Calum:
Es war erst zehn Minuten vor acht, also befanden sich auch dementsprechend so viele Schüler in dem Klassenzimmer... Nämlich knapp ein Drittel der gesamten Klasse und das war eigentlich schon immer so um diese Uhrzeit und das änderte sich von Schuljahr zu Schuljahr nicht wirklich und mich wunderte es ehrlich gesagt selbst, dass ich jetzt schon überhaupt in der Klasse war, da ich sonst immer der bin, der zu spät kam.
Tatsache, dass ich in letzter Zeit so pünktlich bin, liegt wohl erstens, dass ich einen besten Freund habe, der ein ziemlicher Streber ist und deswegen immer pünktlich im Unterricht sein möchte und dann noch einen ziemlich nervenden Typen, der demnächst mein Stiefbruder sein wird, aber ersteres würde ich sagen ist wohl der eheste Grund dafür.
Es verging einige Zeit und genau eine Minute, bevor es überhaupt zum Anfang der Stunde klingelte, flitzte auch Cassie Stevens, die Klassenstreberin, in den Biologiesaal hinein und setzte sich auf ihren Platz in der ersten Reihe auf unserer Seite. Eine typische Streberin und trotzdem kommt sie immer knapp vor dem Unterricht, dass verstand ich eigentlich nie und vor allem auch die Tatsache, dass sie Lukes Freundin ist, gruselt mich auch irgendwie.
Zu letzterem will ich gar nichts beisteuern, da sich dieses Thema sowieso nur in die Länge ziehen würde und sich danach eh nichts bringen würde. In diesem Augenblick ertönte auch schon die Schulglocke und die letzten kamen noch schnell in die Klasse hineingerannt und setzten sich rasch auf ihre Plätze und die, die auf derselben Seite saßen wie Michael, versuchten aufzupassen, dass sie nicht über Michaels Beine stolperten.
Nachdem schließlich auch der letzte Schüler in den Raum hineingelaufen ist, kam auch schon bereits unsere Biologieprofessorin Ms Johnson, eine Lehrerin, die man zwar gut leiden konnte, aber die immer dann auf komische Ideen kommt, wenn man es erst recht nicht erwartet. Sie kam also in die Klasse hinein, legte ihre Sachen auf den Lehrertisch, ging danach um diesen herum, lehnte sich an diesen und sagte dann auf einmal mit einem Lächeln im Gesicht, was so manchen hier in dem Raum Angst machte: „Meine Lieben, ich habe euch etwas Wichtiges mitzuteilen und ich würde gerne eure Aufmerksamkeit deswegen auf diese Sache richten und nicht auf das, was ihr jetzt auch immer macht."
Wie ich es mir erwartet hätte, fragte Michael sie: „Und mit was wollen sie uns diesmal foltern?" Ich sank immer tiefer in meinem Sessel, wäre lieber gleich in den Erdboden versunken, während die anderen Michael wie immer mit einem leicht verwirrten Blick anstarrten, Luke dagegen den Kopf schüttelte und Ms Johnson so zivilisiert, wie es nur wirklich ging, aber dennoch mit einem leicht genervten Ton antwortete: „Als ob ich nicht gleich gewusst hätte, dass du das fragst Michael, denn ich bin mir sicher, dass dich dieses Thema sicher interessieren wird."
Jetzt hat sie es ihm wirklich gezeigt und ehe ich etwas fragen konnte, kam mir schließlich Cassie zuvor und fragte: „Was wollen Sie dieses Mal mit uns machen, Ms Johnson?" „Gut, das du mich fragst Cassie. Wir werden diesen Freitag eine Ausstellung besuchen, die sich hauptsächlich auf den menschlichen Körper spezialisiert, da wir das Thema ‚Mensch' ja momentan jetzt im Unterricht durchnehmen", antwortete Ms Stevens schon fast zuckersüß. Während alle anderen mit einem gelangweilten Blick Richtung Tafel blickten, Luke und Cassie sich über das Thema sichtlich freuten, versuchte ich gerade irgendwie damit klarzukommen, dass Michael jetzt dank unserer Biologieprofessorin endlich die Klappe hält. Konnte dieser Tag noch besser bzw. schlechter werden?
Diese Frage würde ich bereuen, denn dann sagte auf einmal Ms Johnson: „Ihr werdet dann am Freitag in Vierer-Gruppen gesplittet, damit wir bei der Führung eine leichtere Übersicht haben, falls jemand verloren geht." Okay, das regte mich nicht wirklich sonderlich auf, doch das darauffolgende, was sie sagte, ließ mich aufhorchen. Zunächst sagte Ms Johnson nur wahllos irgendwelche nacheinander, die auf einem Zettel standen, bis sie schließlich zur letzten Gruppe kam. „Also, in dem letzten Quartett befinden sich Luke, Cassie, Calum und...", sagte sie, denn ich wusste bereits schon welchen Namen sie als letztes vorlas. „Michael", fügte Ms Johnson hinzu.
Meine Augen vergrößerten sich. Meint die das jetzt etwa ernst oder was? Ich bin jetzt also in der Gruppe mit Michael am Freitag? Beruhig dich doch mal Calum, das ist nur am Freitag, sonst siehst du wirst du ihn nur noch dann an der Backe haben, wenn eure Eltern erst einmal verheiratet sind. Als ob mich das beruhigt... Das klingt eher negativ als positiv. Wieso muss das Ms Johnson mir ausgerechnet antun? Solche Sachen passieren eigentlich immer nur mir. Verdammt, verdammt.
Luke drehte sich in diesem Moment zu mir rüber und sagte: „Na, sieht wohl so aus, als ob du Michael wohl den ganzen Ausflug am Freitag an der Backe hast." Ich blickte ihn zunächst verdutzt an und grinste ihn dann auf einmal sarkastisch an: „Du und Cassie auch." „Ja und? Du wirst ihn den Rest deiner High School Zeit bei dir zuhause hocken haben, während ich das nicht ertragen muss... Also wer gewinnt jetzt?", meinte Luke sarkastisch. Ich schmollte. Stimmt, er hatte recht, wohl oder übel. Mein Leben verwandelte sich in diesem Moment augenblicklich in die Hölle. Wie toll.Michael:
Als Ms Johnson sagte, dass ich am Freitag beim Ausflug mit Calum in einer Gruppe sein werde, war ich alles andere als begeistert. Wie kam diese Lehrerin nur auf die Idee mich und ihn in eine Gruppe zu stecken? Kann mein Leben nicht einmal positiv verlaufen? Lieber wäre ich jetzt aufgestanden und hätte ihr gerne meine Meinung gesagt, doch stattdessen hielt ich meinen Mund und beobachtete von meinem Platz aus, wie Calum und Luke über irgendetwas redeten.
Anscheinend war es ihm wohl auch alles andere als recht, dass er mit mir in der Gruppe ist am Freitag, jedoch war es bei ihm sicher schlimmer als bei mir jetzt im Moment, denn während er mich vollkommen nicht leiden konnte, war ich der Ansicht, dass ich ihn zwar nicht leiden konnte, ihn aber dennoch auf irgend eine Weise trotzdem mochte. Also sozusagen das komplette Gegenteil von ihm. Ja genau, das war ich. Ich würde sogar in der Zukunft zugeben, dass ich nicht so bin, wie ich wirklich bin. Beliebt bin ich zwar und Mädels schmeißen sich direkt auf mich und wollen mit mir zusammen sein, da ich einfach so gut aussehend bin, was ja alles stimmen mag, aber trotzdem bin ich nicht selbstverliebt, ich mein was denkt sich Calum dabei? Ich bin nicht SELBSTVERLIEBT. Wie jeder normale Mensch hab auch ich ein Geheimnis.
Ein Geheimnis, was nicht einmal mein Dad weiß und mit dem ich mich mittlerweile selbst abgefunden habe... Letztes Jahr hätte ich nie im Leben zu mir selbst gesagt, dass ich das bin, doch jetzt weiß ich, dass es nichts Schlimmes ist, dass man so ist. Ich gebe es mittlerweile selber zu, habe es aber bis jetzt noch mit niemanden darüber gesprochen, denn wer würde dann mit mir bitte abhängen danach?
Das Geheimnis, welches ich schon seit ziemlich langer Zeit behüte, ist dass ich, naja, nun mal auf Jungs stehe. Um es kurz zu sagen... Ja, ich bin schwul und ich würde es jederzeit sagen, jedoch würde ich es erst dann sagen, wenn ich dafür wirklich bereit dazu bin und in den letzten 12 Monaten habe ich mich nicht wirklich getraut, das wirklich zuzugeben, dass einzige, was andere von außen bemerken, ist dass ich nun mal ziemlich oft mich im Spiegel bewundere.
Was nicht deswegen kommt, weil ich eitel und selbstverliebt bin, sondern einfach nur kurz gesagt schwul bin und mir selbst stehe, aber noch nicht dazu bereit bin, es irgendjemanden vertraulich zu sagen, weder meinem Dad, meiner baldigen Stiefmutter oder Stiefschwester. Von Calum möchte erst recht nicht reden, der würde es mir so oder so nicht abkaufen.
Denk ich mir zumindest. Während des gesamten Unterrichts schwirrten nur diese Sachen in meinem Kopf herum und ich konnte mich nicht wirklich auf den gesamten Unterricht konzentrieren, was ich eigentlich ehrlich gesagt nie tat, trotzdem aber immer wieder jede Klasse schaffte, ohne überhaupt etwas dafür zu tun.
Als es schließlich zum Ende der Stunde klingelte und die meisten bereits schon aufgestanden und aus dem Biologieraum gegangen sind, stand ich auch so schnell wie nur möglich raus und ging in geschwinden Tempo direkt aus dem Raum hinaus und versuchte darauf zu achten, dass mich mein nerviger Stiefbruder in spe nicht aufhielt.
An meinem Spind angekommen, gab ich meine Bio-Sachen direkt in den Spind und holte direkt die Sachen für die nächste Stunde, nämlich Geschichte, hinaus und schmiss den Spind zu, jedoch als ich mich gerade um drehte und zu der Klasse gehen wollte, in der wir Geschichte hatten, stand auf einmal Cassie Stevens, die Streberin der Klasse und zugleich auch die Freundin von diesem Luke direkt vor mir.
Ich starrte sie nur verwirrt an und wusste nicht, wie ich jetzt eigentlich reagieren sollte, bis sie schließlich sagte: „Also, wie du mitbekommen hast, wirst du am Freitag bei dem Ausflug mit meinem Freund und deinem baldigen Stiefbruder in einer Gruppe sein. Deswegen wollte ich dich nur kurz aufklären, wie du dich am Freitag zu verhalten hast..." Bei den letzten Worten legte ich meinen Kopf schief. „Ähm, wie bitte?", fragte ich und tat so als ob ich es nicht verstanden hätte und fragte mich erst gar nicht, woher die Schnepfe wusste, dass Calum bald mein Stiefbruder sein würde.
Ich bemerkte auch schon, wie Luke kam und sich direkt neben sie stellte. „Hey Cas, hast du Michael schon erklärt, dass er sich nicht so wie ein Depp aufführen soll am Freitag?", fragte er sie und legte dabei einen Arm um ihren Hals. „Das wollte ich gerade", antwortete sie und wendete sich dabei wieder an mich. „Nur damit es klar ist, du...", wollte sie sagen, ehe ich eine Hand vorhielt und meinte: „Danke, ich hab verstanden, auf was ihr hinauswollt."
Darauf drehte ich mich von den beiden weg und ging in einem so schnellen Tempo zur nächsten Klasse, in der wir Geschichte hatten und hoffte, dass die beiden nicht auf die Idee kamen, mich weiter damit zu nerven. Na toll, die Streber wollen mich zu Vernunft bringen... Was kommt denn bitte noch als nächstes?
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𝐒𝐭𝐞𝐩𝐛𝐫𝐨𝐭𝐡𝐞𝐫?!(𝐌𝐚𝐥𝐮𝐦 𝐅𝐅)
FanfictionCalums Leben ist nicht gerade das, was man als perfekt bezeichnen könnte. Doch als ihm seine Mom erzählt, dass sie wieder heiraten möchte nach der Scheidung, ist er alles andere als begeistert. Vor allem deswegen, weil der wohl selbstverliebteste...