24.

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Am liebsten hätte ich geschrieen, ob vor Verzweiflung oder vor Angst wusste ich jedoch nicht. War im Moment auch nicht wirklich von Bedeutung.

Vorsichtig erhob ich mich und schon fast augenblicklich überkam mich ein Schwindelanfall. Leicht schwankend, ließ ich mich zurück auf das Bett sinken. Mit einem flauem Gefühl im Magen, schlang ich die Atme um meinen Oberkörper und so verharrte ich eine Weile.

Fast schon zufällig, fuhr ich mit meiner linken Hand meinen rechen Arm entlang, bis ich eine seltsame kleine Erhebung spürte. Währe es um mich herum nicht stockdunkel gewesen, und hätte ich jetzt irgendwas anderes gemacht als hier zu sitzen, dann hätte ich das mit Sicherheit nicht einmal mitbekommen. Aber so, jetzt, fuhr ich noch einmal über die Stelle, knapp über meinem Ellbogen. Die Erhebung war wirklich nur sehr klein, kaum zu bemerken. Eine Fragen drängte sich jedoch in meine Gedanken, brannte sich in mein Hirn und ließ mich nicht mehr los: was war das?

Ein Insekt war es nicht gewesen, denn ich wurde in meinem gesamtem bisherigem Leben noch nie von einem gebissen oder gestochen. Eine allergische Reaktion, sah bestimmt anders aus. Was war es dann...
Dann traf es mich wie ein Blitz: eine Nadel! Keine Stecknadel, die Nadel einer Spritze. Mit einem mal wurde mir noch übler als vorher. Ich hätte mich an Ort und Stelle übergeben, wenn noch etwas in mir gewesen währe, was ich auf diese Weise hätte loswerden können. Tja, und da nichts mehr da war was ich loswerden konnte, stellte ich mir statt dessen die Frage: was war denn genau in der Spritze? Drogen wahrscheinlich keine. Ich kannte mich zwar nicht mit den Drogen aus, aber war mir zu fast hundert Prozent sicher, dass die Wirkung ein wenig anders währe, oder etwa nicht?

Mit einem Mal, schien sich die Umgebung zu verändern. Nich zum Gutem oder zum Schlechtem, dass hätte ich gar nicht beurteilen können, nicht in diesem Zustand. Nein, sie bekam eine geradezu beklemmende und angsteinflößende Ausstrahlung. Ich wollte, nein, ich musste hier weg. Wenn ich nicht jetzt bald hier rauskäme, dann wusste ich, dass ich mit Sicherheit nie wieder dieses Haus oder dieses Zimmer verlassen würde, zumindest nicht lebend.

Ein wenig selbstbewusster stellte ich meine Füße auf den Holzboden. Er war glatt und kühl. Das Feuerzeug wollte ich nicht anmachen, denn wer wusste schon, was ich sehen würde, wenn ich es täte. Was auch immer hier im dunkeln auf mich lauert, ich war mir sicher, dass es wollte, dass ich die Kerze anzündete. Mein aller erster Gedanke galt jedoch dem Fenster, welches neben dem Kopfende des Bettes, in der Mitte der Wand befand die schweren Vorhänge waren zugezogen und ließen kein Licht durch. Nur hätten nicht in solchen fällen unter dem Vorhang Licht durchscheinen sollen?

Langsam erhob ich mich und schritt vorsichtig zu dem Fenster hinüber. Das Feuerzeug und die Kerze legte ich auf den kleinen Nachttisch zurück. Mit einer schwungvollen Handbewegung riss ich den schweren Vorhang beiseite. Als ich hinausblickte kroch langsam, aber beständig die Angst an mir hoch.

Es war Nacht, der Mond ragte schön weiß mit grauen Flecken über den Wipfeln der Bäume hervor. Ich befand mich mehrere Meter in der höhe, anscheinend im zweitem Stock. Das Gebäude stand auf einer Lichtung, welche von hohen, schlanken Bäumen umringt war. Wald soweit das Auge reichte. Mein Herz setzte einen Schlag aus. Fuck, und wie zum Teufel soll ich hier jetzt wegkommen? Die Antwort war einfach: gar nicht. Wer auch immer mich hier her gebracht hatte, er wollte, dass ich nicht so einfach verschwinden konnte. Was für ein Mist. Langsam verzogen sich die dunklen Wolken, welche mein Hirn im Schlafzustand hielte und es begann wieder zu arbeiten.

Nun fiel mir auch wieder ein, wer mich hier her verschleppt hatte. Na warte, dachte ich mir, dafür kassiert ihr alle eine mächtige Abreibung. Wie ich das genau anstellen wollte wusste ich nicht. Ich würde dann wohl einfach ein wenig improvisieren müssen.

In meinem Kopf hämmerte irgendetwas gegen meinen Schädelknochen. Mit einer langsamen Drehung, drehte ich mich mit dem Rücken zum Fenster und lehnte mich gegen das kühle Glas. Ein wenig entspannter als vorher, schloss ich die Augen, dann wartete ich ein paar Sekunden. Als ich schließlich begriff, dass das Pochen nicht aufhören würde, öffnete ich meine Augen wieder und gefror.

Das Mondlicht fiel durch das Fenster hinter mir und zeichnete meinen dünnen, länglichen Schatten auf den Boden vor mir, doch das war noch nicht alles. Ein anderer, vollkommen verrenkter und unnatürlich wirkender Schatten befand sich direkt neben dem meinem. Es wirkte wie ein Mensch, ein Mensch dem man sämtliche Knochen im Körper gebrochen hätte. Einige dieser Knochen schienen sogar aus seinem Körper zu ragen.

Ich bewegte mich keinen Zentimeter und atmete nur flach. Ein lautes Rauschen erklang in meinen Ohren, und das Denken fiel mir immer schwerer. Diese menschenähnliche Ding begann nun seine Kopf in meine Richtung zu drehen. Ich konnte das hässliche Knacken von Knochen hören und jedes mal, wenn ein Knochen an einem anderem rieb, zuckte ich innerlich zusammen. Angst machte sich in mir breit.
Irgendetwas hielt mich davon ab mich umzudrehen. Mein Kopf pochte. Was es auch war, es behinderte ebenfalls meine tollen Fluchtfähigkeiten, also konnte ich nicht anders, als zuzusehen, was als nächstes passierte.

Gebannt starrte ich auf den Boden, wo sich die beiden Schatten befanden. Dieses Ding begann nun eine seiner deformierten Arme zu heben. Ich wollte mich winden, ich wollte schreien, doch nichts der gleichen geschah.
Der knackende, sich nur ruckartig bewegende, Arm kam meinem Kopf langsam immer näher. Mit jedem Millimeter, der der Abstand zwischen uns kleiner wurde, zog dich mein Magen immer mehr zusammen. Mir war speiübel, doch ich hielt mich zurück.

Dann konnte ich etwas kaltes, feuchtes auf meiner Wange spüren. Mein Herz begann schneller zu schlagen. Panik stieg in mir hoch. Dann folgte ein brennender Schmerz. Egal wie sehr ich versuchte mich dagegen zu wehren, nichts passierte. Dieses Ungeheuer kratzte mir die Haut auf, und es gab absolut nichts, was ich dagegen tun konnte.
Was war denn nur los mit mir? In all meinen Träumen hatte ich stets versucht mich zu wehren, wieso jetzt nicht? Gerade jetzt, wo ich es am dringendsten gebraucht hätte.

Die Nägel des Ungeheuers wanderten nach unten bis zu meinem Hals, dort stoppte es und nahm die Hand knackend und brechend wieder von mir. Ich wagte es nicht vor Erleichterung aufzuatmen, denn ich wusste, das war noch nicht alles! Und ich hatte recht, den nun versuchte das Wesen den Abstand zwischen mir und ihm zu verringern und schritt langsam seitwärts auf mich zu, wo bei er sei linkes Bein nur mehr hinter sich her schleifte.

Ich unterdrückte ein Gefühl des Ekels, welches in mir hochstieg und versuchte einen klaren Kopf zu gewinnen. Ok, denk nach. Wie komm ich hier am schnellsten wieder raus? Gar nicht, man war ich heute wieder optimistisch.
Langsam brachte ich jedoch wieder meinen Körper unter Kontrolle. Mit Widerwillen entschied ich, mich umzudrehen, und nachzusehen, was mich da hässliches verfolgte. Mir wurde schlagartig eiskalt und ich begann leicht zu zittern.

Das deformierte Wesen war nur mehr ein paar Schritte von mir entfernt und riss sein definitiv nicht menschliches Maul auf. Mein Körper begann stärker zu zittern und fast hätte ich vor Angst den Verstand verlornen. All or nothing, sagte ich zu mir und wirbelte herum, als das Wesen versuchte nach mir zu beißen.

Nichts.

War das alles eine Einbildung gewesen? Hinter mir sah ich nur den stillen Wald und den kühlen Mond, wie er auf mich hinabschien. Ich zitterte immer noch. Mit meiner linken Hand berührte ich vorsichtig meine Pochende Wange. Als ich sie wieder weg nahm und betrachtete, klebte Blut an den Handschuhen. Jetzt erst bemerkte ich, dass ich zu schwitzen begonnen hatte und wischte mir einmal über die Stirn. Meine Hände steckten immer noch in den Handschuhen des Alice-Kostüms.

Ich musste hier raus. Hier drinnen würde ich noch verrückt werden. Schnell schnappte ich mir Feuerzeug und Kerze, und ging im Eilschritt zur Tür. Dort verharrte ich dann einige wenige Sekunden. Doch dann hob ich meine rechte Hand und drehte den Türknauf und leise, fast lautlos, schwang die Tür nach außen auf. Langsam verflüchtigte sich das Adrenalin aus meinem Blut, und mit ihm auch mein Selbstbewusstsein.

Helpless - Subliminal Sight (Creepypasta FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt