Schon zum dritten Mal innerhalb zwei Stunden hing ich über meiner Kloschüssel und würgte.
Würgte, würgte, würgte.
Würgte komisch, aussehende, braun-beige Pampe aus mir und als der Gestank hochkam, würgte ich noch einmal. Als ich auf das Waschbecken zutaumelte, nahm der Geschmack von Kotze in meinen Mund Gestalt an. Das war so widerlich, dass ich sofort wieder zu der geliebten Kloschüssel zurückstürmte um mir (wer hätte das gedacht?) die Seele aus dem Leib zu kotzen.
Scheiße, ich war sowas von krank.
Eigentlich hätte mich das freuen sollen, doch seitdem Lavinia und ich so etwas wie eine 'Freundschaft' führten, war jeder Schultag wie ein neues Abenteuer, ein neues Erlebnis, ein Leben, welches ich noch nie geführt hatte.
Immer wenn mir Lavinia morgens auf dem Flur zulächelte, wusste ich, dass sie nach der Schule auf mich warten würde und mich zu einem neuen, fantastischen Ort schleppte. Erst gestern, also Dienstag, hatte sie mich in einen kleinen Laden geführt, der die unnötigsten, unauffindbarsten Sachen verkaufte. Ich hatte übrigens einen Spitzer gekauft auf dem abwechselnd in rot-grünen Farben '2fab4u' leuchtete.
Also durfte ich auf keinen Fall einen weiteren Tag verpassen.
,,Mom!", rief ich gequält und total genervt auf.
Ein paar Minuten später lugte der wirre, hellbraune Lockenkopf meiner Mutter durch das Türkloo.
,,Tyler?", fragte sie mit ihrer gewohnt, lauten, piepsigen Stimme. Bevor ich etwas zurückgeben konnte, verzog sich ihr Gesicht in eine angewiderte Fratze und sie gab einen übertriebenen Ekelslaut von sich. ,,Was stinkt denn hier so?"
Ich, der immer noch vor der Klooschüssel kauerte, seufzte genervt auf. Immer wenn ich meine beiden Erziehungsberechtigten brauchte, wurde mir mal wieder klar wie ungeeignet sie als Eltern doch waren. Die beiden waren wie ein nerviger Abklatsch von Lois und Hal aus 'Malcolm mittendrin'(Naja, obwohl dann eher doch nur Hal). Zu aufgedreht, zu fröhlich, zu kindisch und auf gar keinen Fall erwachsen. Es war ein Wunder, dass Claire und ich unsere Kindheit heil überlebt hatten, was wahrscheinlich daran lag, dass wir schon als Kleinwüchsige erwachsener als unsere Eltern gewirkt hatten.
,,Mom", sagte ich mit vollkommen ernster Stimme, ,,ich hab' mich übergeben."
Wie erwartet schaute meine Mutter etwas verwirrt und dann planlos an mir runter.
Zugegeben, es war ein bisschen mies sie so zu überrumpeln. Seit meinen achten Geburtstag hatten Claire und ich entschieden unseren Eltern nicht mehr über unsere Krankheiten zu informieren.
1.Passierte es sowieso eher selten,
2. wussten meine beiden Kanarienvögel eh nicht, wie man in so einer Situation reagieren sollte
und 3. war Claire sowieso die beste Krankenschwester der Welt.
Immer wenn einer von uns zu einer kotzenden Übergeb-dich-Maschine transformiert zu werden schien, rief der Andere mit (echt) überzeugender verstellten erwaschsenen Stimme an der Schule des Kranken an. So waren wir die Hälfte unseres Lebens durchgekommen. Nur heute war Claire schon längst in der Arbeit und ich wollte, verdammte Scheiße, zur Schule.
,,Hol mir einfach nur Übelkeitstabletten, Mom.", brummte ich und fasste an meinen Kopf, der sich inzwischen wie wild zu drehen begann.
Angesprochene Person legte lediglich den Kopf schief und starrte mich fragend an. ,,Übelkeitstabletten?"
Ich war mittlerweile schon total genervt und schenkte meiner Mutter den totalen Killberblick. ,,Hol einfach irgendwelche Tabletten, ok? Ich muss zur Schule."
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My sweet Lavinia
Teen Fiction»All the years buried under the floors And the wounds in the parlour Would have come up to greet us before If it weren't for my heart because I've her name in mine And it's calling all the time For my sweet lavinia« Neun ganze Monate hatte er kein S...