11 - Gedemütigt

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Als ich die Haustür hinter mir zu machen, musste ich erst einmal tief durchatmen. Nie wieder würde ich auf Mels Worte hören! Nie wieder würde ich den ersten Schritt machen. Diese Peinlichkeit konnte ich mir wirklich ersparen.

Sollten die Männer doch mit dieser Blamage umgehen.

„Violett!", hörte ich meine Mutter aus dem Wohnzimmer rufen.

Ihr Tonfall machte mir Angst. Ich kannte diese Art, wie sie meinen Namen sagte und ich wusste, dass es nichts Gutes zu bedeuten hatte. Der Alkohol war wieder in ihrem Blut.

Ich sah zur Tür, die vom Flur zum Wohnzimmer führte. Sam kam raus und sah mich vielsagend an.

„Mach dich auf etwas gefasst!", warnte er mich vor und spätestens jetzt wusste ich, dass meine Angst berechtigt war.

Wenn er mich sogar warnte, musste es schlimm sein.

Sam verkroch sich in mein Zimmer. Ganz offensichtlich wollte er in den Streit nicht mit reingezogen werden.

Am liebsten würde ich einfach wieder umdrehen. Ich wusste, dass Marlo mich auch in seine Wohnung lassen würde und ich wahrscheinlich auch dort schlafen könnte. Doch irgendwann musste ich meiner Mutter eh unter die Augen treten. Ich konnte mich nicht ewig bei Marlo verstecken. Außerdem war der Korb, den er mir gerade gegeben hatte noch zu frisch. Ich musste mich wohl oder übel der Konfrontation stellen.

Langsam lugte ich ins Wohnzimmer hinein. Mum saß auf dem Sofa. Selbst aus drei Meter Entfernung konnte ich riechen, dass sie in den letzten Tagen um die Dusche wohl einen großen Bogen gemacht hatte. Ihre Haare waren so fettig, sodass man das Fett förmlich hätte herauspressen können.

Manchmal konnte ich wirklich nicht glauben, dass ich ihre Tochter sein sollte.

„Hey", sagte ich vorsichtig.

„Hey", kam es unterkühlt zurück. „Kommst du mal bitte her?" Sie sagte es nicht nett, auch wenn das Wort Bitte darin vorkam.

Nur widerwillig näherte ich mich ihr.

„Wie siehst du eigentlich aus?", fragte sie mit Blick auf mein Dirndelshirt.

„Lange Geschichte", würgte ich sie ab. Ich wollte ihr nicht von Marlo erzählen. Ich versuchte meine Mutter so gut es ging von allem, was mein Leben betraf, herauszuhalten. „Habe ich etwas falsch gemacht?"

Sie war aufgesetzt ruhig. Das war Fassade. Durch ihre Augen konnte ich die brodelnde Wut in ihre sehen.

„Überleg mal!", forderte sie mich auf und verschränkte die Arme.

Ich hatte keine Ahnung, was ich falsch gemacht hatte. Manchmal hatte ich nicht einmal etwas falsch gemacht und sie meckerte trotzdem.

„Ich weiß es nicht."

Sie würde es mir eh gleich sagen.

„Du weißt es also nicht?" Ich hasste dieses Psychospiel, das sie mit mir spielte. „Na dann komm mal mit."

Sie hievte ihre Fettmasse vom Sofa und ging zum Balkon. Die kalte Luft fegte in die Wohnung hinein. Sofort sah ich dort meinen Schuh liegen. Den Schuh, mit dem ich in den Kackhaufen getreten war.

„Die gesamte Wäsche hatte danach gestunken." Ihre Stimme wurde nun deutlich lauter und aggressiver.

Da lag also das Problem.

„Tut mir wirklich leid. Das war nicht mit Absicht. Ich hatte es eilig. Ich habe nicht daran gedacht, dass daneben die Wäsche hängt", versuchte ich mich noch irgendwie verzweifelt aus der Affäre zu ziehen.

Broken PrincessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt