Zitternd wurde ich von dem stechenden Schmerz, welcher meine Wange nun erfüllte wach. Ich schreckte förmlich hoch und brauchte eine Weile, um mich zu orientieren.
Wo auch immer ich gerade war, es war dunkel ohne Ende. So warm, wie es sich gerade noch um mich herum angefühlt hatte, war es jetzt nicht mehr, aber dennoch klebten meine Sachen weiterhin an meinem Körper.
Ich versuchte, mich im Zimmer umzusehen, doch da es so dunkel war, ging es nicht sonderlich gut.
„Alles okay? Du hast geschrien... Nach irgendjemand namens Whatsername...", erklärte mir jemand neben mir.
Ich schoss mit meinem Kopf herum, um zu versuchen, Christian beim Reden anzusehen. Das war meiner Meinung nach das mindeste, auch wenn ich sicher war, dass er mich eh nicht sah.
„Ich musst' dir eine überziehen, um dich zu wecken. Tut mir leid."
„Schon gut...", murmelte ich ihm zu, vollkommen überfordert mit den vielen Worten, die er verlor.
Er seufzte. „Könn' wir bitte weiterschlafen? Es ist kurz vor halb vier... Nicht gerade eine Zeit, zu der man meiner Ansicht nach aufstehen will, oder?" An seiner Stimme merkte ich, dass er mindestens genauso verschlafen war, wie ich.
Ich ließ mich nach hinten auf die weiche Matratze fallen, dann hörte ich Christians leise Schritte über den Teppichboden zum anderen im Zimmer stehenden Bett gehen.In der zweiten Hälfte der Nacht hatte ich wesentlich ruhiger geschlafen, umso unschöner war es, als gegen gefühlt 7 Uhr Christians Handy hupenartige Laute von sich gab.
„Muss das sein?", maulte ich, sobald ich soweit zur Besinnung gekommen war, dass ich mich in der Verfassung fühlte, einige Worte zu verlieren.
Keine halbe Minute später wurde mir meine wunderbar warme Bettdecke von Christian weggerissen, welcher grinsend vor meinem Bett stand. „Willst du da raus und Disneyland entdecken oder willst du hier weiter dumm rumliegen und versauern?"
Ich versuchte einige Augenblicke lang, meine Decke zurück zu erobern, aber es gelang mir nicht und im Endeffekt hatte er doch Recht und ich wollte den Park nun mal wirklich gern sehen, also stand ich, wenn auch weiterhin widerwillig, nach einigen Minuten wohl oder übel doch auf und verschwand ins Bad, um mich fertig zu machen.
Christian hatte immerhin Recht. Disneyland war, seit ich fünf Jahre alt war, mein ziemlich größter Traum gewesen und meine Morgenmuffeligkeit sollte mich meiner Meinung nach nicht daran hindern, etwas zu sehen, was ich mir seit 13 Jahren in meinen sehnlichsten Träumen gewünscht hatte.
Gefühlte Ewigkeiten verbrachte ich im Bad damit, meine Haare planlos anzusehen und zu versuchen, sie in die gewohnte leicht strubbelige aber dennoch nicht zu unordentlich aussehende Frisur zu zwingen. Nach langem Versuchen hatte ich endlich den Eindruck, dass ich es relativ gut geschafft haben sollt.
Ich starrte in den Spiegel. Ein mir etwas fremd wirkender Junge sah mir aus dunkelbraunen Augen, in welchen sich ein Schimmer des Glücks wiederspiegelte, entgegen. Ich sah mein Spiegelbild ungläubig an. Das sollte ich sein? Ich hatte den Eindruck, mich ewig nicht mehr gesehen zu haben. Das wäre auch die einzige sinnvolle Erklärung dazu, dass mir die Details, welche ein Gesicht nun aufwies, überhaupt auffielen. Alles in allem sah ich glücklicher aus, als ich es von mir kannte. Ehrlich gesagt hätte ich mir das selbst auch nie zugetraut, dass mein Spiegelbild jemals wieder so aussehen würde. Nur woran lag das? Daran, dass sich mein Traum erfüllt hatte? Dass Christian bei mir war? Dass ich einigermaßen anständig geschlafen hatte? Mal wieder hatte ich eine Frage gefunden, die ich mir selbst nicht beantworten konnte. War es Christian aufgefallen? Egal. Immerhin musste ich mich weiter fertigmachen.
Schnell zog ich mich also an und verließ dann das Bad.
Christian saß draußen auf dem Tisch und schlenkerte mit den Beinen, während er auf sein Handy sah. Hätte ich ihn nur so da sitzen sehen mit seinem breiten Lächeln im Gesicht, während er mich nicht zu bemerken schien, wäre ich mir ziemlich sicher gewesen, dass er eine Freundin hätte. Wäre das jedoch der Fall, würden wir jetzt gar nicht zusammen hier sein. Er hätte dann nämlich nie diesen verdammten Unfall gebaut und ich wäre immer noch ohne Geld auf der Suche nach den Polarlichtern und wäre hochwahrscheinlich verwirrt, sie nicht zu finden.
Da aber nichts davon der Fall war, stand ich hier rum und sah verwirrt zu Teddy. Was war da, was ihn so glücklich zu machen schien? Sein Lächeln war einerseits wunderschön, jedoch verängstigte es mich in gewisser Weise, da ich den Grund dafür nicht kannte.
Warum machte ich mir überhaupt in gewissen Maßen Sorgen darum, dass er glücklich schien? Ich mein, eigentlich sollte ich mich doch für ihn freuen, doch was tat ich? Ich sorgte mich. Ehrlich gesagt konnte ich dagegen auch nichts machen. Dieses Unbehagen stieg einfach in meinem Körper auf.
Langsam ging ich auf ihn zu. Ich wusste nicht, ob er bemerkt hatte, dass ich aus dem Bad gekommen war, oder nicht. Sollte er mich aber bemerkt haben, dann ließ er es sich in keiner Weise anmerken.
Schlussendlich setzte ich mich einfach neben ihn, woraufhin er schnell sein Handy abschaltete und dann zu mir aufsah. Er hatte nichts getippt, sondern das leuchtende Display einfach nur angesehen, um nicht zu sagen angestarrt.
„Fertig?", fragte der Teddyjunge mich, ohne, dass sein Grinsen von seinen Lippen wich.
Ich nickte sofort und antwortete: „Offensichtlich, oder?"
Daraufhin nickte er nur und stand vom Bett auf. Wie er da so stand, hielt er mir seine Hand hin.
Verwirrt sah ich von Christians Hand zu seinem Gesicht, immer wieder hin und her. Er hatte den Kopf leicht schief gelegt und sah mich somit fragend und dennoch grinsend an. Kurz zog ich mit seufzendem Geräusch Luft ein und griff dann nach seiner Hand.
In mir drin schien alles zu explodieren. Meine Gefühle und mein Körper schienen komplett durchzudrehen. Ich wusste nicht, ob ich irgendwas dagegen tun konnte.
Seine Hand war ganz warm und eine Haut ungeahnt weich. Es war ein merkwürdiges und doch wunderschönes Gefühl, welches diese Berührung in mir auslöste und ich hoffte, dass dieses Gefühl, welches sich überall festzusetzen schien, für immer bleiben würde. Ich hatte daher selbst von mir den Eindruck, mich an Teddys Hand festzuklammern.
Scheinbar hatte der Junge den selben Eindruck, denn er begann aus sonst unerfindlichen Gründen auf einmal zu lachen.
„Was?", hörte ich mich zischen.
Erschrocken ließ Christian meine Hand los und wich einige Schritte zurück. „Sorry", nuschelte er.
Ich sah ihn traurig an. „Es war nicht so gemeint."
Er nickte.
Es machte mich verrückt, nicht annähernd zu wissen, was in seinem Kopf vorging und was er von mir hielt. Und jetzt lag seine Hand auch nicht mehr meiner, sondern war in seiner Jackentasche verschwunden.
„Dann lass uns essen gehen, oder?", fragte ich eher rhetorisch als ernst.
Christian nickte mir zu und so verließen wir das Zimmer in Richtung Fahrstuhl.
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The St.Jimmy Story (#Wattys2016)
Dla nastolatkówWegrennen. Das ist der Gedanke, der Jimmy nachhängt seit er denken kann. Nichts hält ihn. Keiner versteht ihn. Niemand braucht ihn. So beschließt er einestages sich auf große Reise zu begeben. Es gibt kein Zurück. Es wird nur noch vorwärts gehen. O...