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Mein Handy klingelt und unterbricht mein Lernen. Auf meinem Display steht eine Nummer, die ich nicht kenne. Etwas beunruhigt gehe ich ran und höre eine mir unbekannte Frauenstimme:

"Miss Broth? Hier spricht Anna Conda. Ich muss Ihnen mitteilen, dass Ihre Schwester, Luca Broth, einen Unfall hatte und sie mir Ihre Nummer gegeben hat. Ich bitte Sie so schnell wie möglich zu kommen."

Schreck erstarrt bin ich erstmal unfähig etwas zu tun. Krass. Luca hatte einen Unfall? Wie zur Hölle das?!

"Ihre Schwester hat sich im Training an der Vampire-Academy probiert. Sie wurde von ihrer Mutter und ihren Lehrern hergeschickt worden. Wir allerdings sind nach diesem Zwischenfall einer anderen Meinung. Sie ist noch nicht bereit für das Training. Immer hin ist sie erst 14. Bitte kommen Sie doch zur Vampire-Academy. Ich hoffe sie haben starke Nerven. Bitte beeilen Sie sich."

Die Frau legt auf und ich laufe zur Haustür. In meiner Panik bekomme ich die Tür erst nicht auf, bis ich merke, dass ich ziehen muss. Schneller als ich es je getan habe, laufe ich die Straßen entlang. Wir wohnen relativ weit von der Schule entfernt, aber jetzt noch auf den Bus zu warten, wäre genauso bescheuert. Außerdem kann ich mich jetzt nicht in einen vollen Bus setzen, in dem ich wahrscheinlich noch mehr Angst kriegen würde. Ich habe nämlich schreckliche Platzangst.

Nach einer halben Stunde stehe ich an dem Schultor und sehe immer noch einen Krankenwagen dort stehen. Wie schlimm muss das denn gewesen sein? Ich kriege kaum noch Luft und mir ist schwindelig, aber ich renne weiter in die Menschenmasse, die sich neben dem Wagen befindet, hinein und drängel mich hindurch.

Eine rote Blutspur zieht sich von der Wand hin zu einem kleinen Mädchen mit aschblondem Haar. Ich stutze, denn eigentlich hat Luca braunes Haar. Dann bemerke ich, das sich das Mädchen über sie beugt und belebt sie wieder. Was?! Das kann doch nicht sein!

"Miss Broth?" Aus der Ferne dringt eine Stimme an mein Ohr. "Miss Broth? Geht es Ihnen gut? Ihre Schwester ist nicht ansprechbar, aber stabil. Arren versucht sie aufzuwecken. Sie müssen sich keine Sorgen machen...." "Wollen Sie mich auf den Arm nehmen?! Sie blutet. LUCA BLUTET! Erklären Sie mir, wie das sein kann!! Sie ist ein Vampir! Sie hat noch nie geblutet. Und ich habe jede ihrer Verletzungen mitbekommen!", flüstere ich scharf. Normalerweise raste ich nicht so schnell aus, aber Luca ist mir wichtig. Ich möchte, dass sie eine richtige und tolle große Schwester hat, nicht so wie ich.

Ich steige unter dem Absperrband, welches mir erst jetzt auffällt drunter her und schaue mir das Blut genauer an. An meinen Armen wird gezerrt und zwei starke Arme heben mich hoch, doch ich bin so wütend, dass ich sie mit Leichtigkeit wegschlage. Was fällt denen ein?

Das Blut, das meiner Schwester aus dem Kopf zu fließen scheint, ist nicht dunkelrot und auch nicht schwarz, wie es vom Weitem aussieht. Es ist weißes Blut. Weiß steht für die Farbe des Friedens. Schwarz stände für Krieg. Ist sie etwa... Nein, sie kann das Marsmännchen nicht sein. Gerüchte gehen herum, dass es eher in meinem Alter sein muss. Oder noch gar nicht geboren ist. 

Als ich aufstehe, wird ihr Blut wieder rot. Um zu testen, ob ich mir das alles nur angebildet habe, gehe ich wieder in die Hocke und es verändert sich nicht. Mir läuft ein Schauer über den Rücken. Ich kann nicht sagen, ob es sich um Glück oder doch eher Angst handelt. Was habe ich da bitte gesehen?

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Zur Vorsicht habe ich Dad und Mum angerufen, die dann sofort zum Krankenhaus gefahren sind, in das Luca gebracht wurde. Jetzt stehe ich hier und halte Fin in meinen Armen, der noch mehr weint als ich. Ich weiß nicht genau, warum ich das glaube, aber er und Luca haben eine besondere Bindung.

"Pff", meint Leila angeekelt, "könnt ihr nicht irgendwo anders euer ach so heiles Familien Leben ausführen?" Biestig antworte ich:"Wenigstens hat er eine große Schwester, die sich um ihn kümmert." Mein Blick ist leer und ich sehe in ihre wunderschönen braunen Augen, die durch ihren Hass immer dunkler werden. Aber in ihrem Blick und in der Art, in der sie sich bewegt, merke ich, dass auch sie kämpfen muss. Damit, mich zu hassen, mir böse zu sein, weil ich bei Dad blieb und ihre böse Seite schon immer verabscheut habe.

Es war nicht immer so. Wir waren wie beste Freundinnen, aber sie wurde kalt. Mir kam es so vor, als wäre das Blut in ihr gefriert. Als wir kleiner waren, haben wir immer gespielt. Von einem Engel habe ich immer erwartet, dass er niemals böse wird. Anfangs war das auch so, aber irgendwann hatte sie so viel Wut in sich, dass jeder Schritt ein Fehltritt war.

An einem Samstagabend haben wir einen Film gesehen. Danach wollten wir ihn nachspielen, aber wir hatten beide dieselbe Lieblings-Figur. Aber es gab auch noch einen Engel. Ich fand das so passend und habe gemeint, sie könne doch der Engel sein, so dass es passe. Leila wurde so garstig und jähzornig, wie ich sie noch nie erlebt hatte. Ab dem Tag wusste ich, dass Leila sich für die Bösen entscheiden würde, wenn es sein müsste.

Zuerst haben unsere Eltern davon nichts mitbekommen, weil ich es verheimlicht habe. Auch wenn sie mich manchmal sogar geschlagen hatte, war sie immer noch meine Schwester und ich wollte, dass sie stolz auf mich war. Einige Monate nachdem sie 14 wurde, fiel auch Mum auf, dass etwas nicht stimmte. Sie war nicht mehr der Engel, den sie kannte.

Sie bemerkte schnell, dass Leila ein Teufel sein wollte, sowie sie einer ist. Das Problem war, wenn sie mit Dad zusammen bleiben wollte, musste sie Leilas dunkle Seite tarnen, doch auch Dad war nicht dumm. 2 Monate später ließen sie sich scheiden. Damit zogen Luca und Leila zu Mum, während Fin und ich bei Dad blieben. Leila brach den Kontakt ab, aber Luca kam jeden Tag vorbei und tut es heute noch. Sie wäre zu gern gut.


Good vs BadWo Geschichten leben. Entdecke jetzt