Kapitel 8

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Unser Start war holprig gewesen. Während ich von Panik oder Missmut getrieben jegliche Kooperation verweigerte, biss das Mädchen vom Ehrgeiz ermutigt die Zähne zusammen und arbeitete weiter. Sie ließ sich nicht von dem abbringen, was sie sich in den Kopf gesetzt hatte. Sie arbeitete Tag und Nacht, stand wieder auf, wenn sie im Sand lag und scheute keinen abenteuerlichen Ritt.

Dass sie so unerschrocken mit mir umging, dass sie mich nicht nach den ersten zwei katastrophalen Wochen zurückgab, hatte mich verunsichert, aber mittlerweile hatte ich begriffen: Elena war kein Mensch, der schnell aufgab. Wenn etwas nicht nach ihrem Plan lief, setzte sie es sich in den Kopf und arbeitete hart, damit sie sich diesen Traum erfüllen kann. Und sie hatte große Träume und noch größere Pläne.

Wenn ich auf alles Geschehen bisher zurückblickte, konnte ich stolz sein; und wenn ich in die Zukunft blickte, sah ich Hoffnung. Hoffnung auf ein besseres, glückliches Leben, umgeben von

Es war noch früh am Morgen, der Tau lag noch ihm Gras.

Mit angewinkeltem Bein, hängendem Kopf und tiefenentspannt stand ich dar und genoss die kreisenden BewegungenMenschen, die mich liebten, mit allen Fehlern und Macken, die ich mitbrachte.

Das Mädchen hatte beschlossen, einen Ausritt zu wagen und war seit einigen Minuten mit dem Putzen beschäftigt, während ich im fahlen Sonnenschein, der durch die großen Fenster in den Stall fiel, noch ein wenig döste.

Vor Monaten hätte es keiner erwartet, aber es war Entspannung. Ich war seelenruhig. Es war so viel passiert, dass ich selber überrascht war.

Laureen war auch mit von der Partie. Sie stand nebenan und sattelte einen grauen Wallach. Irgendwo in der Sattelkammer lief ein altes Radio und spielte knarzend alte Schlager.

„Ich habe ihn noch nie so ruhig erlebt", stellte die Brünette schließlich mit einem Seitenblick fest. Elena begann zu strahlen und streichelte meinen Hals. „Es war ein ganzes Stück Arbeit, aber es lohnt sich. So wie ich es von Anfang an gesagt habe." Lächelnd widmeten sich beide wieder ihrer Arbeit.

Elena legte den Satteln auf meinen Rücken, legte das Martingal an und schloss den Sattelgurt. Sie entschied sich für Gamaschen und holte als Schlusslicht die Trense aus der Sattelkammer. Vorischtig öffente sie das Halfter, zog mir die Trense über den Kopf und schob das Gebiss ins Maul. Auch der graue Wallach stand fertig gezäumt und gesattelt in der Stallgasse und wartete geduldig, bis es losging.

Vor dem Stalltor saß sie auf und ich wachte langsam auf. Wir ritten durch den Wald, mit gespitzten Ohren nahm ich meine Umgebung ganz genau wahr. Die Vögel, die in den Bäumen zwitschterten, das Eichhörnchen, das ruckartig den Stamm hinaufkletterte, der Geruch von frischer Erde, die wir unter unseeren Hufen aufwühlten, die zartgrünen Triebe an den Ästen und die bunten Blumen auf dem Waldboden.

Als der Wald sich lichtete und sich eine grüne Wiese vor uns erstreckte, hob ich ruckartig den Kopf und blähte die Nüstern.

Das Mädchen lachte leise und tätschelte meinen Hals. „Na Toto, du würdest am liebsten einmal rüber fetzen und wieder zurück." Aufgeregt brummelte ich.

„Also gegen einen kleinen Galopp hätte ich nichts einzuwenden", stimme Laureen bei.

Der graue Wallach wackelte unruhig mit dem Kopf, die weite flache Ebene bot sich praktisch dafür an. Das Mädchen drückte die Fersen in meinen Bauch und ich trabte locker an. Eine Koppel rauschte an uns vorbei, einige Jungpferde galoppierten neben uns her, ich blieb ruhig und ließ sie das Wettrennen unter sich ausmachen.

Die Zügel gaben ein wenig nach, ich streckte mich, der graue Wallach galoppierte uns hinterher.

Auf dem freien Feld angekommen gab sie vorsichtig Galopphilfe und ich sprang sofort an. Vor Euphorie strotzend wollte ich mehr Tempo, aber sie hielt mich zurück, der graue Wallach neben uns, als sei ich nicht alt genug um ein wenig alleine über eine Wiese zu galoppieren. Endlich gab sie ein wenig nach, ich zog das Tempo an, immer noch verhalten aber schon mehr mein Geschmack. Sie testete mich, ich sammelte Punkte.

Vor uns lag eine kleine Anhöhe, die der graue Wallach bereits erklomm. Wir rauschten durch die Landschaft, das Grün verschwamm. Mine Hufe trommelten auf dem Boden, mein Schweif wehte im Wind, ich hebte mit allen vier Beinen ab und vollführte einen kleinen Bocksprung.

Das Gelände ging leicht bergauf, auf dem Hügel angekommen schwitzte ich bereits. Laureen erwartete uns bereits feixend. „Mensch El, was hast du denn für ein langsames Pferd?"

Glücklich parierte sie mich durch und klopfte meinen Hals. Ich schnaufte tief. „Wir können ein anderes Mal um die Wette galoppieren, wenn ich mit Toto ein bisschen sicherer im Gelände bin. Heute noch nicht. Wir probieren uns noch ein bisschen aus."

„Na wenn das so ist..." und sie galoppierte weiter. Den Rückweg bestritten wir in einem flotten Trab und zum Ende war ich wirklich geschwitzt, aber glücklich.

Es störte mich auch nicht, dass ich am nächsten Tag leichten Muskelkater hatte und lediglich longiert wurde, damit ich nicht den ganzen Tag auf der Wiese stand und fraß.

Und so wurden unsere auschweifenden Spaziergänge durch kurze Ritte ins Gelände ersetzt.

Es war wirklich viel passiert. Von einem Spaziergang über Bodenarbeit zu unseren ersten Reitversuchen bis heute, der nicht ganz erste Ausritt aber der wohl entspannteste.

Es gab mir das Gefühl von Freiheit.

Es ließ mich an meiner Hoffnung festhalten.

Es war Glück. Und ein bisschen Schicksal.





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