16.Kapitel

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John

Am nächsten Morgen erwachte ich früher als gewöhnlich. Clarissa schlief noch tief und fest.

Im Schlaf sah sie wunderschön aus. Ihre langen roten Haare schimmerten in der Morgensonne und umrahmten ihr bildhübsches Gesicht mit den großen grünen Augen. Ihr zierlicher Körper lag dicht an mich gedrängt unter meiner weißen Bettdecke.

Das niedlichste war, dass sie manchmal ganz leise zu schnarchen begann. Und sich zusammen rollte wie ein kleines Kind.

Vorsichtig griff ich nach einem meiner Bücher, die sich auf dem kleinen Nachtschrank stapelten. Clarissa drehte sich im Schlaf um, sodass ich Angst bekam sie geweckt zu haben.

Als ich das Buch in der Hand hielt erschien mir alles andere wichtiger als die Buchstaben. Versonnen beobachtete ich die Sonnenflecken an der weißen Wand und den funkelnden Schnee vor dem Fenster. Ich hörte die Autos, die irgendwo weit entfernt an meinem kleinen Park vorbei fuhren. Und ich genoss den Geruch der frisch gewaschenen Bettlaken.

"Guten Morgen" flüsterte Clarissa plötzlich... Ich hatte nicht mitbekommen, dass sie erwacht war. Verschlafen blickte sie mich aus ihren großen eindrucksvollen Augen an.

Ich klappte mein Buch zu, und flüsterte ebenfalls guten Morgen...

***

Nach einem hastigen gemeinsamen Frühstück, brach ich zu meinen Eltern auf und Clarissa zu ihren. Die Fahrt erschien mir endlos lang, denn schon nach wenigen Meilen sehnte ich mich nach Clarissa.

Ich war ein wenig erleichtert, als ich durch das große Tor auf das Anwesen meiner Eltern fuhr. Der Park war genauso wie ich ihn in Erinnerung hatte. Gepflegt und langweilig. Kurz darauf kam auch das Herrenhaus in Sicht. Im Vergleich dazu war mein Haus eher eine Baracke.

Pompös und anmutig ragte es über die Bäume des Parkes. Mit seinen hohen Zinnen, den kleinen Türmen und großen Fenstern. Dieses Haus war der ganze Stolz meiner Eltern... Denn für sie bedeutete Besitz alles.
Ich parkte meinen Wagen auf der gekiesten Auffahrt, neben dem riesigen Oldtimer meiner Eltern.

Als ich das Haus wieder betrat, fluteten tausende Kindheitserinnerungen in mein Gedächtnis. Wie ich auf der großen geschwungenen Treppe mit meinen Spielzeugautos gespielt hatte, oder wie Joanna mit dem Puppenwagen durch die Eingangshalle fuhr.
Joanna schien es ähnlich zu gehen wie mir, denn sie war auf einmal ganz still geworden.

"Ah da seid ihr ja" flötete meine Mutter, die gerade die Treppe herunter kam. Ihre langen blondierten Haare hatte sie auf ihrem Kopf zusammengezwirbelt, ihre Nägel waren perfekt und pink bemalt. Und sie trug ein dazu passendes pinkes Kleid, das ihre Silikon-Brüste hervorhob. Ich fand, dass sie einfach nur lächerlich aussah. Doch mein Dad, der aus der Bibliothek kam, schien sie zu gefallen... Ob mein Dad wusste, dass sie mit fast fremden im Countryclub flirtete? Oder ob Mum wusste, dass Dad auf seinen Geschäftsreisen mit seiner Sekretärin vögelte? Egal ob sie es wussten oder nicht, sie sahen glücklich aus.

Aber konnten die Beiden überhaupt unglücklich sein? Schließlich hatten sie alles was das Herz begehrte. Ein wunderschönes Haus, das nicht nur von außen Prachtvoll aussah, sondern auch von innen. Mit goldenen Kronleuchtern, hohen Decken und antiken Möbeln... Einem Auto, das teurer war, als 100 andere zusammen...

Ich wusste die Antwort, denn Geld und Besitz macht nicht glücklich, wie Ich gelernt habe. Sondern es sind die Menschen, mit denen wir zusammen Leben, die uns glücklich machen...

Weihnachtskuss (John und Clarissa II)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt