Gespräche

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Auf dem Weg zu den Kerkern, traf Faramir auf eine verärgerte Wache. "Was gibt es, Soldat?", fragte er mit leicht genervtem Unterton. "Die Göre hat das Wasser ausgekippt und das Brot einfach in den Gang geworfen! Soll es doch verhunger, das Weib!", mit diesen Worten schob sich der Wachmann an Faramir vorbei und lief dann in Richtung der Stallungen. Der junge Heermeister schüttelte den Kopf und machte sich sofort auf den Weg zu besagtem "Gör".

Fire saß einfach stumm da und starrte gegen die Wand. Sie richtete den Blick nicht einmal von ihr ab, als Faramir vor der Kerkertür stand und fragte: "Was soll das?! Das ist ja vergleichbar mit Selbstmord, was du hier abziehst!" "Na und? Dürfte euch doch gefallen! Ein toter Gefangener mehr und ihr musstet nichtmal einen Pfeil opfern!", antwortete die Frau, den Blick inmernoch stur auf die Wand gerichtet. Der junge Heermeister schaute mit einem traurigem Gesichtsausdruck zu dem Mädchen. Es gefiel ihm nicht wie ein Vollidiot rüber zu kommen. Er wollte nie wie der eiskalte Mörder wirken, welchen er dauernd spielen musste, damit die Wachen ihn überhaupt noch ernst nahmen. Selbst so fanden sie ihn noch zu weich.

Nun schaute Fire ihm direkt in die Augen. "Sag mir, Heermeister, was würdest du tun, wenn es um das Leben deines Bruders ginge? Würdest du kämpfen, oder dich ohne Widerstand in die Schranken weisen lassen?", fragte die junge Frau. Faramir sah kurz zu Boden und nickte, dann antwortete er: "Ich würde kämpfen, doch was nützt ein Kampf, wenn der, für den man kämpft, nicht mehr am Leben ist?" "Ich werde von mir behaupten können, Widerstand geleistet zu haben, auch wenn alle anderen den Kopf in den Sand gesteckt hätten", stolz blickte Fire zu Faramir. Dann plötzlich sah sie wieder stur zur Wand. "Nur, dass es niemanden gibt, dem ich das erzählen kann. Mein Ziehvater und mein Bruder leben nicht mehr und ich sitze im Gefängnis!" Sie verschränkte die Arme vor der Brust und wartete darauf, dass Faramir geht. Doch statt zu gehen, begann er wieder zu sprechen: "Auch ich habe viele Male versucht mich meinem Vater zu beweisen, doch er hat immer nur Augen für meinen großen Bruder Boromir. Ich sitze zwar nicht in einer Zelle, doch sind mir wie dir die Hände gebunden." Fire schüttelte den Kopf und sah dann wieder zur Kerkertür. "Ihr könnt euch immerhin frei bewegen. Ihr braucht keine Angst haben, jeden Tag hingerichtet werden zu können. Den einzigen Menschen den man auf dieser Erde noch hatte zu verlieren war die schlimmste Strafe für mich. Um dies zu verhindern, wäre ich in seinem Namen gestorben. Das was ihr mir erzählt habt ist nicht schön, doch es ist bei weitem nicht halb so schlimm wie das hier. Ihr habt immerhin noch Familie" In diesem Moment fiel Fire auf, dass sie ihn das erste Mal nicht einfach trotzig geduzt, sondern mit Höflichkeitsformen angesprochen hatte. Faramir nickte langsam, dann begann er wieder zu sprechen: "Meine Mutter lebt nicht mehr. Mein Vater hasst mich und Boromir, der einzige Mensch der mich verstanden hat, ist in Bruchtal um in ein Abenteuer zu ziehen, das einem Himmelfahrtskommando gleich kommt. Orks, Ringgeister und Söldner die ihm und seinen Gefährten nach dem Leben trachten. Ich habe keine Familie." Diesmal war es Fire, die langsam nickte. Dann sah sie wieder zur Wand. Mit einem Mal war wieder jegliche Freundlichkeit aus ihren Augen verschwunden und sie schaute recht finster drein. "Du hast meinen Bruder hinrichten lassen! Du hast es nicht anders verdient!" Ihre Augen die nun nur noch Hass ausstrahlten, funkelten Faramir böse an. Er nickte langsam und lief dann zurück in den Hof.

Es schien ihm, als hätte er soeben die Schuld sämtlicher Verbrechen Mittelerdes auf sich genommen. Jeder Schritt fiel ihm schwer und er begann sich Vorwürfe zu machen. Er hatte viele hunderte Menschen töten lassen. Er hatte Familien zerstört und Kammeraden die sich gegenseitig ewige Treue geschworen hatten getrennt. Noch dazu denen die am Leben gelassen wurden den Lebensmut genommen. Er fühlte sich wie ein Monster.

KämpferherzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt