24. Kapitel

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Nach dem Essen lief ich schnell in die Mädchentoilette, um 'das Wunder' unauffällig schlucken zu können. Gerade als ich mir die Tabletten in den Mund schieben wollte kam Roxie hereingestürzt.
„Was war das denn für eine Aktion?! Was ist bloss in di-" Sie unterbrach sich, da ihr Blick mein erschrockenes Gesicht und die beiden Tabletten in meiner Hand schweifte.
„Ach du polierte Nachtigall! Ist alles in Ordnung? Bist du krank? Oder hast du Kopfschmerzen? Soll ich dich zur Schulkrankenschwester bringen? Oder soll Logan dich gleich nach Hause fahren?"
„Roxie! Roxie! Hol mal Luft! Es ist alles okay. Nichts Wichges", versuchte ich sie zu beruhigen.
Nichts Wichtiges?! Was ist das dann?", hackte sie nach und deutete auf die Tabletten. Ich warf sie mir rasch in den Mund und spülte sie mit Wasser runter. „Was meinst du?", fragte ich unschuldig. Roxie rollte die Augen. „Du weisst genau, was ich meine!", tadelte sie.
„Vertraust du mir?", fragte ich sie. Sie zögerte. „Ehrlich gesagt, weiss ich das nicht mehr so ganz. Dafür musst du mir erstmal erzählen, was dieser Auftritt„, sie zeigte auf mein Outfit„genau soll."
Logan streckte den Kopf zur Tür herein, hielt sich dabei die Hand vor die Augen. „Und mir auch!"
„Dussel! Wir sind hier nicht in der Mädchenumkleide und ausserdem sind wir alleine. Du kannst die Hand ruhig wegnehmen", lachte Roxaine und ich schmunzelte mit.
„Es sollte bloss eine höfliche Geste sein!", verteidigte er sich, doch Roxie konterte sogleich:„Das wäre es auch gewesen, wenn du nicht zwischen deinen Fingern durchgelinst hättest!"
Logan warf die Hände in die Luft. „Ja, schon okay! Du hast mich überführt."
Roxie sah ihn zufrieden an, dann wurde ich Blick aber gleich wieder ernst und sie schaute mich an. „Also. Zurück zu dir, Miss Ocean." Sie verschränkte die Arme vor der Brust. Ich seuzte und begann ihr wieder einmal nur die halbe Wahrheit zu erzählen. Was ich in letzter Zeit wirklich oft tat und das musste sich so bald wie möglich ändern. Ich erzählte ihr, dass ich mit diesem ganzen Auftritt eigentlich nur Tessa etwas beweisen wollte, und dass uns, wenn ich es ins Cheerleaderteam schaffen sollte, vielleicht irgendetwas einfallen würde, um sie irgendwie fertigzumachen oder ihr zu zeigen, wie es sich anfühlt, wie Dreck behandelt zu werden.
Meine beiden Freunde - ich war mir inwischen sicher, dass sie noch meine Freunde waren - waren sofort Feuer und Flamme und fanden es eine geniale Idee. Was sie jedoch etwas daneben fanden, war, dass ich sie nicht in meinen Plan eingeweiht hatte. Dafür entschuldigte ich mich und schwindelte ein weiteres Mal. „Sorry... Ich war nur so überzeugt von der ganzen Sache, dass sich mein Kopf wohl selbst einfach ausgeschaltet hat", sagte ich und schaute auf den Boden. Zum Einen, da es betreten wirkte und zum Anderen, da ich nicht riskieren wollte, dass sie meine Lüge durchschauten. Schliesslich hatte ich sehr wohl an die beiden gedacht, als ich mein Vorhaben plante. Doch ich wollte sie bewusst nich einweihen, da ich ihnen somit hätte sagen müssen, dass die gutaussehenden Ocean-Brüder meine Brüder waren. Ich wusste natürlich, dass es irgendeinmal herauskommen würde. Aber ich fand, dass es noch nicht der richtige Zeitpunkt dafür war. Vermutlich würde niemals der richtige Zeitpunkt dafür sein.
„Das ist doch kein Problem, Süsse! Und ausserdem siehst du ohne Brille, ohne Zahnspange, mit der neuen Frisur und in diesen Klamotten einfach geil aus!", strahlte Roxie und Logan nickte zustimmend und mit einem Lächeln auf den Lippen. Ich wurde etwas rot und bedankte mich für das Kompliment.

Der Rest des Tages war seltsam und für mich total ungewohnt. Immerwieder pfiff mir jemand hinterher und ich wurde die ganze Zeit angestarrt. Auch wenn ich mich im Unterricht in der hintersten Reihe verschanzte. Einmal bekam ich sogar einen leichten Klaps auf den Hintern von irgendeinem Typen, der sich wohl für besonders cool hielt, dem ich auch gleich einen wütenden Blick zuwarf und ihn anschnauzte.
Ich hatte heute wieder länger Schule, als meine Brüder, so dass ich, nachdem ich die letzte Stunde auch noch hinter mich gebracht hatte, alleine das Gebäude verliess.
Langsam schlug ich den Weg nach Hause ein und steckte mir, da der Weg ziemlich lang war, Kopfhörer in die Ohren und hörte etwas Musik. Nach einer halben Stunde erreichte ich unser Haus und betrat es ohne zu zögern. Ich war müde und hatte noch einige Hausaufgaben zu erledigen. Danach würde ich wohl sofort ins Bett gehen. Doch leider hatte ich die Rechnung nicht mit Marry und meinen Brüdern gemacht. Garade, als ich die Eingangshalle verliess und nach oben gehen wollte, kam mir Marry entgegen und als sie mich sah, liess sie gleich sämtlich Putzutensilien klappernd auf den Boden fallen.
„Na lecker!", murmelte ich, als meine Brüder sofort aus dem Wohnzimmer stürmten.
„Mensch, Nati! Was sollte das?!", fragte mich Mason aufgebracht.
„Was denn? Ihr wolltet den anderen doch sagen, dass wir verwandt sind! Jetzt könnt ihr es meinetwegen gerne tun!" Ich wurde ebemfalls wütend. Erst logen sie mich Jahre lang an und dann will ich ihnen helfen ihren Ruf nicht noch ein weiteres Mal zu verlieren und das war falsch. Das war wieder einmal typisch Männer!
„Aber musstest du dafür solch ein Tamtam machen? Du siehst ja fast schon so billig aus wie Tessa! Und das scheint dir anscheinen nicht zu genügen, denn du willst tatsächlich zu den Cheerleadern! Hast du eigentlich gesehen, die du von den Typen angestarrt wurdest? Als hätten sie sich schon ausgemalt, wie sie dich in einer Abstellkammer flachlegen!", Aiden packten wie immer in solchen Situation den Beschützer aus. Seine Worte liessen mir Tränen in die Augen schiessen. Er sagte, ich sähe billig aus! Jedes Mal war es das Gleiche: Wenn er fand, dass etwas falsch war, so prügelte er seine Meinung durch, bis alles wieder beim Alten war. Man könnte fast sagen, dass er der Konservative in der Familie war. Neu war für ihn immer schlecht.
„Na, ihr wolltet doch, dass ich mir Freunde suche! Warum seid ihr den nicht zufrieden? Ich wurde bis zu der Mittagspause von mehr Mitschülern angesprochen, als in den ersten beiden Wochen hier!"
„Immer langsam mit den jungen Pferden!", mischte sich Dylan ein. „Mason, Meik und Aiden wollten, dass du dir Freunde suchst. Ich finde ja eigentlich, dass du machen kannst was du willst. Und ausserdem wollten sie auch den anderen sagen, dass du unsere Schwester bist. Ich habe dein Nein akzeptiert. Also eigentlich habe ich hier keine Schuld!" Es war so klar, dass er jetzt wieder den anderen die Schuld geben musste. Da kam mir Marry zu hilfe.
„Mein Täubchen! Du siehst bezaubernd aus! Warst du deshalb so oft in der Stadt? Um dir diese Dinge zu kaufen? Das ist aber schön! Aber hättest du doch etwas gesagt! Dann wäre ich doch mitgekommen, Schätzchen. Ach und," sagte sie und kam mit ausgebreiteten Armen auf mich zu,„alles Gute zum Geburtstag! Mein kleines Mädchen ist jetzt schon ganze 16 Jahre alt! Komm mit in die Küche. Ich habe deinen Lieblingschokoladenkuchen für dich gemacht." Ich musste lächeln. Marry war wundervoll! Sie versuchte immer jede noch so unangenehme Situation zu retten. Auch, wenn sie aussichtslos  schien. Genau so war diese Situation hier, denn Aiden wäre nicht er selbst, wenn er nicht wieder etwas auszusetzen gehabt hätte.
„Warum bist du so begeistert davon, Marry? Sie hat niemandem von uns erzählt, was sie vorhat und das wäre das Mindeste gewesen. Und ausserdem: Fandest du nicht, dass sie vorher auch schon hübsch genug war? Weisst du was jetzt ist? Jetzt wird sie von den Typen begehrt. Nicht auszudenken, wer alles mit ihr ausgehen möchte! Nati, morgen wirst du so nicht in die Schule gehen. Du trägst deine Brille wieder und deine alten Klamotten!"
Da platzte mir der Kragen.
„Das ist doch nicht die Möglichkeit! Immer ruiniert ihr mir alles! Ihr lasst mir nie auch nur die kleinste Freiheit. Ich weiss, dass ihr es gut meint und mich beschützen wollt, aber irgendwo gibt es Grenzen, die ihr immerwieder überrennt! Ihr führt euch auf wie die letzten Vollidioten in irgendeiner billigen Sendung!„, ich ünerlegte kurz, bevor ich weiter sprache,„Wie im zweiten Teil von Trotteldrama voll-total!
Ich gehe jetzt in mein Zimmer und ihr bleibt mal schön hier unten und kommt erst zu mir, wenn ihr euch auf einen Kompromis einlassen könnt und euch vielleicht noch einfällt, dass ich heute immer noch Geburtstag habe!" Dann sagte ich noch an Marry gewandt und um einiges freundlicher, als ich meine Brüder gerade zusammengestaucht hatte:„Vielen Dank für den Kuchen! Aber wenn es in Ordung ist, nehmen wir nacher noch ein Stück zusammen. Ja?"
Marry lächelte etwas gequält, weil sie wusste, dass ich im Moment ziemlich enttäuscht war von meinen Brüdern, nickte aber schnell und sagte:„Ja, das hört sich toll an!"
Ich gab Marry einen Kuss auf die Wange, kramte meine Schulsachen zusammen und wollte an meinen Brüdern vorbei, doch Aiden hielt mich am Handgelenk fest und wollte gerade ansetzten, etwas zu sagen, als ich ihm zuvor kam.
„Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt. Lass uns allen Zeit, damit wir uns sammeln können, um ein kontrolierteres Gespräch führen zu können, als das, was wir gerade hinter uns gebracht haben."
Aiden nickte und liess mich langsam los. Ich ging zur Treppe und hörte wie er zu den anderen noch mit gepresster Stimme sagte:„Sie wird erwachsen."

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Hallo ihr Lieben :)

Das wars dann ein weiteres Mal von meiner Seite. Wie hat euch das Kapitel gefallen?
Fandet ihr die Reaktion von Natis Brüdern berechtigt, oder eher nicht?
Schreibt es mir in die Kommentare! ;)

Auf dem Bild seht ihr, wie ich mir 'die neue' Nati ungefähr vorstelle.

Bis zum nächsten Mal
Eure
CatGirl1313

Alive - Wie er mir half zu lebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt