8

163 16 0
                                    

Valentine,

ich glaube nie zuvor, habe ich so lange reglos gesessen. Ich glaube, ich habe sogar kurz vergessen zu atmen. Du hast mir wortlos den kurzen Brief übergeben und dich dann neben mir auf dem Bett niedergelassen. Du hast mich mit Tränen in den Augen beobachtet, wie ich diesen Brief gelesen habe. Als ich dich fragend und besorgt angesehen habe, ich dachte jetzt würdest du mir wieder erzählen, dass Jack wieder mit dir Schluss gemacht hätte, hast du ganz leise geflüstert. Ich glaubte mich verhört zu haben, doch als du mir dann weinend in die Arme gefallen bist und ich dich ganz fest an mich gedrückt habe, sickerten deine Worte in mein Bewusstsein.

„Wir ziehen um."

„Warum?", fragte ich nach einiger Zeit.

„Meine Tante, kann sich nicht mehr um sich selbst kümmern und einen Pflegedienst können sie und wir uns nicht leisten.", hast du geschnieft. Still hast du mir mit deinem Daumen eine Träne weggewischt.

Dann, ich glaube es immer noch nicht, hast du dich nach vorne gelehnt und mich geküsst. Du hast mich geküsst. Von mir aus, hätte die Zeit für immer stehen bleiben können. Ich bewegte mich nicht. Doch nach einigen Sekunden hast du dich zurückgezogen.

„Es tut mir leid!", hast du fast panisch zu mir gesagt und warst dann aus meinem Zimmer gerauscht. Ich bewegte mich nicht, spürte nur den Stich in der Brust, als du dich entschuldigtest. Erst als ich die Haustür zuschlagen hörte, wurde mir bewusst, dass du gegangen warst. Schon wieder.

Valentine, du machst es mir nicht gerade leicht über dich hinweg zukommen. Gar nicht. Machst du das mit Absicht?

Warum hast du mich geküsst?

Weil du etwas für mich empfindest? Wohl eher nicht.

Weil du Mitleid mit mir hast? Schon eher.

Valentine, wenn du mich nur so geküsst hast, muss ich sagen, dass du wohl einer der unsensibelsten Menschen, die ich je kennengelernt habe. Wenn du mich einfach nur so geküsst hast, wohl bemerkt, dass das mein erster Kuss gewesen ist, muss ich dich bitten, mir das zu sagen. Ich weiß nicht, was dann aus uns wird. Ich weiß es noch nicht mal jetzt. Ich glaube du auch nicht, oder?

Wie soll es mit uns weitergehen. Wenn du wergziehst und mich nur so geküsst hast, denke ich, dass ich nicht mehr mit dir befreundet sein kann.

Sag mir, was jetzt mit uns ist.

Ich denke, du begreifst nicht, dass solange du nicht bei mir bist ich mich allein fühle. Dass ich in einem Raum mit 30 Leuten sitzen kann, Schulter an Schulter, doch du nicht dabei bist, ich mich allein und verloren fühle. Verlassen.

Genau wie jetzt, ich fühle mich verlassen, du hast mich verlassen. Zum zweiten Mal.

Luke

(K)ein LiebesbriefWo Geschichten leben. Entdecke jetzt