29 - Ich könnte das Gleiche sagen

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„Hey Prinzessin."

Ich war keine Prinzessin. Dazu hatte mein Herz viel zu viele Risse. Prinzessinnen waren perfekt und ich war alles andere als perfekt. Aber diese Stimme zu hören, ließ für den Moment mein Herz wie das Diadem einer Prinzessin funkeln.

„Marlo?"

„Ich bin hier." Ich spürte seine Hand auf meine Wange und es fühlte sich so verdammt gut an. Ich könnte heulen vor Freude. Er war mein ein und alles. "Du bist im Krankenhaus."

„Was ist passiert?", fragte ich automatisch, ohne auch nur zu versuchen zu rekonstruieren, warum ich hier war.

„Man hat dich unterkühlt an einer Bushaltestelle gefunden", informierte er mich.

Dunkel kamen Erinnerungen zurück. Diese verdammte Bushaltestelle. Ich konnte mich erinnern, wie ich mich dort hingesetzt hatte, aber nicht, wie ich wieder gegangen war.

„Kommst du zu mir ins Bett?"

Kaum hatte ich es gesagt, begann er auch schon seine Schuhe auszuziehen. Dann legte er sich zu mir. Er küsste meine Stirn. Ich kuschelte mich an ihn. Ich versuchte so viel Körperkontakt wie möglich herzustellen. Er war so wunderschön warm. Und damit meinte ich nicht nur seinen Körper, sondern auch sein verdammt großes Herz.

„Sie schicken mich jetzt ins betreute Wohnen, oder?", flüsterte ich angsterfüllt und legte meine Wange an seine.

Mit ein bisschen Pech würden sie mich vielleicht auch in die Psychiatrie einweisen.

„Nein, du kannst bei uns wohnen", informierte mich Marlo zu meinem Erstaunen. "Dad hat sich die vom Jugendamt nochmal richtig zur Brust genommen. In drei Monaten bist du eh volljährig. Sie haben grünes Licht gegeben. Du kannst bei uns wohnen."

Diese Aussage hatte etliche Freudentränen zur Folge. Das bedeute, dass das endlich ein Ende hatte. Überschwenglich küsste ich Marlo.

„Ich hab doch gesagt, dass alles gut wird", flüsterte er mir ins Ohr und lächelte dabei.

„Aber die meinten zu mir, dass ich ins betreute Wohnen muss", schluchzte ich. "Deshalb bin ich da weggelaufen."

„Ich weiß", sagte er sanft und kreiste verträumt mit seinem Finger über meinen Arm. "Das haben sie uns auch gesagt, aber wir haben das nicht akzeptiert. Du musst da nicht hin. Dad hat alles daran gesetzt, damit du das nicht musst. Du kannst so lange wie du willst bei uns wohnen bleiben. Niemand wird dir je wieder etwas Böses wollen."

Ich umschlang seinen Körper so fest ich konnte.

„Ich will dich nie wieder gehen lassen."

Er lachte. Marlo hatte das schönste Lachen in diesem Universum.

„So schnell wirst du mich auch nicht los", scherzte Marlo."Wir wohnen jetzt nämlich zusammen und das sogar ganz offiziell."

"Ich weiß nicht, wie ich euch danken. Ich glaube, du weißt gar nicht, wie viel mir das bedeutet."

Er schmunzelte. Marlo hatte nicht einmal den Hauch einer Ahnung, wie sehr er mein Leben verändert hatte. Als ich ihm im Fahrstuhl zum ersten Mal begegnet war, hätte ich nie gedacht, dass ich diesen Jungen einmal so viel zu verdanken hatte.

„Wir ziehen sogar um", sagte er leise.

Ich starrte ihn an.

„WAS? Wegen mir?"

„Naja, das war die Bedingung vom Jugendamt. Du brauchst ein eigenes Zimmer. Außerdem fände ich es eh nicht gut, wenn du direkt neben deiner Mutter wohnst. Es ist besser so."

Ich schüttelte den Kopf.

„Ich will nicht, dass ihr wegen mir solche Umstände habt. Das kostet doch auch alles Geld. Ihr seid doch gerade erst in die neue Wohnung gezogen. Ich kann euch kaum etwas geben."

Marlo lächelte leicht.

„Mach dir um Geld keine Sorgen. Schon vergessen, dass meine Mutter Ärztin ist? Die verdienen Geld wie Heu und meine Mutter hat mir versprochen, dass sie uns unterstützt. Sie will dir auch helfen. Schließlich will sie nicht, dass ihr Sohn unter einem gebrochenen Herzen leidet, denn das kann sie nicht heilen."

Ich nahm eine Locke von Marlo zwischen meine Finger und zwirbelte sie verspielt. Ich sah ihm dabei verliebt in die Augen.

„Du bist wirklich das Beste, was mir je passiert bist, weiß du das?"

„Ich könnte das Gleiche zu dir sagen."


Broken PrincessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt