine Beine hoch genug, berührte ich keine der Holzstangen. Und trat ich an eine Stange, dann schepperte es, aber mehr passierte nicht. So konnte ich meine Scheu verlieren. Mein gesunder Respekt blieb mir jedoch erhalten.
Das war gestern. Heute war der Test. In der Halle lagen einige Stangen herum. Das Mädchen ritt ordentlich warm und als ich entspannt schnaubend die lange Seite entlang galoppierte, tätschelte sie meinen Hals und nahm die Zügel auf, parierte durch und steuerte im Trab auf die Stangen zu.
Alles war bunt durcheinander gelegt. Mit jeder Stange wurde die Farbpalette erweitert und alles war kombiniert mit einem strahlenden weiß, dass im Gleichklang mit dem durch die großen Fenster hereinfallenden Sonnenlicht strahlte, nicht wie jene Stangen, die draußen auf dem Platz bei Wind und Regen lagen und eine Farbe zwischen grün und schlammbraun angenommen haben und sich somit dem Untergrund anpassten.
Große Schritte, Beine heben, große Schritte, Beine heben.
Ich scheute.
Mit viel Geduld und Zureden und einem gewissen Maß an energischem Schenkeldruck stolperte ich schließlich über die düngen Holzstangen.
Ein Zwischending zwischen Tollpatsch und Draufgänger, als ob ein Pferd die Stangen auf keinen Fall berühren wollte und genau deshalb auf jede einzelne trat.
Es gab ein lustiges Bild ab, wie der große braune Hengst verzweifelt versuchte, seine dünnen Beinchen zu sortieren, wie damals, als er noch nicht einmal geradeaus zulaufen vermag. Das zarte Mädchen in seinem Sattel blieb erstaunlich ruhig und dirigierte ihren Schützlich in die richtige Richtung.
Und als sie vor den Trabstangen standen, presste sie die Fersen in seinen Bauch und mit der Eleganz eines Elefanten in Balletschuhen hob er seine Beine und machte große Schritte und setzte darüber hinweg.
Es wäre nicht Elena, wenn sie ihn nicht loben und im Anschluss noch einmal über die Stangen traben ließe. Und es wäre nicht Templado, wenn er sich nicht umso mehr bemühen und ohne Zögern und ohne Scheuen, ohne Trampeln und ohne Gezappel die simple Aufgabe meistern würde.
Es war eine Bestätigung der Bestätigung, dass sie auf dem richtigen Weg waren. Je öfter sie über die Stangen trabten, aus verschiedenen Richtungen und abgewendet von den verschiedensten Linien, desto mehr konnte man meinen, dass er sein Leben lang nichts anderes getan hätte.
Ich war früher schon an Stange gewöhnt worden. Tatsächlich war ich auch gesprungen worden. Das war jedoch gewesen, als man mich unter Einsatz von Gertenhieben über Sprünge geprügelt hatte, die einen Witz für jedes ausgebildete Springpferd darstellten.
Ich tat es mit einer seltsamen Verständlichkeit und als sie mir eine Verschnaufpause gönnte, lenkte sie mich an die Bande und winkte ihren Vater heran, der sogleich zu uns eilte und seine Hand auf meinen Hals legte. Ich legte unwirsch die Ohren an und tänzelte zur Seite. „Ist alles in Ordnung?"
„Könntest du mir noch eine Einzelstange hinlegen?"
„Selbstverständlich." Er angelte eine Stange hinter den Hindernisständern, die an die Bande gelehnt waren, hervor und das Mädchen dirigierte ihn. An der richtigen Stelle ließ er sie fallen und stellte sich in die Mitte der Halle.
Ich trabte wieder los, es würde die letzte Aufgabe für heute sein und das Mädchen ritt voller Zuversicht und Euphorie auf die einzelne bunte Stange auf dem Hallenboden zu, sodass ich angesteckt von ihrer Bgeisterung oder voll mit Vertrauen in mich selbst einen großen Satz darüber hinweg machte und fröhlich durch die Halle sauste und das Mädchen in meinem Sattel auf meinen Hals kippte.
Dann richtete sie sich wieder auf und saß wieder tief ein, fing an zu lachen und nahm die Zügel, die sie in ihrer Überraschung verloren hatte, wieder auf und parierte mich durch, klopfte meinen Hals.
„Da glaubt man monatelang, dass er, so dünn und unterbemuskelt wie der war, noch nicht einmal ein Bein vor das andere setzen kann und puff! – plötzlich hat man ein klasse Springpferd im Stall zu stehen." Die Augen ihres Trainers leuchteten und er verfolgte meine Bewegungen, während ich noch locker austrabte. „Wie hast du das nur geschafft. Ich hatte wirklich meine Zweifel, ob du die richtige Entscheidung getroffen hast. Aber er ist nicht mehr wiederzuerkennen."
„Ich wusste, dass er gut ist. Wahrscheinlich wird er besser sein, als ich je zu träumen gewagt habe. Jetzt kann uns nicht mehr aufhalten!", rief das Mädchen ihm ausgelassen zu.
Sie würde Recht behalten.
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Templado
Teen FictionSie ist eine Nachwuchsreiterin. Er ein Springpferd. Erfolg trifft Trotz. Zwei Talente. Zwei Dickköpfe. Zwei Kämpfer. Ein Ziel: Ihre Leidenschaft. Das Leben auf Springturnieren verbringen und zu den ganz Großen gehören - der Traum eines jeden Pferde...