Pizzakartons stapelten sich in Rekordhöhe. Zerdrückte Bierdose gesellten sich zu den leeren Chipstüten und der Grasgeruch hatte sich an alles gehangen, was nicht fliehen konnte. Es war ein Saustall, der seinesgleichen suchte. Lissy und Sam hatten sich in sein Zimmer geflüchtet und schliefen vermutlich. Man sah sie kaum vor der Mittagszeit aus dem Zimmer trotten.
„SAM!", brüllte ich durch die Wohnung und machte mich auf den Weg in sein Zimmer.
Wie erwartet lag er mit Lissy in seinem Bett.
„SAM!", rief ich erneut, als er nicht reagierte.
Nur träge bewegte er sich und sah mich an.
„Violett, ich schlafe. Verpiss dich!"
Ich stemmte die Fäuste in die Seite.
„Mum kommt in ein paar Stunden und es sieht hier aus, als hätte man unserer Wohnung als Müllhalde missbraucht und riechen tut es wie bei den Stones im Backstage-Bereich."
„Woher weißt du wie es bei den Stones im Backstage-Bereich riecht?", fragte er dumm.
„Halt die Klappe und räum lieber auf!"
Ich warf ein T-Shirt nach ihm, das bis eben neben mir über der Türklinge gehangen hatte. Leider verfehlte ich.
Er drehte sich auf den Bauch und zog sich das Kissen über den Kopf, während Lissy weiterschlief. Die weiße Bettwäsche hatte sie wohl als Abschminktuch missbraucht. Nur so konnte ich mit die braunen Flecken darauf erklären.
„Sam, komm schon! Ich will kein Ärger bekommen", flehte ich.
„Räum doch selbst auf, wenn du keinen Ärger bekommen willst!"
Ich hasste ihn für solche Kommentare. Er wusste, dass ich nicht gern Ärger von Mum bekam. Er war da deutlich lockerer. Wenn er von Mum mal eine gescheuert bekam, störte ihn das nicht wirklich. Mich traf jede Ohrfeige direkt ins Herz.
Wütend schmiss ich die Tür zu.
Ich begann in der gesamten Wohnung die Fenster aufzureißen. Ich schnappte mir die XXL-Mülltüten und stopfte den ganzen Müll dort hinein. Ich saugte, schob alle Möbel wieder an die ursprüngliche Stelle zurück und verteilte dann eine ordentliche Ladung Raumerfrischer im Wohnzimmer. Angeblich sollte dann alles wie eine Frühlingsbrise riechen. Mich erinnerte es eher an Frauen, die versuchten ihren Schweißgestank mit Parfum zu überdecken.
Ich hasste es, dass Aschenputtel der Familie zu sein, doch leider war das schon immer meine Aufgabe gewesen und aus irgendeinem Grund ließ ich es mit machen.
Als Mum gegen Mittag nach Hause kam, sah alles wieder blitzeblank aus. Würde ich hier nicht wohnen, würden hier schon Kammerjäger in Gefolgschaft von einem Kamerateam durch die Müllberge stapfen.
Als ich Mum sah, erschrak ich. Sie sah nicht gut aus. Sie war hackedicht. Ihre fettigen Haare hatte sie lose zu einem unordentlichen Dutt gebunden. Sie wankte und ihr Blick war wirr.
Scheiße.
Nicht schon wieder.
„Mum, alles in Ordnung?", fragte ich vorsichtig.
Sie sah zu mir.
„Sehe ich aus, als ging es mir gut?", raunte sie mich an.
Ich wusste, dass ich sie jetzt mit Samthandschuhe anfassen musste.
„Tut mir leid", entschuldigte ich mich kleinlaut.
Sie schnappte sich eine Flasche Wodka aus der Vitrine und ließ sich dann mit der Flasche aufs Sofa fallen. Meine Mutter hatte wunderbar schlanke Beine. Ihr Bauch war jedoch der eines Hängebauchschweins und so quietschte die Couch, als sie auf dem Sitzkissen landete.
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Broken Princess
RomanceWann hat deine Mutter aufgehört dich wie eine Prinzessin zu behandeln? Violett hatte nie eine unbeschwerte Kindheit, doch das hat sie davon abgehalten das Leben zu lieben. Sie ist gut darin, sich den Schmerz und die fehlende Liebe nicht anmerken zu...