Es blieb nicht bei dem einen Mal, bei dem Mum die Flasche ansetzte. Sie tat es immer und immer wieder. Gleichzeitig rasselte ich in einem Test nach dem anderen durch. Marlo gab sein bestes beim Lernen zu helfen, doch sobald der Test vor mir lag, war das meiste Wissen verschwunden. Wenn ich gut war, schaffte ich eine drei, meistens wurde es doch nur eine vier, manchmal auch eine fünf.
Ich fühlte mich wie eine Versagerin. Mel lernte gar nicht, schrieb aber eine eins nach der anderen. Fair war das nicht, aber was war schon fair in diesem Leben?
Doch heute wollte ich davon abschalten. Es war der erste Advent und unsere Schule hatte die Tradition, dass wir an jedem ersten Advent einen Adventsball veranstalteten. Alle Mädchen steckten sich in schöne Kleider und quälten sich in hohe Schuhe.
Mein schönstes Accessoire war jedoch Marlo, den ich das erste Mal, in einer schwarzen Stoffhose und einem weißen Hemd sah. Er sah gut aus.
Wir hatten eine große Aula, die nun in einen kleinen Tanzsaal umgebaut worden war. Es gab Bowle, die offiziell alkoholfrei war. Allerdings wussten selbst die Lehrer, dass das nicht der Fall war.
Mel hatte sich Josh als Date geangelt. Er war ein lustiger Typ, der aber den Hang hatte sich stets in die Scheiße zu reiten. Seine roten Haare standen wie Flammen in alle Richtungen.
„Kannst du tanzen?", fragte ich Marlo, als die Musik begann zu spielen.
Er biss sich auf die Unterlippe und schüttelte den Kopf.
„Nein, aber das hält mich nicht ab, es trotzdem zu tun."
Ich legte meine Arme um seinen Hals. In kleinen Schritten bewegten wir uns über den Boden. Er trat mir nicht einmal auf die Füße. Und als Musiker hatte er eh Rhythmusgefühl. So schlecht stellte er sich gar nicht an.
„So schlecht tanz du doch gar nicht."
Er lächelte.
„Danke, solange ich etwas hab, an das ich mich festhalten kann, geht es."
Ich kicherte.
Wir verbrachten erstaunlich viel Zeit auf der Tanzfläche. Leider wurde die Luft immer stickiger. Wir flüchteten auf den Schulhof, um ein bisschen frische Luft zu schnappen. Die Kälte tat gut. Mel und Josh gesellten sich zu uns.
„Sag mal Mel, kann es sein, dass du schon ein bisschen zu tief ins Glas geguckt hast?", fragte ich und musterte ihre wankende Statur.
Sie grinste. Ich kannte ihren besoffenen Gesichtsausdruck nur zu gut.
„Ein bisschen vielleicht", gab sie zu. „Du solltest dir vielleicht auch mal ein Gläschen gönnen!"
„Ich trinke nicht", sagte ich entschieden. "Das weißt du."
Der Vollsuff vom September war mir noch sehr präsent. Ich wollte nicht wie meine Mutter enden und deshalb würde ich mich von Alkohol auch fernhalten.
„Dann würdest du aber auch ein bisschen lockerer werden", entgegnete sie und stützte sich bei Josh ab.
Ich hasste es, wenn Mel betrunken war. Sie kannte dann keine Hemmungen mehr und laberte, ohne Punkt und Komma.
Marlo hatte seine Hand um meine Hüfte gelegt.
„Ich bin locker", zischte ich in Mels Richtung.
„Und wie locker du bist", zog sie mich sarkastisch auf. „Wie lange seit ihr jetzt schon zusammen? Bald zwei Monate, oder? Und du hast ihn immer noch nicht rangelassen!"
Oh mein Gott.
Das hatte sie jetzt nicht gesagt? Bitte lass mich halluzinieren!
Würde ich blasse Haut haben, könnte man nun mein feuerrotes Gesicht betrachten. Doch da meine Haut dazu zu dunkel war, konnte man sie aber trotzdem glühen sehen.
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Broken Princess
RomanceWann hat deine Mutter aufgehört dich wie eine Prinzessin zu behandeln? Violett hatte nie eine unbeschwerte Kindheit, doch das hat sie davon abgehalten das Leben zu lieben. Sie ist gut darin, sich den Schmerz und die fehlende Liebe nicht anmerken zu...