2: Lia

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2 Wochen später

Lia PoV

Und wieder lag ich im Krankenhaus, weil ich sogar zu dumm war um mich umzubringen. Musste dieser Nachbars Typ denn auch unbedingt vorbeikommen? Musste ich denn unbedingt die Tür öffnen?
Ich war wirklich zu nichts zu gebrauchen.. Aber ich würde es zu Hause einfach wieder probieren. Solange, bis es endlich klappt.
Dafür musste ich nur noch Dad überzeugen, mich nicht wieder in eine dieser schrecklichen Kliniken zu stecken. Ich meine, die letzten drei Male haben auch nichts gebracht, warum sollte er sein Geld schon wieder für sowas rauswerfen? Früher oder später - am besten früher - werde ich sowieso nicht mehr hier sein.
In dem Moment betrat endlich ein Arzt mein kleines Zimmer. Er würde entschieden, ob ich hier endlich raus kommen würde. Ich hasste Krankenhäuser nunmal.
"Guten Morgen, Ms..."  Er blätterte in meiner Akte. Wow, wie aufmerksam.
"Ah genau, Lia."
Ich nickte. Ich wollte doch einfach nur hier raus.
"Wir haben gestern lange mit deinem Vater gesprochen und sind letztendlich zu dem Entschluss gekommen, dich nach Hause gehen zu lassen. Du musst auch erstmal nicht in besondere psychiatrische Behandlung, was wirklich ausgesprochen unvernünftig ist, aber leider die Entscheidung deines Vaters.
Naja, wenn dein Vater dich heute Nachmittag abholt musst du unbedingt daran denken mindestens zweimal täglich deine Verbände zu wechseln und gleichzeitig die Wunden zu säubern. Außerdem kann es ein paar Tage dauern, bis du deine Kräfte wieder vollständig zurück gewinnst, also geh es langsam an, ja?
Und das aller wichtigste, such dir Hilfe Lia, bitte."
Nach seinem Redeschwall schaute ich den Arzt nur verwirrt an. Hatte er meine Akte nichtmal gelesen? Ich wusste was ich tun musste, leider.
Und Hilfe? Das brachte doch alles nichts. Ich war bereits in drei verschiedenen 'psychiatrischen Behandlungen' und trotzdem lag ich hier. Aber er hatte ja leicht reden, er hatte auch keine Depressionen.
Er sollte mich einfach in Ruhe lassen, deshalb nickte ich.
Daraufhin verließ mein ach so fürsorglicher Arzt tatsächlich den Raum und ließ mich wieder allein hier rumliegen.
Wenigstens konnte ich heute endlich wieder nach Hause. Ich musste nur eine Standpauke von meinem Vater ertragen, dann konnte ich wieder tun und lassen was ich wollte.

Mein Vater war dieses Mal sogar extrem ruhig gewesen. Nur eine einzelne Träne rollte über seine Wange. Ansonsten beachtete er mich gar nicht erst.
Ich war für ihn wohl endgültig gestorben.
Aber was wollte ich machen, das war doch irgendwo mein Ziel, zu sterben.
Es tat weh meinen Vater so zu sehen, doch ich war es gewohnt. Ich machte nie etwas richtig. Ich verletzte doch eh nur alle.
"Steig bitte aus, ich muss zurück zur Arbeit, Lia."
Ich nahm meinen Rucksack an mich und verließ das teure Auto meines Vaters. Es war doch so klar gewesen, dass seine Arbeit wieder wichtiger war als ich. Man konnte es ihm nicht einmal übel nehmen, wer mochte schon jemanden wie mich? Ich war nichts.

Da ich keine Lust hatte Heim zu gehen beschloss ich meinen 'Lebensretter' einen Besuch abzustatten.
Ich wollte nur allzu gerne wissen, wer mich davon abgehalten hatte und vor allem warum.
Vielleicht wollte er nur Milch oder Zucker ausleihen. Oder er wollte einfach ein wenig quatschen.
Auf jeden Fall konnte ich mir nicht vorstellen, dass es etwas wichtiges war. Etwas wofür sich dieser ätzende Krankenhausaufenthalt gelohnt hätte.
Immer noch in meine Gedanken vertieft überquerte ich die Straße und begab mich weiter zu seinem Haus. Ich war mir nichtmal sicher, ob es das richtige Haus war, aber ich hatte so ein Gefühl... Klingt komisch, ich weiß. Aber nur ein paar Sekunden später wurde eben dieses Gefühl dann bestätigt.
Der Lebensretter höchstpersönlich stand vor mir.
"Lia?" Er klang überrascht, aber auch irgendwie erleichtert. Vielleicht hätte er nicht damit gerechnet, dass ich überleben würde. Oder er hatte jemand anderen erwartet?
"Jap, hattest du jemand anderen erwartet?"
Er nickte.
"Niemand besonderen. Ich bin übrigens..."
"Stegi." Hauchte ich. Natürlich hatte ich die Stimme meines Lieblingsyoutubers erkannt. Ich kannte seine Videos beinahe auswendig und so eine Stimme hörte man nicht besonders oft.
Der Junge nickte wieder einmal. Er schien zu überlegen was man in so einer Situation tat. Letztendlich entschied er sich so zu tun als wäre es nichts besonderes, dass ich quasi sein größter Fan war.
"Möchtest du vielleicht reinkommen?" Fragte er dann. Wobei er sich ein, zwei mal paranoid umschaute.
Dieses Mal war ich es die leicht nickte.
Ein schwaches Lächeln umspielte seine Lippen als ich über die Schwelle trat. Stegi führte mich dann nach oben, in sein Zimmer.
Es war recht klein und ziemlich einfach eingerichtet. Unter dem einzelnen Fenster stand ein Bett mit einem kleinen Tischlein, daneben sein Schreibtisch und der Schrank auf der anderen Seite des Raumes. Es war zudem ein wenig unaufgeräumt, doch ich fühlte mich seltsam wohl hier.
Nun deutete er mir mich auf sein Bett zu setzen. Er selbst nahm auf seinem Schreibtisch Stuhl Platz, rollte sich aber zu mir hinüber.
"Chips?" Fragte er, dabei drückte er mir die Tüte beinahe ins Gesicht. Mir wurde schon beim Geruch dieser widerlichen, fettigen Dinger schlecht.
"Nein, danke." Ich schüttelte leicht den Kopf ehe ich meinen Blick erneut durch sein Zimmer schweifen ließ.
Dieses Mal blieb er an einem Poster hängen, einem Poster von Chrissy Costanza.
"Wow." Entfuhr es mir, "Damit hätte ich nicht gerechnet."
"Damit wahrscheinlich auch nicht." Er deutete auf ein Bild von seinem Minecraft Skin und Tim's. Es war kein Stexpert- Bild, aber es war ein Bild von Tim's und Stegis Minecraft Skins.
"Hast du das gemalt?"
Er nickte.
"Richtig gut! Du hast voll Talent."
"Dankeschön.." Stegi sah mich leicht beschämt an und wurde Knall rot. Wie süß.
"Alsoo.. Warum bist du jetzt eigentlich her gekommen?"
Ich bemerkte zwar wie Stegi versuchte vom Thema abzulenken, ging aber darauf ein:
"Ich wollte nur mal fragen, warum du damals eigentlich rübergekommen bist."
"Oh..." Er wurde plötzlich noch röter, "Ist nicht so wichtig."
Natürlich hätte ich es gerne gewusst, doch ich akzeptierte seine Entscheidung. Wenn er nicht darüber reden wollte musste er es auch nicht.
Ich lächelte nur leicht und ließ somit eine peinliche Stille entstehen.
Im Nachhinein könnte ich mich dafür ohrfeigen, denn dieser schreckliche Moment wurde erst von der Türklingel unterbrochen.
Stegi zuckte zusammen:
"Oh nein!" Er sprang vom Stuhl auf und begann hektisch, nein panisch, hin und her zu laufen. Ich hörte ihn immer und immer wieder "Bitte nicht.." flüstern.
Doch plötzlich blieb er stehen:
"Lia! Du musst gehen! JETZT!" Stegi war wie ausgewechselt. Der ruhige, schüchterne Junge schrie mich nun zynisch an. Ich konnte es kaum beschreiben, doch es war wirklich als würde ein anderer Stegi vor mir stehen. So nervös und aufgekratzt, panisch.
"Ich muss hier weg... Lia, wir müssen hier weg! SCHNELL!"
"Wenn du willst können wir zu mir gehen, da ist niemand und es wird auch nicht so schnell jemand kommen."
Stegi packte mich fest am Handgelenk und zog mich immer noch nicht ganz bei Sinnen aus dem Zimmer.
Vor irgendetwas hatte der Junge große Angst und ich wollte nicht unbedingt wissen was es war.

It's hard enough to save one life » Stegi.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt