16.3 Kapitel

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Diese riss verblüfft ihre Augen auf. So schnell konnte sie gar nicht begreifen, was Selene da gerade vor hatte, als schon mehrere schwache Blitze durch ihr Gehirn geleitet wurden. Sie verzerrte ihr Gesicht vor Schmerzen, schlug nach Selene, verfehlte sie allerdings um Längen und stolperte nach hinten. Schmerzensschreie erfüllten die Schule. Ihre Hände umfassten ihren Schädel, während sie immer wieder aufschrie, als eine Restladung wieder irgendwo in ihrem Kopf einschlug. Ein Glück, dass das magische Blitze waren und daher nicht wirklich Schaden anrichteten konnten. Trotzdem waren das ungeheuerliche Schmerzen für die betroffene Person. Als die Schmerzen sich langsam in Luft auflösten blieb eine wütende Tisiphone zurück. Sie schnaubte laut und ihr ganzer Körper war angespannt.
Selene hingegen betrachtete interessiert die blauen Blitze, die um ihre Finger tanzten, als sie es ihnen befahl. Das fühlte sich so anders an als die Mondmagie, die sie sonst immer ausüben gekonnt hatte. Viel elektrisierender, aufregender und stürmischer. Es kam ihr so vor, als würden die Blitze nur darauf warten erneut frei gelassen zu werden. Im Gegensatz zu früher konnte Selene jedoch deutlich bestimmten, wann sie zum Einsatz kamen und wann nicht. Das Gefühl von Kontrolle war ihr nun total vertraut. Sie hatte keine Angst vor diesem Element, während sie wegen dem Element Mond in ständiger Angst gelebt hatte.

»Oh, das hättest du nicht tun sollen! Eigentlich habe ich ja vor gehabt, diese Sache schnell und ohne weitere Umstände zu erledigen, aber wenn du es unbedingt darauf anlegen willst..« Sie ballte ihre Hände zu Fäusten und machte einen Schritt auf Selene zu. Diese wich unwillkürlich etwas zurück, was ihr sofort peinlich war. Sie durfte sich jetzt nicht schwach zeigen. Diese Erinnye würde noch lernen, was es heißt sich mit der Mondgöttin anzulegen und sie derart hinters Licht zu führen. Nun ballte sie ihre Hand ebenfalls zu Faust und ließ die Blitze nun in stärker Form um ihre Hand tanzen. Auch Tisiphone sammelte die Elektrizität die ihr Körper seit neuem die ganze Zeit enthielt in ihre Hand und ließ die Funken springen. Es viel ihr überhaupt nicht schwer diese neue Gabe zu kontrollieren. Es fühlte sich so an, als hätte sie sie schon Ewigkeiten. Als wäre dieses Element schon ihr ganzes Leben lang ein Teil von ihr gewesen. Eine schnelle Handbewegung genügte und der Blitz zuckte schon in Selene Richtung. Diese riss erschrocken ihre Augen auf, als sie den Blitz auf sich zu zischen sah und stürzte sich im letzten Moment noch aus der Gefahrenzone. Sie landete hart, ihr Kinn schlug mehrmals am Boden auf und ihr wurde schwarz vor Augen. Diese hinterlistigen Punkte trübten ihr die Sicht gewaltig. Auch Schwindel umschlang sie nun in einer festen Umarmung, die ihr fast wie Fesseln vorkamen. Schon im nächsten Moment konnte sie die Elektrizität spüren, die auf sie zukam. Die feinen Härchen auf ihrem Arm stellten sich auf. Schnell rollte sie zu Seite und sprang wieder auf ihre Beine. Die schwarzen Flecken waren verschwunden und zum Vorschein kam eine verrückt gewordene Tisiphone. Der Irrsinn war ihr quasi ins Gesicht gemeißelt. Haare standen ihr vom Kopf ab, als hätte sie sie nie zuvor gekämmt. Und ihre Haut sah ganz ausgetrocknet aus. Vielleicht kam das von den viel zu energievollen Blitzen. Sie sollte die Energie sparsamer verteilen, wenn sie das noch länger durchziehen wollte.
Selene hatte hingegen noch all ihre Kraft beisammen. Auch sie konnte schon die ganze Zeit ein Knistern in ihr wahrnehmen. Zögerlich richtete sie ihre Hand gegen Tisiphone. Auf ihr Gesicht stahl sich ein hinterlistiges Lächeln, als Selene einen Teil der neuen Energie durch ihre Hand entweichen ließ, so wie sie es früher immer mit dem Element Mond getan hatte. Die Erinnye begann zu lachen. Ihr Gelächter erfüllte beinahe die ganze Aula. Es war so grauenvoll, dass sich die Härchen auf Selenes Armen wieder aufstellten, ohne dass sie etwas dagegen unternehmen konnte. Es war einfach diese Aura, die dieses Mädchen umgab, was Selene das Fürchten lehrte. Richtig schrecklich fühlte sich das an.
Sie konnte deutlich spüren, dass dieses Mal mehr Magie als noch zuvor in der Luft lag, als der Blitz ihren Körper entwich. Ein elektrisches Zischen erfüllte die Luft, als er sich auf den Weg machte. Er zuckte hin und her, schlug mehrere Male im Boden ein, bevor er schließlich Tisiphone erreichte. Diese grinste jedoch nur siegessicher. Wie als würde sie einen eingeladenen Gast empfangen streckte sie dem Blitz ihre Hand entgegen. Dieser nahm sie an und verschwand in ihr. Tisiphone schien ihn einfach aufzusaugen, nur um ihn durch ihre andere Hand in lila getunkter Farbe wieder entweichen zu lassen. Selenes Blitz schien sie nicht einmal irgendwie zu kümmern, während sich Selene jedoch schnell wieder in Sicherheit bringen musste. Dieses Mal nur vor ihrem eigenen Blitz. Sie machte eine Rolle nach vorne und war rasch danach schon wieder auf den Beinen um den nächsten Blitz in Tisiphones Richtung zu schleudern. Dieser war jedoch mit etwas mehr Geschwindigkeit abgeschossen worden, sodass Tisiphone keine andere Wahl hatte, als sich ebenfalls schnell in Sicherheit zu bringen. Donnergrollen erfüllte die Aula zum wiederholten Male, als der Blitz ins Leere ging. Sofort wurde ein Racheblitz zurück zu Selene geschickt. Tisiphones Blitze waren momentan um einiges stärker als Selenes, musste sie feststellen, als sie ihre Hand nach ihm ausstreckte und ihn, wie die Erinnye es bereits vorgezeigt hatte, durch ihren Körper litt um ihn wieder raus zu lassen. Sie wurde dabei gepackt von der Wucht des Blitzes, sodass sie nach vorne taumelte und nur ganz knapp auf ihren Beinen hielt.

Beide standen sich schwer atmend gegenüber. Rauch stieg von den verschiedensten Stellen um sie herum auf. An einigen Stellen brannte der Holzboden sogar. Es war jedoch nur eine kleine Flamme, sodass sie gepflegt ignoriert werden konnte.
Ihre Arme und Schultern hingen kraftlos an ihr herab, wurden nur von ihrer schweren Atmung hoch und wieder runter gehoben. Mit schwerfälligen Schritten schlurften die Erinnye und die Göttin in Kreisbewegungen umeinander. Keine ließ die Andere aus den Augen. Sie waren wie zwei Ernstfeinde, die sich seit Ewigkeiten bekriegten und nun am Ende ihrer Kräfte waren. Der Unterschied war nur, dass sie keine seit ewig erklärten Feinde waren und auch nicht schon seit langer Zeit einen Kampf austrugen, sondern erst seit einigen Minuten. Doch diese sterblichen Körper schränkten sie mächtig in ihren Möglichkeiten ein. Würden sie immer noch in ihren unsterblichen Körpern stecken, würden diese diesen Kampf  noch eine ganze Weile durchhalten ohne schlapp zu machen. Doch zum Glück war dies nicht der Fall. Sonst würde dieses Schulgebäude am Schluss nicht mehr stehen. Die meisten hatten doch keine Ahnung welche Zerstörungskraft solche Götter besaßen.

Viele polternde Schritte erfüllten auf einmal die Stille. Sie liefen eilig die Treppen hinab. Erwartungsvoll richtete Selene ihren Blick in diese Richtung. Zuerst erschien der Direktor, welcher sofort wie angewurzelt stehen blieb. Er war fassungslos. Überall stiegen diese Rauchschwaden empor und vergifteten langsam die Luft. Und dann war da noch das übrige Chaos, welches die zwei angerichtet hatten. Entsetzt vergrub er seine Hände in seine feinen Haare. Würde er so weitermachen, würden sie ihn sicherlich bald ganz ausgehen. »Was zum Teufel geht hier vor?!«, schrie er ohne eine eindeutig definierbare Tonlage in seiner Stimme. Sie war etwas schrill, zugleich jedoch so kraftvoll und autoritär. Diesen Moment der Ablenkung nutzte Tisiphone und leitete mit letzter Kraft einen Blitz durch die Luft, direkt auf Selene zu.

School of Elements - HalbmondWo Geschichten leben. Entdecke jetzt