"Nummer 39.", hauchte ich, "Wieso habe ich diese Zahl vorher nicht sehen können?" Mein Atem zitterte und meine Stimme klang gebrochen.
"Weil du sie nicht sehen wolltest...", hauchte Jack mir gegen das Ohr. Wie hypnotisierend seine Stimme doch klang. Ich hatte das Gefühl in seinen Worten ertrinken zu können. Das Bedürfnis, das dünne Seil, an dem ich mich festhielt, loszulassen. Langsam schloss ich die Augen und lehnte mich gegen Jack.
Gib Acht!
Hm, was?, dachte ich mir, vergaß es jedoch schnell wieder, als der Braunhaarige sich bewegte. Ich fühlte, wie Jack seine Arme um mich schlag. Seine Nase streifte meinen Nacken. Mit viel bedacht und doch gefährlich präzise, glitten seine Hände meinen Körper entlang. Erst, als sich mein Körper zur Gänze entspannt hatte, merkte ich was hier los war. Oh shit! Ich riss die Augen auf und löste die Umarmung, indem ich seine Arme geradezu panisch von mir wegstieß. Zwei schnelle Schritte von ihm weg und schon war ich in Sicherheit, zumindest dachte ich sei es. Am Ende zählt bekanntlich ja der Gedanke. Verdammt. Verdammt. Verdammt!
Ich wirbelte herum. Wie hatte ich mich von ihm nur so einlullen lassen können. Meinen Blick wagte ich nicht zu heben, wer wusste denn schon, was da war.
"Das ist durchaus interessant...", Eyeless Jacks ruhige, sachliche Stimme, schnitt wie ein Skalpell durch die Stille. Ich zuckte zusammen. Innerlich sah ich schon, wie er seinen Kopf schief legte und mich beobachtete. Mist! Wie eine Ratte im Käfig. Ein Insekt unter einer Lupe. "Was meinst du mit interessant?", ich versuchte das Zittern in meiner Stimme zu unterdrücken.
"Seit du bei uns bist und mich kennst, hast du mir kein einziges Mal ins Gesicht gesehen... Ist es Wiederwille? Unhöflichkeit? Nein... Es ist Angst, nicht wahr? Hmmm... Wie amüsant..." Er sprach langsam und analytisch, die Hälfte von dem was er sagte bekam ich nicht einmal mit. "Sag Lina, ist es deine eigene Angst oder wurde sie dir implantiert? Hat dein Vater sie zu deinem 'Schutz' eingepflanzt? Und wieso dann nur bei mir? Ich könnte mich auch täuschen und es liegt am Ende doch alles an dir...", eine kurze Pause, "Nicht nur das, dein Kopf ist ein ebenso großes Mysterium... Ist dir aufgefallen, dass du nur dann Kopfschmerzen hast, wenn einer von uns in der Nähe ist? Mit der Zeit hat es jedoch abgenommen... Sag Lina, wie viele Pillen befinden sich noch in der orangenen Pillendose, welche du in deiner Westentasche aufbewahrst? Wenn ich richtig mitgezählt habe, sollten es noch 23 Stück sein...oder irre ich mich?"
Meine Schultern hoben sich. Die kurzen, jedoch schnellen, Herzschläge waren in letzter Zeit zur Normalität geworden. Irgendwie traurig. Ich umklammerte den Saum der grauen Jacke. Meine Nägel konnte ich selbst durch den etwas dickeren Stoff hindurch auf meinen Handflächen spüren. Es schmerzte und meine Fingerknochen traten weiß hervor. Ich starrte auf eine der Linien im Holzboden. Meine Zähne gruben sich in meine Unterlippe, bis ich den eisernen Geschmack von Blut auf meiner Zunge schmeckte. Seine Stimme drang in meinen Kopf und vergiftete meine Gedanken. Alles drehte sich. Ich zog den Kopf ein und hoffte, dass der Kragen der Jacke mich verstecken könnte. Aus irgendeinem Grund machte er mich nervös...
Dann bemerkte ich es. Diesen Geruch. Sein Geruch, der an der Jacke heftete wie eine Klette an einem dünnen Sommerkleid. Säureartig stieg der Hygienemittelgeruch mir die Nase hoch und machte alle anderen Gerüche geruchslos. Mist. Dieser Scheißkerl nahm mir alles, sogar meinen Geruchssinn und das soll schon mal was heißen.
Jack trat einen Blick auf mich zu. „Wie viel weißt du eigentlich über diene sogenannten Freunde?" Irgendwie betonte er das Wort „Freunde" vollkommen falsch. In dieser Tonlage klang es geradezu heuchlerisch und ekelhaft. Wie wenn er von einem schon zur Hälfte verrotteter Kadaver sprechen würde.
„Was meinst du damit? Die haben nichts damit zu tun!", meine Stimme zitterte. So eine verdammte Scheiße! Ich wollte, dass er den Mund hält. Wollte, dass er einfach ging. Doch das spielte es leider nicht. Jack trat noch etwas näher an mich heran, nur ein Stück, damit er in Reichweite kam. Sekunden verstrichen in denen keiner von uns auch nur ein Wort sagte. Mein gesamter Körper zitterte.
DU LIEST GERADE
Helpless - Subliminal Sight (Creepypasta FF)
FanficIn meiner Situation, würde sich jeder Schwach fühlen. Nicht, dass ich das nicht so schon währe, aber DAS ist zu viel. Ich will nicht mehr. Die Angst lähmt mich und als ich meine Augenlider anhob, starrte ich direkt in diese großen, leuchtend roten...