1. Dezember

1K 52 4
                                    

Habt ihr auch mal so ein Gefühl der Leere gehabt? Wenn euch der liebste Mensch verlassen hat? Und das an Weihnachten. Seitdem mich Martina verlassen hatte, verlief das Jahr eher schlecht für mich. Letztendlich bin ich hier in London an einen Job als Kellner gekommen. Ein kleines Café mit angenehmer Atmosphäre.

Gerade jetzt fängt es an zu schneien. Flauschige Flocken von Schnee fallen auf den Boden und bilden eine weiße Schneefläche. Die Leute kehren hier ein mit ihren geröteten Wangen, Nasen und Ohren, um sich aufzuwärmen. Da kommt mein Cappuccino gerade richtig. Die Regale der Läden füllen sich seit Ende August mit einer Menge an Weihnachtsmännern, Lebkuchen und Candys. Überall sind Lichterketten, große Leuchtobjekte in Form von Elchen oder Santa Claus' mit Brillen. Doch jetzt kommt die Zeit, wo Familien mit ihren Kindern ins Einkaufscenter gehen, wo im Atrium ein Santa wartet. Weißer Bart, rote Samtkleidung, eine Brille und lauter kleine Kinderinvasionen die auf seinem Schoß sitzen wollen, nur um ein Foto zu machen.

Gerade stehe ich im Café und dekoriere alles weihnachtlich. Amanda, meine Chefin, hat mir lauter Weihnachtsschmuck gegeben. Kunstnadelbäumchen, Girlanden, Weihnachtskugeln, Kerzen und ein Mistelzweig. Eigentlich könnte man gleich hier Weihnachten feiern. Der Mistelzweig kommt an eine Stelle mit viel Platz, wo sich die Leute dann küssen können. Das Closed-Open-Schild drehe ich auf geöffnet. Schon kommen die ersten Gäste. Ruhig nehme ich alle Bestellungen auf und mache Kaffee und Kuchen bereit.

Der Duft von warmer Schokolade verbreitet sich im Raum, währenddessen Wintersong von Sarah McLachlan im Radio läuft. Ein ziemlich alter Song, dafür aber wunderschön. Da noch nicht wirklich etwas los ist, fege ich hinter der Bar im Takt zum Lied und tänzle ein wenig dabei.

„Jorge? Bist du das?", ruft eine Stimme überrascht. Ich bin ebenfalls überrascht diese Stimme jemals wieder zu hören. Ich dachte, dass ich sie niemals wiedersehen würde. Ich fühle mich irgendwie ertappt, wie ein kleines Kind wenn eine Dummheit aufgeflogen ist. Schnell drehe ich mich um und schaue wieder in ihr so wunderschönes Gesicht. „Martina. Hey.", antworte ich. „Hola." lächelt meine Ex-Freundin mich an und gibt mir zur Begrüßung einen Kuss auf die Wange. „Wie geht es dir? Wir haben uns so lange nicht mehr gesehen!", ruft die hübsche Brünette.

Ja, weil du dich von mir getrennt hast.

„Super, sehr gut. Und dir?", bemerke ich bewusst leicht ironisch. Doch sie scheint den Unterton nicht zu bemerken. „Fantastisch! Stell dir vor, ich ziehe nach London! Ein Plattenlabel hat mich unter Vertrag genommen, ich darf singen, Jorgito!", erzählt Martina mir glücklich.

Ich habe wohl vergessen zu erzählen, wer sie ist. Wie ihr ja wisst, ist sie meine Ex. Wir waren schöne anderthalb Jahre zusammen, bis sie einen Tag nach Heiligabend mit mir Schluss gemacht hat. Tolles Geschenk, nicht wahr? Ihr Traum war es damals, Sängerin zu werden und für große Label zu arbeiten. Ihr Ziel scheint wahr geworden zu sein. Seitdem habe ich sie nie wieder gesehen.

Die Tatsache, dass sie mich Jorgito nennt, lässt mich stutzig werden. „Was willst du, Martina?", seufze ich genervt. „Darf ich vorerst bei dir wohnen?" Ich falle aus heiterem Himmel.

Last ChristmasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt