Kapitel 13

355 34 18
                                    


Hufe gruben sich in den festen Boden, Sand spritzte auf, Applaus brandete auf ...


... und Elena tätschelte meinen Hals. Eine Lautsprecherdurchsage verkündete unsere schnelle Zeit und die fehlerfreie Runde, die uns in das Stechen beförderte, wo wir gegen die anderen um die goldene Schleife kämpften.

Aufgeregt prustend trabte ich vom Platz. Draußen erwartete ein junger Bereiter, der nach meinen Zügeln angelte und uns durch das Chaos lotste. Auf dem Abreiteplatz war die Hölle los. Wild jagten Pferde durcheinander, Trainer bellten zwischen den Aufwärmsprüngen Anweisungen, Reiter schrien sich an. Die Sonne knallte auf den Platz und kein Lüftchen regte sich, vom Parkplatz bis zu den knallig bunten Hindernissen stand stickige Luft und der Geruch von Pommesbuden und Pferdeäpfeln vermischte sich unangenehm. Ein Kind fing an zu heulen, ein Hund kläffte und ein zweiter stimmte mit ein, Musik dröhnte vom Turnierplatz herüber.

„He!" Ein pummeliger Reiter galoppierte haarscharf an uns vorbei, sein Gesicht war von der Hitze rot angelaufen und das Pferd schnaufte, sie wirbelten eine Sandwolke auf. Ich riss den Kopf hoch, jemand winkte uns vom anderen Ende des Platzes zu. Elena noch immer über den unvorsichtigen Reiter schimpfend lotste uns in die Richtung.

„Gute Runde", stellte der junge Mann fest, bot mir ein Leckerli an und ließ mich frei. Laureen hockte im Schatten einiger Eichen auf einer Fuchsstute. Ihr Fell war dunkelrot und klebte in Locken an ihrem Hals und ihre Flanken zitterten, neben ihnen wartete ein weiters Pferd.

Schweratmend kam ich vor ihr zum Stehen und das Mädchen rutschte sich aus dem Sattel und klopfte meinen Hals. „Lass ihn was trinken und geh ein paar Schritte, wenn er unruhig wird", wies sie den Schwarzhaarigen an. Ohne Zeit zu verschwenden wechselte sie das Pferd und schwang sich in den Sattel des anderen Fuchses, der heute noch keinen Parcours gesprungen war.

Der Bereiter hakte einen Strick in meine Trense und wuschelte durch meinen Schopf. Ich spielte mit den Ohren und er griff nach ihnen, ich brummelte leise und knabberte an seinem Ärmel. Elena war in den Wirren des überladenen Reitplatzes verschwunden und sprang vermutlich ihren Wallach warm.

Wir verließen den Platz zusammen mit Laureen und ihrer Stute und folgten ihnen bis zum Stallzelt. Hier war es leise. Ein Pferd wieherte und ein Mensch unterhielt sich. Irgendwo spielte ein Radio und der Junge neben mir pfiff die Melodie.

Tim Willems kam im Sommer nachdem Elena mein Springtraining aufgenommen hatte in den Stall. Er hatte ein gutes Händchen für Pferde, war immer entspannt und gelassen und redete nicht viel; er ist eine große Hilfe für den Alltag in einem Pferdestall, obwohl ich ihn nie habe reiten sehen. Es hatte eine Weile gedauert, bis das Mädchen mit ihm warm geworden war.

Anfangs hatte sie sich nicht darauf eingelassen, Diskussionen mit dem Stallburschen zu führen, dessen Aufgaben es war, die Boxen auszumisten, die Pferde zu füttern und Reparaturarbeiten zu erledigen. Aber sie vertraute ihm, und darum konnte ich ihm ebenfalls vertrauen. Seine Anwesenheit strahlte Ruhe und Dominanz aus, die sich leicht auf mich übertrug.

„Du bist der Champ, du machst sie alle fertig", murmelte er stets bevor er mich und meine Reiterin mit einem kleinen Klaps auf die Kruppe in den Parcours schickte. Anfangs habe ich seine Worte nicht verstanden und ich erinnerte mich, dass ich einmal nach ihm ausgekickte.

Als das Stechen begann, saß das Mädchen wieder auf meinem Rücken und verfolgte die Paare, die ihr Glück im Parcours versuchten. Es waren starke Pferde dabei, für die ein Turnier eine Selbstverständlichkeit war. Ich war ein Neuling. Dies war meine erste Saison.

Vor zwei Jahren war ich zum ersten Mal seit vielen gescheiterten Versuchen gesprungen worden und seitdem hatten wir es immer und immer wieder geübt. Im letzten Winter bin ich mein erstes Turnier gegangen. Das Mädchen war in meinem Sattel aufgeregt hin und her gerutscht und ich war ebenfalls aufgeregt gewesen. Wir hatten viele kleine Fehler gemacht und seitdem mehrmals unser Glück auf anderen Turnieren probiert. Wir waren auch ins Stechen gelangt und haben bereits eine Schleife gewonnen.

Ein Sieg war uns noch nie vergönnt und auch heute, in sengender Hitze, ließ ich einmal die Beine hängen und kassierte dafür einen Abwurf.

Freudestrahlend streichelte das Mädchen meinen Hals. Sie war überglücklich, denn sie wusste, ich hatte mein Bestes für sie gegeben. Auch wenn es nicht für eine Schleife reichte, behandelte sie mich dennoch, als hätte ich soeben einen Grand Prix gewonnen.

Sie wusch mich und ließ mich im Schatten des Hängers noch ein wenig grasen, solange sie sich um den Fuchswallach kümmerte. Dann kletterten wir beide die Rampe hinauf und befanden uns wenig später auf dem langen Heimweg.

Erst spät in der Nacht erreichten wir den heimischen Stall. In aller Eile versorgte man die Pferde und brachte sie in ihren Boxen unter, das Sattelzeug wurde nur grob verstaut. Um den Rest kümmerte sich man am nächsten Tag in aller Frühe, doch nun wünschte sich das Mädchen nichts mehr, als endlich in ihr weiches Bett zu krabbeln.

Gähnend schüttete sie noch Mash in die Futterraufen, ehe sie den Stall verließ und es an dem Bereiter lag, die Stallgasse zu fegen, das Licht auszuschalten und die Tür hinter sich zu schließen.





Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 12, 2019 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

TempladoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt