Kapitel 8

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Ich wusste nicht wie lange ich jetzt schon auf diesem Baumstamm den Fluss hinunter trieb. Aber so langsam verließen mich meine Kräfte und ich hatte kaum noch die Kraft dazu den Fluss ruhig zu halten.

Trotzdem gab ich nicht auf. Ich sammelte noch einmal alle meine Kräfte und konzentrierte mich auf das Wasser unter mir.

Ich bekam neue Hoffnung als ich die goldene Brücke vor mir sah. Das ganze wirkte völlig unreal, da diese wunderschöne, filigran gearbeitete, leuchtende Brücke kein bisschen an diesen dunklen kalten und rauen Ort passte. Es sah aus wie eine Brücke aus Asgard. Prächtig und majestätisch. Das völlige Gengenteil zu dieser tristen, grauen Umgebung.

Langsam richtete ich mich auf und sah mich um. In der Schriftrolle stand, die Brücke würde von einem Riesen bewacht werden. Aufmerksam sah ich mich um und achtete auf jede Bewegung, doch nichts geschah. Ich war kurz davor die Brücke zu passieren, wieso passierte nichts?

Plötzlich hielt der Baumstamm einfach an und auf der Brücke erschien ein riesiger Mann. Er trug schlichte Kleidung und hatte strubblige braune Haare. Eigentlich sah er aus wie ein ganz normaler Mensch, wenn da nicht seine größer gewesen wäre. Er war bestimmt um dieselben Meter groß. Seine Hände und Füße waren riesig und mit seinen schwarzen Augen starrte er zu mir herunter.

„Seid gegrüßt. Möchten sie passieren?", fragte er mich in einer tiefen Stimme.

„Ja.", rief ich ihm zu und fügte noch ein bitte hinzu.

„Ich werde euch eine Frage stellen. Beantwortet ihr sie richtig, so dürft ihr passieren. Beantwortet ihr sie falsch, so werdet ihr sterben. Wollt ihr diese Frage hören?", fragte er mich.

„Ja.", antwortete ich entschlossen.

„So sei es. Hier kommt meine Frage. Überlegt gut. Ihr habt nur einen Versuch.

Atemlos und ohne Atemnot

Lebt es kalt doch wie der Tod.

Trinkt, obwohl es Durst nicht spürt.

Trägt einen Panzer, der nicht klirrt.

Wie lautet Eure Antwort?", fragte der Riese.

Ich überlegt. Ein Vampir vielleicht? Die müssen doch auch nicht atmen und verspüren auch keine Atemnot. Sie 'leben 'zwar in gewisser Weise, sind aber eigentlich bereits tot und kalt könnten sie auch sein. Trinken tun sie auch. Aber sie verspüren Durst. Durst nach Blut. Und einen Panzer tragen sie auch nicht.

Was könnte es dann sein?

Wieder und wieder ging ich die Zeilen in meinem Kopf durch. Versuchte sie auseinander zu nehmen und einzeln zu beantworten. Doch es ergab alles keinen Sinn.

„Wie lautet eure Antwort?", fragte der Riese nach einer Weile.

Noch einmal sagte ich die Zeilen leise vor mich hin und dann hatte ich einen Geistesblitz.

„Natürlich.", rief ich glücklich. Das musste die Antwort sein! „Es ist ein Fisch!"

Abwartend sah ich den Riesen an, ob es die richtige Antwort war.

Ein Fisch lebt unter Wasser und braucht keine Luft. Er lebt in der Kälte und trinkt, auch wenn er nicht durstig ist. Und sein Panzer sind seine Schuppen, die natürlich auch nicht klirren.

„Eure Antwort ist richtig. Ihr dürft passieren.", sagte der Riese und der Baumstamm setzte sich wieder in Bewegung. Erleichtert atmete ich auf. Ich hatte es geschafft zu passieren.

Ich beruhigte wieder das Wasser und trieb weiter den Fluss hinunter. Nach einer Weile begann dichter Nebel über dem Wasser aufzusteigen, sodass ich kaum noch etwas sehen konnte. Umso überraschter war ich als ein Ruck durch den Baumstamm ging. Erst klammerte ich mich fester an den Baumstamm, als jedoch nichts mehr passierte, lockerte ich mich langsam wieder und richtete mich mühsam auf. Mittlerweile war ich vollkommen entkräftet, da ich die ganze Zeit das Wasser bändigen musste. Ich sah mich um und bemerkte kurz drauf, dass ich ans Ufer gespült worden bin. Anscheinend hatte der Tunnel sich gelichtet. Ich zog mich ans Ufer und rutschte vom Baumstamm. Dann breitete ich meine Arme und Beine aus, streckte mich und versuchte meine verkrampften Muskeln zu entspannen. Nach einigen Minuten richtete ich mich dann auf und sah mich um. Viel konnte ich jedoch nicht sehen, da neben der Finsternis jetzt auch noch ein dichter Nebel aufgezogen war.

Trotzdem viel mir auf, dass der große Fluss sich hier teilte und in viele kleine Bäche aufgeteilt wurde. Ich folgte einem kleinen Bach über den steinigen Boden. Je weiter ich lief, desto felsiger wurde es und bald musste ich über die Felsen klettern.

Ich kletterte gerade über einen weiteren Felsen und stand wieder neben dem Bach, als sich der Nebel lichtete. Erschrocken stolperte ich zurück und sah auf den Bach zu meiner linken.

Im Wasser waren hunderte von Menschen die den Bach entlang schwammen. Ich trat etwas näher. Nein, das waren keine Menschen. Das waren silbrig schimmernde Seelen. Die Seelen der Toten die zu Hels Burg trieben.

Also musste ich nur dem Bach weiterhin folgen und würde irgendwann zur Burg gelangen.

Ich kletterte weiter über die Felsen, die mit der Zeit immer scharfkantiger wurden. Meine Kleidung war bereits vollkommen zerfetzt, da ich öfters hängen blieb und auf meine Hände bluteten aus mehreren Schnitten. Auch an meinem restlichen Körper, spürte ich das Brennen von weitern Schnitten. Doch ich versuchte es zu ignorieren und verdrängte die Schmerzen. Ich durfte jetzt nicht schlapp machen, nicht wo ich schon so weit gekommen war.

Also kletterte ich weiter und ignorierte die immer mehr werdenden Wunden.


Es fühlte sich so an als würde ich jetzt schon einige Tage über diese Felsen klettern. Ich war völlig am Ende und lief mich erschöpft auf den Boden sinken. Ich brauchte dringend eine Pause. Meine Kleidung hing in Fetzten an mir herunter, mein Zopf hatte sich gelöst und meine Haare hingen mir wirr ins Gesicht. Mein kompletter Körper war blutüberströmt, viele der Wunden bluteten noch immer. Die Felsen waren mittlerweile so scharf, das ich mir die kompletten Arme und Beine aufgeschnitten hatte. Mein ganzer Körper brannte.

Ein paar Mal hatte ich versucht meine Wunden so gut es ging zu heilen, doch ich war so erschöpft, dass ich das Wasser nicht mal fünf Sekunden in der Luft halten konnte. Geschweige denn war ich dazu in der Lage, auch nur einen Kratzer zu heilen.

Auch meine Vorräte wurden langsam knapp. Ich hatte nur noch eine Flasche Wasser und einen Müsliriegel. Den Rest hatte ich bereits gegessen, weshalb ich mir beides gut einteilen musste. Ich hatte keine Ahnung wie weit es noch war und den Bach hatte ich auch aus den Augen verloren.

Ich war so müde, dass ich schließlich umkippte und in einen unruhigen Schlaf fiel.


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