56. Kapitel: Momentaufnahmen

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Das Klingeln an meiner Haustüre riss mich aus meiner Beschäftigung aus Kleber, Fotos und Bücher, an der ich seit mehreren Stunden saß und meinen Kopf in die Welt bunter Materialen tauchte. Seit drei Tagen saß ich an den Vorbereitungen und besuchte unzählige Drogerien und Bücherläden, um meine hohen Erwartungen an die Geschenke zu erfüllen. Vorsichtig tastete ich mich an dem vollbedeckten Boden vorbei zur Haustüre und drückte Minuten später leidenschaftlich meine Lippen auf die meines Freundes. Lächelnd erwiderte er den Kuss und legte seine Lippen um meine Taille. Später nahm ich ihm seinen braun karierten Mantel aus der Hand und hing ihn an einen Bügel. Zusammen schritten wir in mein Wohnzimmer und während Harry sich eine Tasse Kaffee kochte, klebte ich die letzten Fotos in eines der vier Fotobücher. Dieses durchblätterte ich noch einmal und prüfte, ob auch jede Ecke gut klebte und meine Schrift leserlich war. Dabei setzte sich mein Freund zu mir auf dem Boden und blickte mit mir in das für Louis bestimmte Buch hinein.
,, Du machst Fotoalben?'', hackte mein Freund nach, dessen Beine ausgestreckt waren und seine mit Ringen besetzten Finger die Tasse Kaffee umklammerten. Seine Gliedmaßen sahen in der schwarzen Hose länger aus als den je und der herbstliche Pullover aus den Farben orange, braun und rot ließ ihn jünger erscheinen. Ich drehte mich in meiner grauen Jogginghose und rosa Plüschsocken in seine Richtung und erklärte, dass ich die Weihnachtsgeschenke für die Jungs fertig stellte. Ich fuhr fort, dass ich mir lange Gedanken darüber gemacht hatte, was man Menschen schenken konnte, die bereits alles oder die Mittel dazu hatten, alles zu kaufen. Da kam mir die Idee eines persönlichen, von mir gestalteten Fotoalbums, das alle Momentaufnahmen, welche von Beginn meiner Arbeit mit ihnen entstanden waren, umfasste. Harrys Augen strahlten als ich ihm von meiner Idee erzählte.
,, Das heißt du hast auch eines für mich?'', hackte er nach und sah mich an wie ein kleines Kind, welches Schokolade zu Weihnachten geschenkt bekam. Ich konnte nicht wiederstehen und zwickte seine Wange.
,, Du bist so süß. Ja, für dich habe ich unter anderem auch eines und dieses ist glücklicherweise schon fertig. Also Finger weg von den anderen Büchern''. Mein Freund grinste breit und sah sich weiter mit mir das Fotoalbum von Liam an. Dieses begann mit einem Selfie von Liam und mir, welches in Teotihuacán entstanden war. Mein bester Freund hielt sein Handy in die Luft und wir grinsten über beide Ohren. Dabei wehten meine Haare nach rechts und im Hintergrund konnte man ein Stück einer Pyramide erkennen. Wir blätterten weiter und Harry erkannte schnell, dass die Fotos, bis auf das erste, in chronologischer Reihenfolge waren. Das Fotoalbum begann mit unseren ersten Fotos in New York, darauf folgt Miami, England, Mexico und endete mit der X-Faktor Show dieses Jahres. Diese Reihenfolge hielt ich in allen Fotobüchern, auch wenn Harrys und Liams am dicksten waren, da ich die meisten Fotos mit ihnen hatte. Oftmals klebten auch Gruppenfotos an einer Seite und unter manche Bilder schrieb ich einen kurzen Kommentar, ein Datum oder auch einen Spruch. Beispielsweise schreib ich an einer bestimmten Stelle in Nialls Fotoalbum
,, So groß die Liebe zur eigenen Flagge, so groß die Liebe zu deutschen grünen Gummibärchen''. Dieses besagte Foto entstand in meinem Wohnzimmer vor einigen Wochen als ich aus Deutschland zurück kehrte und die Jungs mit unzähligen deutschen Gummibärchen begrüßte. Harry schmunzelte bei diesem Kommentar bevor er weiterblätterte und die weiteren Kommentare las oder sich die Bilder ansah. Er war schlichtweg begeistert von dieser Idee und meiner Kreativität und konnte kaum erwarten, seines in den Händen halten zu können. Ich klebte weitere Bilder in Louis und später dann in Nialls Album, schrieb ab und zu Kommentare darunter oder malte Herzen und Blumen bevor ich die Hände schüttelte und das für mich selbstverständliche schwarze Geschenkpapier und die goldenen Schleifen aus meinem Zimmer holte. Harry half mir beim Einpacken der Geschenke bevor ich diese in eine große blaue Ikea Tüte legte und Cats, Lous und Annas Geschenk dazu packte. Immerhin würden Harry und ich in drei Tagen nach Holmes Chapel zu seiner und zu meiner Familie fahren. Natürlich war Harrys Neugier angeregt als er die viele Geschenke sah und ich klärte ihn über dessen Inhalt auf. Für Cat hatte ich einen Gutschein zur Beauty Behandlung, um genauer zu sein für ein Facial, da ich ihre Liebe zu solchen Beauty Behandlungen kannte und teilte. Lous Geschenk bestand aus einer Lidschatten Palette, von welcher sie seit längerer Zeit schwärmte, und für ihre Tochter Lux hatte ich einen kleinen rosa Jutebeutel, dessen Inhalt ein rosa Nagellack, rosa Haarklammern und ein rosiger Labello war. Laut Lou hatte ihre Tochter momentan eine Affinität für diese Farbe. Für meine Cousine Anna hatte ich einen neuen Lippenstift, der insbesondere auf Instagramm gehypt wurde mit dem dazugehörigen Stift. Harry lächelte bei meiner Aufzählung bevor er die Arme nach mir ausstreckte und ich mich neben ihn zurück auf den Boden fallen ließ.
,, Du bist so kreativ, wenn es um Geschenke geht. Ich würde am liebsten allen Gutscheine schenken''. Schockiert drehte ich mich mehr in seine Richtung und lachte auf. Erneut deckte sich eine Gemeinsamkeit auf.
,, Harry, wenn ich ehrlich bin, hasse ich es, Geschenke zu machen. Ich bin überhaupt nicht kreativ, auf die meisten Ideen kam meine Mum. Wenn ich könnte, würde ich jedem Menschen unabhängig vom Anlass Gutscheine schenken. Das ist das beste Geschenk, was man kriegen oder einem geben kann. Vor allem, weil man nichts falsch machen kann''. Harry stimmte mir glücklich zu und strich mir über die Wangen.
,, Jetzt musst du mir aber bitte einen Gefallen machen'', lächelte ich schüchtern und fuhr fort:
,, Kannst du mit mir die Geschenke verteilen gehen?
,, Ja klar, aber nur wenn ihr fahren darf'', piesackte er mich, doch ohne einen weiteren Kommentar von mir zu geben, nickte ich mit dem Kopf und stand vom Boden auf. Ich schlüpfte in eine schwarze Seidenstrumpfhose, ein schwarzes langärmliches Kleid, meinen schwarzen Wintermantel und meine DocMartens. Meine Haare ließ ich mir locker über die Schultern fallen und außer etwas Concealer und Rouge blieb ich ungeschminkt. Mit einem prüfenden Blick in Spiegel und meiner schwarzen großen Ledertasche um die Schulter hielt ich meinem Freund die Türe auf dessen dunkel roter Schal ihm Frische im Gesicht verlieh. Um seine Schulter hing die blaue IKEA Tasche, diese er in seinem Kofferraum verstaute und kurze Zeit später vom Parkplatz fuhr. Ich selber hatte keine Lust zu fahren, da ich es generell mehr genoss, Beifahrer zu sein. Man konnte die vielen Sinneseindrücke viel besser aufnehmen, der Musik lauschen und seinen Gedanken hinterherhängen. Wir besprachen schnell, wem wir zuerst einen Besuch abstatteten, bevor wir mit Louis begangen, der am weitesten von allen weg lebte. Während der Autofahrt quasselten Harry und ich über noch zu erledigende Einkäufe vor unserer Reise und darüber, was wir machen würden, wenn die zu Besuchenden abwesend waren. Daran hatte ich zuvor nicht gedacht und setzte meine Karten, dass meine Freunde noch in London einzutreffen sein würden. Harry rollte in eine Seitenstraße und ließ mich aussteigen. Während ich Louis das Geschenk vorbeibringen würde, würde er im Wagen auf mich warten. Mit schnellen Schritten eilte ich nach oben und stand vor seiner weißen Türe. Nun konnte ich entweder klingeln und abhauen, oder warten und ihm das Geschenk persönlich in die Hand zu drücken. Ich entschied mich für die erste Möglichkeit und legte das Geschenk vor seine Tür. Mein Herz klopfte mir bis zum Hals als ich klingelte und die Treppe nach unten lief. Nun würde ich warten, ob Louis die Tür aufmachen und das Geschenk sehen und annehmen würde. Wenn nicht, würde ich dieses wieder mitnehmen und ihm dieses nach Weihnachten zukommen lassen. Überraschender Weise öffnete sich Sekunden später die Tür und ich versuchte einen Blick auf Louis werfen zu können, dessen Körper in einem blauen Adidas Jogginganzug steckte. Gerade so konnte ich sein überraschenden Blick erkennen als er das Geschenk in seinen Händen hielt und die schwarze Karte unter der Schleife rauszog. Er lächelte als er die von mir geschriebenen zwei Sätze überflog und schloss Sekunden später die Haustür. Glücklich hüpfte ich die Treppenstufen runter und lächelte meinen Freund zu, der mir die Tür von innen öffnete. Während wir Liams Wohnung ansteuerten, erzählte ich ihm von meiner erfolgreichen Überraschung bevor ich mit schnellen Schritten den Aufzug zu Liams Wohnung betrat und genauso fortfuhr wie bei Louis. Diesmal hatte ich leider keine Möglichkeit gehabt Liams überraschten Blick zu sehen, als er die Türe öffnete und sie schnell wieder hinter sich schloss. Dasselbe passierte bei Niall, den ich gerade noch rechtzeitig erwischte. Vor seiner Tür standen ein großer schwarzer Koffer und eine kleine blaue Umhängetasche. Bedauerlicher Weise ging die Überraschung nicht bei Lou auf. Diese ertappte mich leider in der Sekunde, in der ich vor ihrem Haus weglaufen wollte und begrüßte mich überglücklich mit einer Umarmung. Überrascht nahm sie mir die Geschenke aus der Hand und reichte ihrer süßen kleinen Tochter ihres, diese an der Haustür auf sie wartete und einen blauen kuscheligen Einteiler trug. Die blonde Frau vor mir in schwarzer Jogginghose und blauen Pullover verschwand kurz in ihrem Haus bevor sie mir zwei Geschenke in weißen Papier reichte und erklärte, dass das eine für Harry war. Nun nahm ich diese überrascht an, da ich nicht davon ausging, dass sie auch ein Geschenk für mich haben würde. Mit einer Umarmung nahmen wir Abschied voneinander bevor wir unser letztes Ziel anstrebten. Harry nahm strahlend das Geschenk von Lou entgegen und legte dieses vorsichtig auf die Rückbank. Als ich ihn fragte, ob er auch Geschenke für seine Bandkollegen oder seine Stylisten hatte, schüttelte er den Kopf.
,, Ich weiß nicht, ob du es weißt, aber ich bin Lux Taufpate. Jedes Jahr zu Weihnachten, Ostern und zu ihrem Geburtstag überweise ich auf Lux Konto, welches sie zu ihrem 18 Geburtstag bekommt, einen bestimmten Geldbetrag. Und Lou darf ich nichts schenken, weil sie das aufgrund meines großzügigen Geschenks an Lux nicht möchte. Und wir Jungs schenken uns nichts untereinander, weil- wie du vorhin gesagt hast- wir alles bereits haben, was wir wollen oder es uns selber kaufen können''. Erstaunt sah ich meinen Freund an und lachte in mich hinein. Es berührte mich, dass er für Lux Zukunft vorsorgte und das Amt des Taufpaten angenommen hatte. Gleichzeitig wurde mir in dieser Minute aber erneut bewusst, wie viel Geld mein Freund haben musste und in welchen Verhältnissen er denken musste. Großzügig hieß wahrscheinlich drei stelliger Bereich, das heißt Lux Konto würde mit bereits 18 Jahren mehr wiegen als meines mit 19 Jahren. Das musste ich erst einmal verdauen. Kurze Zeit später hielt Harry vor Cats Appartement und griff nach meiner Hand.
,, Alles in Ordnung? Du bist so still geworden, als ich dir von meinem Amt erzählte''.
,, Ja, alles gut. Wieso auch nicht?'', log ich und öffnete die Autotür. Ich hielt Cats Geschenk in den Händen und wartete auf den Aufzug bevor ich diesen betrat und mich im Spiegel musterte. Mein Körper war in Zara Klamotten eingekleidet, das einzig teure an meinem Outfit steckte an meinen Füßen. Allein der Mantel meines Freundes musste fünfmal so viel kosten, wie meine Schuhe. Ich hatte mich schon längst damit abgefunden, aber diese Offenbarung verdeutlichte mir schon wieder die Relationen, in der Menschen auf Harrys Ebene im Vergleich zu meiner lebten. Allein auf Louis Party hätte mir das auffallen müssen. Kendall Jenner steckte vermutlich in Alexander Wang, Cara Delevigne wahrscheinlich in DSQUARED2 und Cheryl Cole in Escada. Und ich trug eine Palazzo Hose von ASOS, Schuhe von Steve Madden und ein Bralette Top von Agent Provocateur. Schnell schüttelte ich den Kopf und verdrehte die Augen. Wieso begann ich überhaupt meinen Lebensstandard mit dem reicher Menschen zu vergleichen? Ich stand zu meinem Lifestyle und konnte mich glücklich schätzen, überhaupt diese Möglichkeiten zu haben, diese ich hatte. Ich schlug mir gegen den Kopf und schloss damit das Thema ab. Die Aufzugstüren öffneten sich und meine Aufmerksamkeit wurde von einem rosa Packet ergattert. Ich bückte mich und erkannte darauf meinen Namen. Ich griff nach der Postkarte und las in der Handschrift meiner besten Freundin:
,, Ich sagte doch wir sind telepathisch miteinander verbunden.
Frohe Weihnachten, Hailey!''.
Grinsend nahm ich das Geschenk in meine Hand und ersetzte dieses mit meinem. Glücklich hüpfte ich zurück in den Aufzug und zu Harry ins Auto, der mich vielsagend anlächelte und vom Parkplatz fuhr. Telepathie also.

love, faith, hope | H.S.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt