Shay P.o.v
Mühsam setzte ich mich auf und blickte der grauen Steinwand entgegen. Sie lag zur Hälfte im Schatten, da das kleine Fenster nicht genug Licht herein ließ. Die Gitterstäbe vor dem Fenster glänzten in der Sonne und die rostbraunen Flecken hoben sich stark ab.
Langsam trottete ich zu dem kahlen Waschbecken und spritzte mir ein wenig von dem eiskalten Wasser ins Gesicht. Mein leerer Blick begegnete mir in dem kaputten Spiegel und ich betrachtete einen Moment lang die giftgrünen Augen und die tiefen Augenringe. Danach wand ich mich ab und ging wieder zu meinem Bett. Mit einer routinierten Bewegung zog ich das Metallgestell nach vorne und ignorierte gekonnt das Quietschen. Mit meinen Finger umklammerte ich den harten Draht, den ich schon am ersten Tag meines Aufenthaltes hier fand, und begann den nächsten Strich in die Wand zu ritzen. Quer, durch vier andere durch. Zehn. Zehn verdammte Tage war ich schon hier. Wartend, wann meine Verhandlung beginnen würde. Wartend, auf Zeichen von Šedá und den restlichen Überlebenden. Wartend auf meine Brüder, Mutter und die Mädels aus der Schule. Würden sie mein Verschwinden überhaupt bemerken? Sicherlich, es lief bestimmt schon seit Tagen im Fernseher. Bedauern würden sie es trotzdem nicht. Ich war kein guter Mensch, mich würde niemand vermissen.
Ohne Anstrengung schob ich das Bett wieder zurück und stellte mich vor die Tür. Sie würden gleich kommen, so wie jeden Tag. Genau in diesem Moment erklang das harte Klopfen gegen die Metalltür, die sofort geöffnet wurde. Mir blickten zwei Augenpaare entgegen und ich konnte nicht anders als zu grinsen. Nach meiner letzten Aktion kamen sie scheinbar nur noch zu zweit. „Sie brauchen nicht so dämlich zu grinsen, Český", knurrte der ältere der beiden Wachmänner und ich grinste noch breiter. Meine Hände streckte ich von allein nach vorne, sodass sie mir die Handschellen anlegen konnten und mich dann mit einer Hand auf der Schulter hinaus führten. Ich machte mir nicht mal die Mühe den grauen Stahlkäfig noch länger von innen zu betrachten, sondern heftete meinen Blick geradewegs auf die Tür am ende des Ganges. Frühstücken durfte ich mit den anderen Gefangenen und auch raus auf den Hof, doch ansonsten war ich in meiner Zelle eingesperrt.
Mir war es auch recht egal, alles was ich wollte war, zu wissen wie es Šedá geht und ob Evil und Serge tot sind.
Als wir den Saal betraten wurde es kurz ruhig, bevor sich alle wieder ihren Dinge zu wanden. Manche sahen auch etwas länger zu mir und beobachteten wie mir die Handschellen abgenommen wurden. Mit dem Wissen, das die Augen der umstehenden Wachen auf mich gerichtet waren, schritt ich auf die Essensausgabe zu und nahm mir ein Tablett. Gerne hätte ich die, die noch immer glotzen angeschrien, dass sie sich ein eigenes Leben kaufen sollten, doch das hatte ich schonmal versucht und das war nicht gut ausgegangen. Für mich jedenfalls.
Angespannt setzte ich mich hin und aß langsam. Irgendeine Tusse setzte sich gegenüber von mir hin und beugte sich leicht vor, sodass mir ihr Mundgeruch entgegenwehte. „Du kleine Bitch hast meinen Freund auf dem Gewissen!", fauchte sie und fletschte beinahe die Zähne. Emotionslos sah ich sie an und hob eine Augenbraue. „Welches Gewissen?" Unwissend was sie darauf antworten sollte, zog sie sich zurück und setzte sich wieder zu ein paar anderen Bitches. Die waren doch auch nur hier, weil sie paar mal zu schnell gefahren sind mit Alk im Blut und wahrscheinlich Drogen in der Tasche. Diese Mädchen haben keine Ahnung wie das Leben wirklich spielt. „Jemand will mit ihnen sprechen!", sagte einer der Polizisten plötzlich zu mir und ich sah ihn überrascht an. Die ganzen Tage hatte ich noch nichts von den anderem gehört. Wer wohl da war.
Ich wurde durch ein paar Gänge und Türen geführt, bis wir in einem kleinen Raum ankamen. Ich setzte mich auf die eine Seite des Metalltisches, die Hände wieder in Handschellen gelegt. Die Tür ging quietschend auf und ich sah erschrocken auf die Person die herein kam. „Mutter."Nazar P.o.v
Ich warf Drew einen warnenden Blick zu, bevor er von den Bullen mitgenommen wurde. Sie hatten uns alle erwischt, die ganzen Gangs. Die überlebenden Könige weilten entweder im Krankenhaus, oder im Hochsicherheitsgefängnis. Ein paar von uns sitzen nur in U-Haft, andere, wie ich, sind im Knast gelandet. Nur noch verschwommen erinnerte ich mich an das Geschehen von vor zehn Tagen. Das einzige woran ich mich wirklich erinnerte war, wie Šedá umkippte.
Ich biss die Zähne zusammen und sah wieder auf mein Tablett. Das Frühstück war gar nichtmal so schlecht, doch mir verging der Appetit immer mehr. Drew war jetzt dran mit der Befragung, jeden Tag befragten sie ein oder zwei von uns. Bald würde das Urteil fallen.
„Hast du mal was von deiner Schwester gehört?", fragte Will, doch ich schüttelte den Kopf. „Von Lukas habe ich auch nichts gehört, doch in den Nachrichten sagen sie, dass die kompletten Gangs der Umgebung geschnappt wurden und sich die Polizei feiert, weil sie die Könige hinter Gittern haben", schnaubte ich und schob mein Tablett etwas zur Seite. „Sie kriegen niemals die Todesstrafe für uns", sagte ich dann, obwohl ich meinen Worten selbst nicht traute. Im Virginia war es durchaus erlaubt und ich konnte mir vorstellen, dass die Könige, Evil, Serge, Lion und Mason auf dem Stuhl landen, sollten sie nicht schon längst tot sein. „Mister, jemand will sie sprechen!" Verwirrt stand ich auf und folgte den beiden Wachmännern. Wir landeten in einem kleinen, fensterlosen Raum und ich musste mich an einen Metalltisch setzen. Gegenüber von mir stand noch ein Stuhl und ich fragte mich wer wohl kommen würde. Erschrocken sah ich die Person an, die hinter dem Polizist den Raum betrat und mit einem selbstsicheren Grinsen vor dem Tisch stehen blieb. „Vater", brachte ich hervor, wobei mir das Wort beinahe im Hals stecken blieb. „Mein Sohn, mein erstgeborener Sohn", sagte er und setzte sich. Der Polizist verließ auf seine Bitte den Raum und schloss die Tür hinter sich. „Ich muss schon sagen, dass es mich schockiert hat, als eure Mutter mich anrief und alles berichtete. Wohl gemerkt dachte ich erst, dass sie zu mir zurück gekrochen kommt, naja das wird sie ja eh bald, jetzt wo sie keinen Job mehr hat", begann er zu erzählen und mir fiel buchstäblich die Kinnlade runter. Bitte was? Wann wollte sie uns das mitteilen? Und was verdammt nochmal wollte er hier?! Wütend funkelte ich ihn an und verschränkte die Arme vor der Brust. „Was willst du hier?", fragte ich missmutig. Er schüttelte den Kopf und schnalzte. „Redet man so mit seinem Vater?" „Du bist nichts weiter als mein Erzeuger, kein Vater", knurrte ich. Wütend fuhr er zu mir herum und stützte sich mit beiden Händen auf dem Tisch ab. „Hab etwas Respekt, Blázen", erwiderte er giftig uns sah mir tief in die Augen. Kurz darauf richtete er sich wieder auf und strich professionell seinen Anzug glatt. „Das Gericht hat entschieden euch an Tschechien zu übergeben. Ihr seit noch keine vier Jahre hier in Amerika, also noch keine Staatsbürger. Ihr drei werdet morgen Abend nach Brno geflogen. Dieser Serge wird auch mitkommen", teilte er mit und sah mich kalt an. „Er lebt?", fragte ich fassungslos. „Ja, ein Polizist hatte auf ihn geschossen als er das kleine Mädel mit der Waffe bedroht hat. Er wurde schwer an der Schulter verletzt, ist aber fit genug für den Flug." Ich fuhr mir verwirrt mit den Händen durch die Haare. „Ihr könnt froh sein, dass sie euch nach Tschechien schicken. Ich habe dort inzwischen genug Einfluss, dass ich euch in überwachte Internate stecken kann. Etwas bequemer als der Knast und ihr macht eure Schule fertig. Und glaubt ja nicht, dass ihr irgendwann noch mal etwas mit diesen Gangs zu tun haben werdet!" Seine Stimme triefte vor Spott und er erzählte noch weiter. Ich schaltete jedoch auf taub und versank in meinen Gedanken. Nach Tschechien zurück. Zu diesem Hurensohn von einem Vater. Ich schüttelte den Kopf und legte die Hände vors Gesicht. Seufzend wischte ich mir nicht vorhanden Dreck aus dem Gesicht und sah zu meinem Erzeuger, der -elegant wie ein Geschäftsmann- vor dem Tisch auf und ab lief. „Ich kann nicht nach Tschechien!"
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New Badgirl
RomanceShannon war ein normales Mädchen, bis die Trennung ihrer Eltern sie zu einem Badgirl machte. In New York gehörte sie zu dem gefährlichsten Clan des Landes, bis sie umzog. Neue Schlampen, Badboys und Clans. Lieber die alten Freunde, oder die Neuen? W...