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Nazar P.o.v

Es war inzwischen ein Tag vergangen und ich war dabei meine wenigen Habseligkeiten zusammenzusammeln. Ich war immer noch geflasht von der Tatsache, dass ich heute nach Tschechien fliegen würde. Sie würden uns dort nichtmal einsperren, zumindest wenn man Vaters Behauptungen glauben schenkte. Und das tat ich.
„Machs gut bro, ich würde sagen Schwein gehabt", sagte Josh und umarmte mich freundschaftlich. Auch von den anderen verabschiedete ich mich, bevor mir die Polizisten Handschellen anlegten. „Vergiss uns nicht!" Ich warf einen Blick über die Schulter und nickte. Wie könnte man die Jungs nur vergessen? Unsanft wurde ich in einen Transporter gesteckt, wo zwei schwer bewaffnete Männer saßen. Sie trugen Sonnenbrillen, Tücher die über Mund und Nase gingen und hielten Maschinengewehre in den behandschuhten Händen. Im Großen und Ganzen sahen sie nicht aus wie Polizisten. Ich ignorierte das jedoch und sah aus dem Gitterfenster zu dem Fahrer. Er und noch ein Bulle saßen vorne, ansonsten war der Wagen leer. Still setzte ich mich hin und schon bewegte sich der Transporter. Wir würden jetzt zum Flughafen fahren und dann ging es schon nach Tschechien.

Die Fahrt verlief recht normal, doch als wir plötzlich vor einem Krankenhaus hielten sah ich die Männer verwirrt an. Sie öffneten jedoch nur die Tür und ließen jemanden herein. Wütend taumelte Shay herein und schrie beinahe als sie mich sah. Wie einer Verrückte rannte sie auf mich zu und umarmte mich, soweit es die Handschellen zu ließen. „Wie geht es dir, Princezna?", fragte ich, nachdem wir uns gelöst hatten und uns hinsetzen mussten. „Geht so", war ihre Antwort, bevor sie stur gerade aus sah. Das wars dann auch mit der Offenheit, jetzt war sie wieder verschlossen. Der Verband um ihren Kopf hielt ihre Haare zurück und auch ihr linker Arm war verbunden. Ihre Wangen schimmerten bläulich und ihre Haut war blass. Sie sah scheiße aus, fertig und gar nicht so knallhart wie sie sonst immer war. Ein gebrochenes Badgirl.

Der nächste Halt war dann wirklich der Flughafen und ich bemerkte jetzt erst, dass hinter uns noch ein Transporter war. Diesen verließen im selben Moment Lukas und Serge. Hinter ihnen erschienen ebenfalls zwei Männern, wobei der eine Serge am Arm packte. Auch Shay wurde gepackt und ein Stück vor uns lang geführt. Ich begab mich zu Lukas und lief neben ihm her. Die letzten zwei Männer liefen mit einem Meter abstand und beobachteten uns genau. „Wie geht's?" Lukas antwortete nicht. „Bruder, was is-" „Sprich einfach nicht mit mir! Ihr seit schuld an dem Schlamassel. Ich will einfach nur noch zu Vater nach Tschechin und euch nie wieder sehen!", unterbrach er mich und ging einen Schritt schneller. Verwirrt blickte ich ihm hinter her und sah wir er geradewegs auf unseren Vater zu ging. Dieser nickte ihm zu und legte kurz seine Hand auf seine Schulter. Shay beobachtete das genauso angewidert wie ich, doch als der Mann -der sie festhielt- ihr etwas zu flüsterte, entspannte sie sich einwenig.
Wir wurde ohne die ganzen Kontrolle die sonst durchgenommen wurden, zu einer Maschine geführt, die etwas abseits stand. Hauptsache die restlichen Passagiere nicht verunsichern. Ich verdrehte die Augen und ging die Treppe hinter Lukas hoch.
Es glich fast einem Privatjet, davon mal abgesehen, dass sich Handschellen an den Sitzen befanden. Wir wurden alle auf Sitze gedrückt und festgeschnallt. Wütend rüttelte ich an den Ketten, doch sie bewegten sich nicht. „Sind wir im Mittelalter?", spie Shay meine Gedanken aus und rüttelte ebenfalls an den Dingern. Gegenüber von ihr, mit mehreren Metern Entfernung, saß Serge und sah sie mit undefinierbaren Blick an. Sie würdigte ihn nicht eines Blickes.
Mir gegenüber saß Lukas, der nur am linken Arm eine Handschelle hatte. Neben ihm Vater. Die bewaffneten Männer hatten sich auf den restlichen Sitzen verteilt und jetzt entdeckte ich auch die zwei anderen Personen. Sie waren scheinbar von Anfang an im Flieger. Anders als die Männer aus den Transportern trugen sie richtige Uniformen und mehrere Wappen an der Brust. Bestimmt irgendwelche Überbringer, die alles mit der Tschechischen Behörde klären mussten.
Desinteressiert sah ich wieder weg und beobachtete einen Moment Serge.
Damals war er Shay's bester Freund und ich konnte mir kaum vorstellen, dass sie seinen Bruder mit Absicht verraten hatte. Manchen Menschen war sie einfach treu und da hatte er definitiv dazu gehört. Und Šedá... Mein Blick fiel auf den Boden und ich musste mich zusammenreißen um nicht zu schreien. Ich hatte sie nicht mal mehr sehen dürfen. Wie es ihr wohl ging? Vielleicht sollte ich Shay fragen, sie war ja im Krankenhaus, möglich dass sie sie gesehen hatte. Ich wusste nichtmal warum es mich so sehr interessierte, doch ich musste einfach wissen wie es ihr ging.
Beinahe hätte ich mich für meine Gedanken selbst ausgelacht. Niemals würde ich sie wieder sehen, Vater würde dafür sorgen, dass wir nie wieder Kontakt mit Gangmitgliedern kriegen würden. Wieso es den Alten interessierte was mit uns geschah wusste ich nicht, doch mir war klar, dass er uns die Leviten lesen würde, wenn wir allein waren. Definitiv würde es nicht bei einem blauen Auge bleiben. Auch für Lukas nicht, obwohl er scheinbar im Moment sein Liebling war.
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Nach mehreren zähen Stunden des Fliegens, betrat der Pilot den Raum. „Wir werden in Kürze landen", sagte er und mein Vater nickte. Jetzt wurde es ernst.
Der Pilot wechselte noch ein paar Worte mit Vater und den zwei uniformierten Männern, bevor er sich umdrehte und zurück ins Cockpit wollte. Von dort kam jedoch jemand, der scheinbar der Kopilot war. Ohne zu zögern zückte er eine Waffe und schoss dem Pilot in den Kopf. Erschrocken sahen wir ihn alle an, doch sofort sprangen die vier Transporter Männer auf und richtete ihre Waffen auf Vater und die uniformierten Männer. Verwirrt über das was ihr abging, hielt ich den Mund und verfolgte das Geschehen. „Autopilot ist angeschaltet", sagte der Kopilot und nickte einem der Männer zu. Dieser nickte ebenfalls und zog das Tuch sowie die Brille runter. „Das Flugzeug ist nun unter unserer Kontrolle", sagte er und grinste. Entsetzt sah ich ihn an und verschluckte mich dabei beinahe an meiner eigenen Spucke. Wie zum Teufel konnte er entkommen? „Evil?!"

Shay P.o.v

Meine Wimpern klebten etwas aneinander als ich versuchte die Augen zu öffnen, weshalb ich mit den Hände darüber wischen wollte. Meine Hände bewegten sich jedoch nicht, weshalb ich panisch darauf sah. Entsetzt stellte ich fest, dass sie in Ketten lagen. Mein Blick schoss nach oben und ich checkte kurz die Lage. Vor mir saß Serge, ebenfalls gefesselt, auf der linken Seite mein Vater, der die Hände in die Höhe gehoben hatte, daneben Lukas mit verwirrten Blick und gegenüber von ihm Nazar. Ebenfalls verwirrt über das was scheinbar gerade passierte. Fünf Männer standen und richteten ihre Waffen auf Vater und zwei uniformierte Männer. Einer davon hatte sein Gesicht entblößt und deutete gerade auf jemanden auf dem Boden.
Meine Augen weiteten sich und ich japste erschrocken nach Luft. Der war definitiv tot. Alle Blicke schossen zu mir, woraufhin ich versuchte mich so klein wie möglich zu machen. „Shay, was läuft hier?", fragte Nazar mich leise und ich sah ihn noch verwirrter an. „Woher soll ich das denn wissen?", fragte ich und sah dann Serge an. Ich war doch eben noch bei ihm auf der Couch gewesen. Wir hatten einen Film geguckt und kurz davor Tereza nach Hause gebracht. „Warte mal kurz, erkennst du mich?", fragte der eine Mann und sah mich eindringlich an. Eingeschüchtert von seinen Muskeln und der Waffe schüttelte ich den Kopf und presste die Lippen auf einander. Nicht heulen Shannon!, befahl ich mir innerlich und sah schnell wieder zu Serge. Sein Ausdruck war normal und spiegelte nichts wieder. Was war nur los mit ihm? Wieso war er so ruhig?
„Jetzt passiert das schon wieder", sagte der Mann von eben genervt. „Was passiert schon wieder?", fragte Lukas. „Sie verliert manchmal ihr Gedächtnis und hängt irgendwo anders fest. Nazar kann's dir bezeugen", murmelte er und fuhr sich einmal durch die schwarzen Haare. „Wo bist du gerade Shay?", fragte mich Vater. Mit wütender Miene sah ich ihn an. Er hatte Mutter wieder angeschrien, geschlagen und gedemütigt. Sie hatte geweint... Es ist furchtbar seine eigenen Eltern weinen zu sehen. Seine Mutter. Vor allem wenn der Vater der Grund dafür war. Ich spürte beinahe noch den Schmerz auf der Wange, als er mich danach geschlagen hatte. Sein Argument war, dass ich keine gute Tochter bin.
Daran wollte ich nicht denken! Nicht das auch noch. „Ich war eben noch bei Serge. Da bin ich wahrscheinlich eingeschlafen... Wer seit ihr und vor allem, was wollt ihr von uns?!" Meine Stimme wurde immer lauter und hysterischer. Der Mann legte seinen Kopf etwas schief und kam zu mir rüber. Grinsend ließ er sich neben meinem Stuhl in die Hocke gleiten und packte mein Kinn mit seine Fingern. „Sie ist so süß, wenn sie unschuldig ist", sagte er eher zu sich selbst und verstärkte seinen Griff etwas. „Wir sind dabei dich vor deinem Vater zu retten, moje královna. Wir befreien dich." Seine Stimme war so sanft und schmeichelnd, dass ich ihm sofort glaubte. Mein Blick wanderte nochmal zu Vater, der mich warnend ansah und zu den anderen Jungs. Serge hatte immer noch eine neutrale Miene und meine Brüder waren viel zu verwirrt um meinen Blick zu bemerken.
Schlussendlich landete mein Blick wieder bei dem Mann der vor mir hockte und mein Kinn noch immer zerquetschte. Seine Augen brannten auf mir und schienen durch mich hindurch zu blicken. Ohne es wirklich zu registrieren nickte ich.

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Und, denkt ihr sie schaffen es zu fliehen?
Wird Shay sich wieder erinnern?

Das letzte Kapitel für heute, hoffe es hat euch gefallen:D

New BadgirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt