Es war Freitagabend. Eigentlich ein ganz normaler Abend. So begann er jedenfalls, normal. Doch für mich sollte er sich noch ändern. Und diese Änderung würde alles ändern,was danach passierte. Es würde eine Kettenreaktion geben...
Es war sieben Uhr, als ich in meinem Zimmer saß und Pretty little liars guckte. Es war spannend und ich hatte wieder einmal das Gefühl, irgendwie durch den Vorhang vor meinem Fenster, gestalkt zu werden.
Auf einmal klingelte es an der Haustür. Ach, es war wahrscheinlich nur die Nachbarin. Sie klingelte ständig wegen irgendwelchen Kleinigkeiten. Meine Mum würde schon aufmachen.
"Grace!", rief sie auf einmal durch das ganze Haus. "Für dich!"
Verdammt. Widerwillig stieg ich ziemlich schwerfällig aus meinem Bett und stolperte frierend die Treppe runter. Ich hatte schon irgendwie erwartet, dass es Noah war, aber was wollte er hier? Er stand etwas unbeholfen in der Tür. Mit einer Hand hatte er sich auf dem Geländer abgestützt, in der anderen Hand hielt er eine Flasche.
"Pass nur auf, dass er die Blumentöpfe nicht kaputt macht", flüsterte meine Mum und kicherte etwas. Dann verschwand sie im Wohnzimmer.
"Äh, hi", sagte ich.
Er schaute mich nur an und langsam zogen sich seine Mundwinkel nach oben bis er breit grinste.
"Lallo Grace", lallte er. "Haha hast du das gehört? Ich hab Lallo gesagt!" Er lachte übertrieben.
"Ja, tolle Leistung", lobte ich ihn. "Was machst du hier?"
Er winkte mich zu sich ran und schob seinen Kopf nach vorne, sodass er mir ins Ohr flüsterte: "Ich will darüber nicht reden. Ich wollte einfach nur dich sehen, um es zu vergessen."
Er wollte etwas vergessen. Vielleicht hatte er auch deswegen getrunken? Ich schaute auf die Flasche. Whisky, igitt! Aber wenn es so schlimm war, dass er deswegen Alkohol trank, was war es dann, das er so schnell vergessen wollte?
"Noah, was ist passiert? Komm erstmal rein", forderte ich ihn etwas besorgt auf.
Er schüttelte heftig den Kopf. "Nein, komm du lieber raus. Ich brauch Freiheit", sagte er.
Freiheit. Ich dachte an mein warmes Bett und die Serie. Dann dachte ich daran, dass Noah mich vielleicht grade brauchte. Na gut, es war ja noch nicht allzu spät. Ich sagte meiner Mum Bescheid und zog mir Schuhe und Jacke an. Draußen war es kalt. Eigentlich war es in den letzten Tagen immer ziemlich warm gewesen und die Sonne hatte geschienen. (Naja, im Gegensatz zu Schnee und Eis war es warm. Es war nicht Sommer oder sowas.) Aber wenn der Himmel sternenklahr ist, dann wurden die Nächte immer kalt.
"Und jetzt?", fragte ich und umklammerte meine Arme.
Er hielt mir auffordernd die Flasche hin, aber ich schüttelte den Kopf. Ich mochte Whisky nicht sonderlich.
"Bitte, vielleicht erzähl ich dir dann, was passiert ist", bat Noah und setzte einen Hundeblick auf. Und dieser Blick war letztendlich an allem Schuld. Ich hasse ihn dafür, dass er diesen Hundeblick drauf hatte.
Jetzt konnte ich auch nicht widerstehen. Und wenigstens würde mir mit etwas Alkohol wärmer werden.
Also trank ich einen Schluck, hustete und nahm direkt noch einen.
"Na also", lobte mich Noah und lächelte zufrieden. "Lass uns ein Stück gehen."
Gemeinsam gingen wir die Straße entlang, immer weiter weg von der Stadt. Ich trug die Flasche und (und dafür hasste ich mich) obwohl ich es nicht wollte, trank ich automatisch immer weiter. Es schmeckte furchtbar, aber ich wollte auch nicht aufhören. Irgendwann spürte ich die Kälte nicht mehr und hielt es für selbstverständlich, dass Noah meine Hand nahm und wir dicht nebeneinander weiter gingen.
Fast unbewusst führte ich uns zu einem kleinen, irgendwie romantischen See mitten im Wald. Die Wasseroberfläche war schwarz und der See wirkte dadurch fast schon mystisch.
"Ein toller Ort", stellte Noah fest und sah sich staunend um.
Wir waren auf einer kleinen Lichtung, um uns herum standen die blätterlosen Bäume, die etwas wie Skelette aussahen. Vor uns schlummerte der See.
"Stell dir vor, darin wohnen kleine Wassermenschen, die nur nachts raus kommen und sich keinem Menschen zeigen. Sie haben kleine Schwanzflossen und sind immer fröhlich. Haben keine Probleme und leben einfach ihr Leben", dachte ich laut nach.
"Wie schön das wäre, keine Probleme... einfach leben", murmelte Noah und schaute in den Himmel.
Ich schaute ihn an und mir wurde ganz warm. Es war, wie ein angenehmes Schaukeln auf einem Boot oder einer Vogelnestschaukel. Es beruhigte mich und machte mich ganz süchtig. Ich wollte mehr von diesem Kribbeln spüren!
"Du hat gesagt, dass du etwas vergessen musst", sprach ich ihn auf die Sache an.
Als erstes antwortete er nicht sondern betrachtete weiter die Sterne. Ich gab ihm Zeit, wir hatten genug davon. Ja, in dem Moment war es, als wäre die Zeit stehen geblieben. Es war, als gäbe es kein Morgen.
"Es gibt Momente im Leben, die will man einfach vergessen. Sie lasten so schwer auf mir und nehmen mir den Atem. Sie verdrängen alles andere aus meinem Kopf und tun mir weh. Überall tun sie mir weh. Aber jetzt, in diesem Moment, sind sie mir egal. Weil du da bist und du mich zu diesem tollen Ort gebracht hast", sagte er leise.
Ich hatte eine Gänsehaut und es kribbelte immer mehr. Ich wollte schrein, aber gleichzeitig diese Ruhe nicht zerstören.
"Vergessen ist gut", sagte ich nur. "Vergessen und nur noch für sich selbst leben..."
Ich verschwand mit einem Lächeln in meinen Gedanken.
"Ist dir kalt?", fragte Noah auf einmal. "Du zitterst ja."
Tatsächlich, ich zitterte. Und ich hatte am ganzen Körper Gänsehaut. Was war bloß los? Aber ich fror nicht, mir ging es gerade fast zu perfekt.
Ich schüttelte den Kopf, trotzdem legte er auf einmal einen Arm um mich und zog mich an sich ran. Dieses Gefühl... Ich schmiegte meinen Kopf an ihn und wollte nie wieder weg. Ich fühlte mich beschützt und irgendwie verstanden. Er war da und passte auf mich auf. Er war so warm und roch so schön. Er war stark und er war einfach für mich da.
Aber dieser unvergessliche Moment war an allem Schuld und ich würde für immer bereuen, an diesem Abend aus dem Haus gegangen zu sein. Denn das, was eine Woche später passierte, machte mich kaputt.
Peace!
Sorry, dass das Kapitel erst jetzt kommt, aber ich hatte Praktikum und in den letzten Tagen ziemlich viel zu tun. Eigentlich wollte ich auch schon gestern Abend updaten, aber das hat irgendwie nicht geklappt... Ich hoffe aber, es gefällt euch. Habt einen tollen Tag :*
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Alles, nur nicht das, was ihr erwartet
Teen FictionEs sind diese Tage, die alle so hassen. Diese Tage, die jeder kennt. Diese Tage an denen man sich wünscht, man könnte für immer in seinem Bett liegen bleiben und sich vor der Welt verstecken. Vor dieser schrecklichen Welt. Es sind diese Tage, die Gr...