Ich begann zu grinsen, dann ging ich in die erste Reihe, die der Tür am nächsten war, und drückte das dort sitzende Mädchen an die Wand. Dabei hielt ich ihr das Taschenmesser an den Hals.
Erschrocken stöhnte sie auf. "Ganz ruhig bleiben!", flüsterte ich ihr zu und sie nickte kaum merklich.
Dann drehte ich mich zum Lehrer um. "So... Nun ja... Ihr Unterricht lässt zu wünschen übrig! Genau wie alles andere an dieser Schule!", lachte ich laut. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass das alles hier leicht psycho wirkte. Wenn ja, dann wäre alles richtig.
Der Lehrer sah entgeistert zu mir. Seine Hand schwebte über dem Alarmknopf. Man sah ihm an, wie panisch er war. Seine Reaktion passte genau in meinen Plan und ließ mich schmunzeln.
"Wenn sie den Alarm drücken, wird das hier wirklich zu einem Amoklauf, auch wenn ich vorhabe, dieses Gebäude des Grauens lebend zu verlassen! Und sie wollen sicher nicht an einem Amoklauf sterben, nicht wahr?!"
Der Lehrer nickte zögerlich und schien hinter seinem Pult in sich zusammen zu sinken. Ich hingegen wurde von Sekunde zu Sekunde selbstsicherer. Auch meine Mitschüler, welche bei meiner Definition des Unterrichts noch voll hinter mir standen, wirkten grundlegend verunsichert. Gut so!
"Wenn sie jedoch ruhig bleiben und mich einfach gehen lassen, wird a) nie jemand von diesem Vorfall erfahren und b) wird das hier ohne Blutverluste enden!" , wieder entwich mir ein selbstsicheres Grinsen. Also was sagen sie? Welche der Möglichkeiten ist Ihnen lieber?"
Eigentlich musste ich nichtmal auf eine Antwort warten, da an seinem Gesicht deutlich zu erkennen war, dass ihm, wie mir auch, Variante Nummer zwei besser gefiel.
"Zwei!", kam es vereinzelt aus der Klasse.
Ich sah mich um. Die meisten von ihnen waren leichenblass. Ich war durch und durch zu Frieden. Wie viel Respekt man sich mit 7,5 Zentimetern geschliffenen Metall verschaffen konnte. Zum ersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit spürte ich, wie eine merkwürdige Art von Stolz in mir anwuchs und mir warm durch die Adern floss. An die Stimme in meinem Kopf war nicht zu denken.
Meine Blicke galten nun wieder dem Lehrer, der, den Anderen zustimmend, nickte.
"Zwei also...", wiederholte ich murmelnd und trotzdem gut hörbar. Dann sprach ich normal weiter:"Nun ja... Ihr wisst schon, dass dann keiner von euch allen je auch nur ein Sterbenswörtchen sagen darf..."
Ich strich leicht über die Rückseite der Klinge, während ich prüfend in die Klasse sah. Alle wirkten irgendwie eingeschüchtert. Ungewöhnlich und doch schön. Einheitlich nickten sie. Dann wich mein Blick zum Lehrer, der seine Hand trotz allem nicht vom Alarmknopf wegbewegt hatte.
"Wehe, Sie drücken ab!", zischte ich. "Das wäre, würden sie es tun, ihre letzte Tat."
Mit hochgezogener Augenbraue sah ich ihn an.
Der Fettwanzt schluckte und nickte leicht, sodass all sein Fett zu wackeln schien. Typisch...
Ich nahm das Messer vom Hals des Mädchens.
"Kein Sterbenswörtchen zu irgendwem oder ihr seit tot!", schrie ich in die Klasse, als ich an der Tür stand.
Nicken.
Ich drückte die kalte Klinke runter und betrat den um diese Zeit leeren Gang. Dann schloss ich die Tür.
Keine fünf Minuten nachdem sie ins Schloss gefallen war, hörte man von innen rege Diskussionen und Lärm.
Leise lachend verschwand ich. Meine Schritte hallten über den Gang. Es hatte etwas majestätisches, hier während des Unterrichts herum zu marschieren.
Aus dem Vorbeigehen schnappte ich mir meinen Anorak und folgte dann dem Gang weiter bis nach draußen.
Binnen von drei Tagen war es merklich kühler geworden. Ich schritt stolz durch die nun noch leereren Straßen. Hoffentlich das letzte Mal in meinem Leben.
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The St.Jimmy Story (#Wattys2016)
Teen FictionWegrennen. Das ist der Gedanke, der Jimmy nachhängt seit er denken kann. Nichts hält ihn. Keiner versteht ihn. Niemand braucht ihn. So beschließt er einestages sich auf große Reise zu begeben. Es gibt kein Zurück. Es wird nur noch vorwärts gehen. O...