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"So und jetzt zu Ihnen! Sind sie fertig? Ja? In Ordnung! Folgen sie mir!", er reichte mir ein Klemmbrett, "Miss Ellen Parker, 57 Jahre eine sehr einflussreiche und hartarbeitende Frau, was schlussendlich auch zu ihrem Nierenkrebs geführt hat", erklärte er,"Wir werden ihr beide entfernen und neue transplantieren"

Ich studierte schnell die Akte. Ellen Parker hatte fast vierzig Jahre ausschließlich am Aufbau ihrer eigenen Firma gearbeitet. Zudem rauchte sie viel, trank öfters, war noch leicht übergewichtig und es gab schon einige Nierenkrebsfälle in ihrer Familie.

Das traurige war, dass niemand ihre Firma und ihr Vermögen erben würde, falls sie starb. Sie war kinderlos, mehrfach geschieden und die einzige noch lebende Person in ihrer Familie.

"Es ist schon schade!" ,seufzte Doktor Chester während er sein Skalpell im Licht reflektieren ließ.

"Was meinen sie?", fragte ich. 

"Na, das so eine reiche Frau so schnell sterben wird", erklärte er emotionslos. 

Da hatte er Recht. Wir würden zwar die befallene Niere entfernen, aber wie lange die andere es aushalten würde, war ungewiss. Ich schätzte nicht mehr als vier Wochen.

"Kommen Sie her und bereiten Sie schon mal den Eingriff vor", befahl er.

Ich ging auf den silbernen Operationstisch zu. Meine Hände steckten schon in blauen desinfizierten Handschuhen genauso wie mein Körper auch schon einen blauen Kittel trug.

Dazu passend bedeckte eine blaues gebundenes Tuch um meinen Kopf, meine Haare. Ich griff nach dem Skalpell, das neben dem Operationstisch auf einem weiteren kleinen Tisch lag und setzte den ersten Schnitt oberhalb der Niere an.

Ellen Parker hatte eine sehr helle und sehr faltige Haut. Ich verspürte keinen Ekel, eher tiefste Ruhe und Zufriedenheit. Besonders als ich die ersten Bluttropfen sah und diese von der großen Krankenschwester neben mir gestoppt wurden.

Ich mochte es Menschen bluten zu sehen, wie sich die kleinen roten Tropfen sammeln und langsam zu einem Teich, einer Pfütze werden. Keinesfalls war ich ein Masochist und auch kein brutales Monster. Ich verspürte darin einfach Ruhe und Genugtuung.

Es war wie eine Droge für mich, ein Drang oder besser gesagt und damit deutlicher formuliert ein Zwang. Ich hatte die kurzzeitige Blutung gestoppt und war gerade dabei die tumorbefallene Niere zu entfernen.

Dabei wurde ich von Doktor Chester mit Argusaugen beobachtet. Er schien beeindruckt. Schließlich hatte ich bis jetzt in meinem Studium nur an Leichen operiert, aber auch da war ich immer sehr sorgfältig gewesen und genoss diese Überlegenheit.

Ich entfernte die Niere und legte sie auf den von der Krankenschwester bereit gestellten Tisch. Sie sah schrecklich aus. fast das ganze Gewebe war von dem Tumor befallen und wies eine bräunliche bis schwarze Verfärbung auf. Geschockt blinzelte die Krankenschwester ein paar Mal und atmete schneller gegen den weißen Mundschutz, den sie trug.
Anscheinend arbeitete sie nicht so lange in diesem Beruf. Für mich war es ernüchternder Fund, denn ich hatte schon weitaus schlimmere Dinge gesehen. Sofort sah ich die leicht verschwommenen Bilder meiner Eltern vor meinen Augen.

Sie starben 1944 durch einen Luftangriff der Deutschen in Litauen. Ich musste schmunzeln von da an hatte meine ganze Geschichte angefangen. Das war der Ursprung meiner Vorlieben. Ich setzte zum zweiten Schnitt an, als Doktor Chester seine Hand anerkennend auf meine Schulter legte.

"Ab hier übernehme ich. Sie scheinen ein ausgezeichneter und sehr sorgfältiger Student gewesen zu sein", murmelte er, "Sie dürfen jetzt gehen, melden sie sich bei Magda ab und holen sie sich ihre Schlüssel. Ich erwarte sie morgen pünktlich um 7 vor meinen Operationssälen und beschriften sie ihre Kleidung!"

"Danke Doktor Chester", verabschiedete ich mich.

Ich verließ den Operationssaal und zog mir die Handschuhe von den Händen um sie kurze Zeit später in den Mülleimer zu werfen.

Darauf folgte dann auch meine Kopfbedeckung und der Kittel, die ich in einen riesigen Tank warf, da diese nun in die chemische Reinigung mussten. Ich ging in den Keller und zog mich dort um und verstaute meine Schuhe und Kittel in dem Spint.

Neugierig suchte ich die anderen Spints nach Darias Spint ab. Ich fand ihren Spint als letzten von unten rechts. Er war natürlich wie alle anderen hier auch, nicht abgeschlossen.

Ich sah mich noch einmal in dem Raum um und öffnete ihn dann. Fein säuberlich lag ihre Dienstkleidung als kleiner Berg auf den weißen Schuhen. Sie hatte Schuhgröße 36 und trug einen Kittel in S. Sogar ihre Kleidung strahlte ihren wundervollen frischen Duft aus. Eine Mischung aus leichter Vanille und Rosen. Das Drehen des Schlosses der Tür erklang, was mich den Spind schnell schließen lies und mein Zeichen war zu gehen. Die Tür öffnete sich und die große Krankenschwester von vorhin betrat den Raum.

"Miss Parker hat es geschafft. Doktor Chester hat die Operation ohne jegliche Komplikationen beendet. Sie wird in einigen Stunden aufwachen", informierte sie mich leicht lächelnd.

Ich nickte dankend und wollte schon gehen, als sie mich an meinem Arm festhielt.

"Sie sind Mister Lecter, richtig? Das ganze Krankenhaus spricht schon von ihnen", bemerkte sie.

Maggie Jenkins, stand auf dem kleinen Namensschild ihres weißen Kittels.

"Genau der bin ich, wenn sie mich entschuldigen würden", ich wollte so schnell wie möglich hier raus. 

"Ich-ich, dass war nicht böse gemeint nur ist unser Krankenhaus in diesem Sinne wie ein kleines Dorf", sie kam etwas näher und hielt mir ihre Hand hin, "Ich bin Maggie. Ich arbeite seit drei Jahren hier"

Also hatte sie wirklich den Beruf verfehlt.

"Freut mich ihre Bekanntschaft zu machen", erwiderte ich ohne ihre Hand entgegen zu nehmen.

Sie war ein Typ Frau, den ich überhaupt nicht ausstehen konnte. Sie hatte kurze braune Haare und grüne Augen. Ihre Haut war von einem warmen oliv und auch ihre Bluse, die sie unter dem Kittel trug hatte einen ähnlichen Farbton. Sie beobachtete mich etwas kritisch und seufzte dann schulternzuckend.

"Haben sie Lust noch einen Kaffee zu trinken? Wir könnten uns besser kennenlernen? Und ich könnte ihnen mehr über die Leute hier erzählen", schlug sie vor.

Ich schüttelte schmunzelnd den Kopf.

"Es tut mir Leid, aber ich habe heute schon eine Verabredung"

Damit schwirrte ich an ihr vorbei und lies sie mit offenem Mund und einem empörten Gesichtsausdruck im Keller stehen. Langsam gefiel mir dieser Ort.




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A monster like meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt