36.

668 38 1
                                    

Zitternd stand ich auf. Lucas stützte mich dabei. Ansonsten währe ich mit ziemlicher Sicherheit umgefallen. Das währe, das schlimmste, was mir in so einer Situation noch passieren konnte. Natürlich nach diversen anderen unrealistischen Dingen wie, über einen Stein stolpern oder, das die Flammen mir meine Kleidung wegbrannte und ich somit vollkommen nackt vor der lechzenden Masse und den Irren aus dem Wald stand. Mir passierte nichts davon.

Von Hinten spürte ich eine Hand auf meiner linken Schulter. "Oh Lina, Liebes. Es tut mir so, so unendlich leid." Ich drehte mich um und Naomi schlang ihre schönen Arme um mich. Keiner rührte sich für eine endlos lange Zeit. Naomi schluchzte. Mein Zuhause brannte. Meine Tante war unauffindbar. Ih war gefühllos wie ein Block und konnte keine einzige Träne mehr weinen. Lucas trat betroffen von einem Fuß auf den anderen. Daniel streichelte seiner Freundin beruhigend über den Rücken. Die Fremden aus dem Wald, welche nicht mehr fremd waren, blickten mich gefühlskalt an. Nicht weil sie etwas zu böse waren, es lag mehr daran, dass sie das alles schon kannten. Das sie das alles selbst erlebt hatten. Ich hatte keine Ahnung von ihnen, und wer sie einmal gewesen waren, doch auf einmal kam ich mir mehr als nur lächerlich vor. Rein bei dem Gedanken daran vor ihnen geheult zu haben, hätte ich mich selbst auslachen können.

Behutsam legte ich meine Hände auf Naomis Schultern und drückte sie vorsichtig von mir weg. Blickte ihr einmal fest in die Augen und wandte mich dann der Gruppe aus den psychisch zerstörtesten Leuten dieser Welt zu. "Was zum Teufel geht hier wirklich ab? Ich will Antworten. Klare Antworten, ohne herumgeredet oder Lügen.", meine Stimme klang ungewöhnlich ruhig.

"Belogen haben wir dich nie.", Jacks stimme klang sachlich und nüchtern wie immer, "Das haben wir nicht nötig." Eine Pause folgte. "Und was die Antworten angeht, du hättest nur fragen müssen. Doch es musste erst etwas passieren, bevor du anfängst die richtigen Fragen zu stellen."

"Du meinst, ihr habt das haus angezündet?"

"Nein, wir haben abgewartet."

"Abgewartet, bis was passiert..." Leer blickte ich zurück zum nun schon fast vollkommen verbranntem Haus. Die Feuerwehr hatte sich dazu entschieden nichts zu tun und das Haus einfach bis auf seine Grundmauern niederbrennen zu lassen. Wie inkompetent, dachte ich mir.

Der Blaumaskierte nickte nur, die Hände in der Bauchtasche seines Hoodies.
"Wer seid ihr überhaupt?", Lucas Stimme durchschnitt die beinahe Stille. "Leute, mit denen du dich lieber nicht anlegen solltest.", Jeffs Stimme war scharf und bedrohlich. Seine Augen blitzten gefährlich streitlustig unter der weißen Kapuze hervor. Den Mund verdeckte ein rot schwarz karierter Schal. "Was soll-" Mit einer Handbewegung schnitt ich Lucas das Wort ab. Ohne ihn auch nur anzusehen meinte ich, "Das solltest du lieber lassen. Zumindest, wenn du die Nacht überleben willst." Verdutzt blickte er mich an. Ich schwieg. Toby hatte sich vor geraumer Zeit hingehockt und stand nun wieder auf, "D-dann würde ich mal s-s-sagen, da-dass wir zurückgehen."

"Nein, ich geh nicht in dieses Irrenhaus zurück. Nicht nachdem dieses Ding mich, mehr als beinahe, erwischt hätte.", meine Stimme klang fest. Eine geradezu gefräßige Leere breitete sich in mir aus und verschlang alles, von meinem momentan geradezu erbärmlichen Selbst. Die Bewohner dieses Irrenhauses schienen nicht im geringsten Beleidigt. Jeff überdrehte die Augen und Ben gab ein geradezu unmenschlich schräges Kichern von sich. Jack seufzte nur.
"Fast alles da drin versucht dich umzubringen", stellte Masky nüchtern fest. Hoodie fügte noch hinzu, "Wer, oder besser, was war es denn? Vielleicht können wir es bis zu einem gewissem Zeitpunkt woanders unterbringen."

"Du hast doch nicht wirklich vor mit diesen Verrückten mitzugehen.", Naomis Stimme unterbrach meine Gedanken. Alle blickten sie an. Ich merkte wie unangenehm es für sie war, doch sie hatte ausgesprochen, was sich Lucas und Daniel die gesamte Zeit gedacht hatten. "Nein, ich hab es nicht vor." Dann wandte ich mich wieder zu Hoodie. "Graue, ledrige Haut. Schwarze Knopfaugen. Kein Fleisch, es schien eher, als währe die Haut direkt über den Knochen gespannt worden. Die Knochen waren zusätzlich alle noch gebrochen. Ein hässliches Knacken bei jeder Bewegung. Es hat sich in der ersten Nacht bei euch an die Außenseite des Fensters gehängt und versucht hineinzukommen. Das war die sehr, sehr kurze Version von dem, was passiert ist."

Helpless - Subliminal Sight (Creepypasta FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt