*POV Stegi*
Das nächste Mal, als ich die Augen öffne, scheint mir die Sonne bereits ins Gesicht. Mit gemischten Gefühlen erinnere ich mich an die vergangene Nacht. Auf der einen Seite meine Ängste, aber auf der anderen Seite auch Tim und der Kuss. Bei letzterem muss ich wieder leicht lächeln und ein Gefühl der Geborgenheit umgibt mich.
Als hätte Tim erahnt, dass ich soeben aufgewacht bin, kommt er nun, mal wieder mit seinem Sonnenscheingrinsen, in das Zimmer. „Morgen, Stegobert." „Man Tiiiiiimiiii, du weißt genau, dass ich den Namen hasse. Dennoch dir auch einen guten Morgen.", erwidere ich gespielt empört aber trotzdem lachend, weil sein Strahlen echt ansteckend ist. Wie jeden Morgen setzt er sich mit zwei Kaffeetassen bewaffnet neben mich und überreicht mir eine davon. Relativ stillschweigend trinken wir unseren Kaffee, nachdem wir uns entspannt in die Sofapolster gelehnt haben. Der Kaffe und Tims Gesellschaft lassen mich meine Sorgen beinahe vergessen. Beinahe...
„Wir müssten dann auch bald packen, ich möchte möglichst nicht so spät fahren und deine Mutter will sicherlich auch nicht, dass wir erst nachts ankommen." Dieser Satz bringt mich wieder zurück in die Realität und erinnert mich an die Heimfahrt. Dann wird Schluss sein mit der entspannten Zweisamkeit. Zustimmend brumme ich, gefolgt von einem Seufzen, woraufhin ich einen fragenden Blick seinerseits kassiere. „Ich würde einfach so gerne hier neben dir sitzen und nicht an ein Ende denken müssen. Ich weiß, dass ist lächerlich, aber ich kann eben nichts mehr machen, ohne, dass ich mich daran erinnere, dass es das letzte Mal sein könnte. Ach, ich weiß doch auch nicht." Tim nimmt meine Hand in die seine, schweigt aber weiterhin. Und mal wieder bewundere ich ihn dafür, dass er genau das Maß an Beistand liefert, was ich brauche. Worte wären in diesem Moment einfach zu viel und aus irgendeinem Grund scheint auch Tim das zu wissen. Andererseits...was sollte er auch sagen? Mir zu widersprechen hätte keinen Sinn, immerhin wissen wir beide, dass es keine Hoffnung mehr für mich gibt. Und mir zu sagen, dass ich den Gedanken unterdrücken soll, hilft auch nicht. Langsam streichelt er mit seinem Daumen über meinen Handrücken, bis wir beide unsere Tasse ausgetrunken haben. Tim behält meine Hand in seiner und zieht mich behutsam hoch. Besonders in den letzten beiden Tagen habe ich besonders gemerkt, dass ich immer und immer schwächer werde. Und so, wie ich Tim kenne hat er es sogar noch vor mir bemerkt. Als wir beide sicher stehen, lässt er meine Hand los und wir gehen in die Küche um zu frühstücken. Tim befiehlt mir, mich an den Küchentisch zu setzten, während er das Essen zubereitet und nach kurzen, eher schwach ausfallenden Einwänden meinerseits lasse ich mich auf den Stuhl sinken.
Der restliche Morgen verläuft sehr still und wir packen hauptsächlich. Ich sammle all mein Zeug aus den verschiedenen Zimmern zusammen und auch Tim packt einige Sachen ein. Verzweifelt versuche ich den Reißverschluss meiner Reisetasche zu schließen und nach einigen verzweifelten Minuten stehe ich auf, um Tim zu suchen. Warum bitte, bekomme ich diese lächerliche Tasche nicht mehr zu?! Ich bringe nicht mehr zurück, als ich mit hergenommen habe, also: Warum?! Ich tapse durch den Flur und schaue als erstes in der Küche nach. Kein Tim. Meine zweite Anlaufstelle ist sein Schlafzimmer und als ich meinen Kopf durch die geöffnete Tür strecke, entdecke ich wirklich Tims große Gestalt. Er ist gerade dabei einige Oberteile aus seinem Schrank zu ziehen und in einem Koffer zu verstauen. „Willst du umziehen, Tim?", frage ich belustigt, als ich den Stapel sehe. Tim zuckt zusammen und dreht sich anschließend in meine Richtung. „Naja...also ich dachte...ähm...ich möchte doch bei dir bleiben...bis zum Schluss... und wer weiß schon, wie lange das dauert?" Er kratzt sich am Kopf und lächelt unsicher, fast so, als würde er Angst haben etwas Falsches gesagt zu haben. Beruhigend erwidere ich das Lächeln und komme dann zu meinem eigentlichen Anliegen. „Kannst du mir eben mit der Tasche helfen? Ich bekomm die nicht zu und versteh einfach nicht, wieso!" Das unsichere Lächeln wird durch ein schiefes ersetzt und er legt den Stapel, den er bis eben in der Hand hielt in den Koffer, um mir zu folgen. Bei der Tasche angekommen schaffen wir es dann letztendlich mit vereinten Kräften und erschöpft lasse ich mich zurück auf den Hintern fallen. Stumm hält Tim mir ein Taschentuch hin, welches ich auch annehme, um mir das Blut von der Nasenspitze zu waschen. In den letzten Tagen hat auch das Nasenbluten zugenommen und inzwischen sind keine Worte seinerseits mehr nötig, um mich darauf hinzuweisen.
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Stexpert ~ Freunde
FanfictionWas macht ein Mensch wenn die Diagnose 'Akute Leukämie' lautet? Die Welt erkunden? Reisen? All das, was man sich schon immer erträumt hat? Und was ist, wenn das nicht möglich ist? Wenn der letzte Wunsch ein vollkommen anderer ist? Stegi findet sich...