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Langsam fange ich echt an mir Sorgen um mich selbst zu machen. Ich hoffe das klingt jetzt nicht so eingebildet wie in meinem Kopf. Dein toller Jake lässt mich noch zu einem gewalttätigen Menschen mutieren.

Als ich heute auf den Friedhof kam, war er schon da. Er hatte vor deinem Grab gesessen. Doch er war nicht allein gewesen. Ein dunkelhaariges Mädchen hatte neben ihm gesessen und die beiden hatten leidenschaftlich geknutscht. Auf dem Friedhof. Vor deinem Grab. Ich hatte im ersten Moment nur die kochende Wut gespürt. Unfähig mich zu bewegen und gleichzeitig gegen den Drang ankämpfend ihm keine reinzuhauen, hatte ich da gestanden und die beiden angestarrt. Mein Atem war Stoß weise gegangen und die Leute, die an mir vorbei gingen und mich mitleidig anschauten, dachten vermutlich, dass das fremde Mädchen meine Freundin wäre. Doch ich denke meine Freundin dabei zu erwischen wie sie mich betrog, wäre nicht so schlimm wie das dort gewesen.

Im nächsten Moment hoffte ich, dass du, egal wo du jetzt auch warst, nicht das hattest sehen können. Konnte man im Leben nach dem Tod, wenn es existierte fühlen? Wenn ja, war der Tod, dann für einige Menschen gar keine Erlösung, sondern die Unendlichkeit in der sie weiterhin mit ihren Gefühlen konfrontiert wurden?

Nach einigen Minuten hatte ich mich dann aus meiner Starre lösen können und war zu den beiden hinüber gestampft. Als ich hinter ihnen gestanden hatte, hatten sie mich gar nicht bemerkt, bis die Sonne sich durch die Wolken hindurch gekämpft hatte, und mein Schatten auf die beiden gefallen war. Verwirrt hatten sie sich von einander gelöst. Mit Genugtuung hatte ich festgestellt, dass Jake einen Bluterguss auf der Wange hatte, da, wo ich ihn erwischt hatte. Als Jake mich erkannt hatte, wechselte sein Gesichtsausdruck von verwirrt in zornig.

„Störe ich?", hatte ich sarkastisch gefragt.

Im selben Augenblick hatte er mich gefragt: „Was willst du hier?"

Zornig hatten wir uns an gefunkelt, bewegungslos, während seine Begleiterin immer noch verwirrt zwischen uns beiden hin und her geschaut hatte. Erst als sie mich für längere Zeit fixiert hatte, hatte ich den Blick von Jake abgewandt und sie zum ersten Mal richtig angeschaut. Ich war zusammen gezuckt. Sie hatte dir so ähnlich gesehen, Valentine, von den Haaren, bis zur Nase. Von den Augenbrauen bis zur Gesichtsform. Hätte ich dich nicht so gut gekannt, hätte man mir erzählen können, dass sie deine Schwester gewesen wäre und ich hätte es geglaubt.

Ich musste mich beherrschen um nicht die Hand nach ihrem Gesicht auszustrecken, weil sie dir so ähnlich gesehen hatte. Das hatte meine Wut nur noch mehr auflodern lassen.

Wütend hatte ich Jake angesehen und gezischt: „Wie kannst du nur? Schämst du dich denn gar nicht?"

„Was willst du tun, rumheulen oder mich nochmal verprügeln?", hatte er zurück geknurrt.

Dann hatten wir uns wieder nur angestarrt.

„Was läuft hier?", hatte dann irgendwann das Mädchen gefragt.

„Gar nichts, Babe.", hatte Jake geantwortet.

Seine Antwort hatte meine Wut ins unermessliche steigen lassen.

„Babe?!", hatte ich ungläubig gefragt. „Du bist so ein Arsch!"

„Was ist hier los?", hatte das Mädchen wieder gefragt. Dieses Mal misstrauischer, durch meine Reaktion.

„Los ist, dass dein Freund hier, Valentines Ex war...ist...wie auch immer und hier, vor ihrem Grab fröhlich mit dir rumknutscht, während du fast genauso aussiehst wie sie!", hatte ich fast gebrüllt.

Zuerst hatte mich das Mädchen nur perplex angeschaut, dann waren ihre Augen schmal geworden und ihr Blick war zu Jake hinüber geglitten. Wütend hatte sie ihn angeschaut.

(K)ein LiebesbriefWo Geschichten leben. Entdecke jetzt