Kapitel 2 - Magie

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London, 24.08.2015

Der Regen prasselte laut auf den grauen Asphalt. Ich schaute gelangweilt und natürlich traurig aus dem Fenster des schwarzen Autos hinaus auf die verregnete Landstraße.
Vor ungefähr einer Stunde hatte ich mich mit vielen Umarmungen und Tränen von meinen Freunden verabschiedet, die glücklicherweise spontan Zeit für mich hatten. So sehr ich es wollte, ich durfte ihnen nicht genau erzählen, wo ich hingehen würde, nur, dass es ein Internat war. Meine schlechten Noten seien der Grund dafür.
Ich würde sie nur noch selten sehen.

'Elements Academy'...pffftt.
Was für ein Schwachsinn!

Und nun hatte es auch noch angefangen zu regnen. Ich hasste Regen.
So wie ich im Moment alles hasste.
Ich meine, da schiebt einen die eigene Mutter so mir nichts dir nichts auf eine Akademie ab?!

Kurz bevor ich und dieser Mr. Low losgefahren waren, kam sie von ihren Besorgungen aus der Stadt zurück.
Sie hatte mir mit den Worten "Das wirst du brauchen", eine große weiße Tüte in die Hand gedrückt und sich dann von mir verabschiedet.
Auch,  wenn ich momentan sauer auf sie war, wusste ich, dass sie mir fehlen würde.

Nun lag diese Tüte neben mir und ich war mittlerweile ziemlich neugierig, was sich wohl in ihr befinden könnte.
Bisher hatte ich einfach vergessen sie aufzumachen.
Mr. Low musste gesehen haben, wie ich die Tüte musterte, denn nun sah er mich durch den Rückspiegel mit seinen stahlgrauen Augen abwartend an.
"Na los, mach schon auf", sagte er. "Es beißt schon nicht!"

Zögernd zog ich die Tüte zu mir und lugte vorsichtig hinein.
Keine Ahnung, was ich erwartet hatte. Vielleicht ein um sich schlagendes Kleintier oder so.
Aber als ich in die Tüte sah, stachen mir nur ein paar Stifte und Blöcke in die Augen.
Enttäuscht stellte ich sie wieder neben mich.
Es waren normale Schulsachen!
Irgendwie hatte ich etwas, nun ja, Magisches erwartet.
Immerhin sollte ich ja 'Besonders' sein.

Ich wandte mich Mr. Low zu.
"Also, wenn schon der Inhalt der Tüte keine Auskunft über die Akademie oder sonst was liefert, können Sie das doch bestimmt, oder?", fragte ich hoffnungsvoll.

Auf Mr. Lows Gesicht breitete sich ein Grinsen aus. "Da ist aber jemand neugierig", schmunzelte er.
"Ja, wären Sie es denn nicht?", fragte ich leicht überrascht.
"Doch. An meinem ersten Tag an der Akademie hätte ich mir fast ins Hemd gemacht", lachte er.
"Das heißt, Sie waren dort auch mal Schüler?"
"Oh ja, natürlich! "
"Dann erzählen Sie mir doch endlich was über diese Schule. Warum heißt sie 'Elements Academy' und warum meinen alle, sie sei für besondere Kinder?"

Und so fing Mr. Low endlich an zu berichten.
"Das mag dir jetzt seltsam vorkommen, aber die vier Urelemente gibt es wirklich.
Und es gibt Menschen, die eines dieser Elemente beherrschen können.
Ich zum Beispiel bin ein Luft-Element, das heißt, dass ich die Luft kontrollieren kann.
So habe ich die Kraft zu fliegen, andere Dinge schweben zu lassen oder mich unsichtbar zu machen.

Es existieren allerdings auch noch Feuer-Elements, Wasser-Elements und Erd-Elements.
Diese beherrschen dann andere Fähigkeiten.
Die 'Elements Academy' ist eine Akademie für diese Menschen. Die meisten sind in deinem Alter, nicht jünger.
Das liegt daran, dass man in diesem Zeitraum feststellt, ob jemand ein Element ist, oder nicht.
Auf dem Internat werdet ihr dann unterrichtet; in normalen Fächern wie Mathematik und Englisch. Allerdings fallen Fächer wie Kunst oder Religion weg.
Dafür gibt es dann die Fächer Kampftraining und Elementenkunde."

Okay...
Jetzt musste ich erstmal schlucken.
Das waren ziemlich viele Informationen auf einmal.

Ok, Reyna. Du musst jetzt einen klaren Kopf behalten.
Du bist also eine Element.
Schön.
Du kommst auf ein Internat, wo nur Leute mit übernatürlichen Kräften rumlaufen.
Auch schön.
Mr. Low kann fliegen...
...ich glaub, ich dreh' hier gleich durch!

"Und das soll ich Ihnen glauben?", fragte ich skeptisch, obwohl ich die Antwort schon kannte.
"Natürlich", Mr. Low klang leicht überrascht.
"Dann beweisen Sie doch mal, dass es so etwas wirklich gibt", erwiderte ich siegessicher und dachte, ich hätte ihn entlarvt.
Nun würde sich herausstellen, dass dies hier alles nur ein übler Scherz meiner Mutter war.

Doch als plötzlich ein Ruck durch das ganze Auto ging, schrie ich entsetzt auf.
Das Auto schwebte, mit uns als Insassen, circa einen Meter über dem Boden.
"Was...Wer...Wie... ", stotterte ich perplex, völlig unfähig etwas Sinnvolles von mir zu geben.
"Tja", gab der Luft-Element amüsiert von sich. "Du siehst, es gibt sie - die Magie."

"Ab-ber, müsste uns nicht jemand sehen?", fragte ich, während ich immer noch aus dem Fenster starrte. "Die Leute werden einen Herzinfarkt bekommen und ich werde das ganz sicher nicht verantworten!"

"Wo soll uns denn hier jemand sehen?", lachte Mr. Low.
Ich schaute aus dem Fenster und tatsächlich. Hier konnte uns wirklich niemand sehen.

Wir waren mitten  im Herzen eines dichten Waldes.
Hohe, knorrige Bäume ragten rechts und links von uns in den Himmel und ihre dichten Kronen ließen kleine Schattenflecken auf dem Waldweg, über dem wir schwebten, erscheinen. Die Sonnenstrahlen tauchten die Natur in ein goldenes Licht.
"Ja, ok. Sie haben gewonnen", gab ich mich geschlagen.

Die restliche Autofahrt verbrachten wir schweigend.
Ich würde zu gerne wissen, welches Element ich kontrollieren konnte.
Zudem war meine Abgewandtheit gegenüber der Akademie einer gewissen Neugierde gewichen.

Zum Glück dauerte es aber nur weitere 30 Minuten, bis sich der Wald vor uns lichtete und wir über einen weißen Kieselweg auf ein hohes Gebäude zufuhren.

The Elements Academy - A New DawnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt