Schreie. Der Tod kam näher. Autos drängelten sich auf den vollgestopften Straßen. Die Menschen flohen. Sie dachten sie könnten vor ihrem Schicksal davonfahren. Nein. Seinem Schicksal entkommt man nicht. Nicht so einfach. Doch das wussten die Menschen nicht. Sie wussten nichts. Weder übers Leben, noch übers sterben, noch über die Welt, noch übers Universum, noch darüber, welchen Sinn das alles hatte.
Ein dunkler Schatten huschte über ein Dach. Dann ein zweiter, ein dritter, ein vierter und ein fünfter. Die Menschen bemerkten sie nicht. Ihre Panik wirkte wie Scheuklappen. Die Schatten liefen gegen den Strom. Lautlos. Fast unsichtbar. Sie entfernten sich von der Herde zu der sie nie gehört hatten, denn sie waren anders. Heutzutage bekommen die, die aus der Reihe tanzen, keinen Respekt mehr, obwohl sie den meisten verdient hätten. Sie ziehen ihr Ding durch und werden dafür verstoßen.
,,Jämmerlich." Höhnte ein blasses Mädchen, deren Haare von tiefem Schwarz waren, als ihr kühler Blick einen Wimpernschlag lang auf einem schreienden Baby ruhte, das verlassen auf dem schmutzigen Boden saß und mit großen Kulleraugen in der Menschenmasse seine Eltern suchte. ,,So sind die Menschen..." murmelte ein blonder Junge, welcher drei Schritte hinter dem Mädchen lief und blieb stehen um ebenfalls das heulende Kind zu mustern. ,,Laber nicht, lauf! Oder willst du draufgehen?" Knurrte der dritte Junge. ,,Letztendlich sterben wir doch alle." Hauchte er und sah mit wasserblauen Augen zum Himmel auf, als würde er bereits die Engel sehen die ihn abholen würden. ,,Verdammter Pessimist. Sei doch froh dass du noch etwas Zeit hast!" Der Vierte hatte sich mit einer eleganten Bewegung zwischen seinen Gefährten hindurchgefädelt und lief nun hinter dem mit den rot-braunen Harren an der Spitze.Der Blonde erwiderte nichts. Die Stadt wirkte zunehmend ausgestorbener, fast wie eine Geisterstadt aus einem Film. Die Rufe waren in der Ferne verklungen, eine Totenstille lag über denen, die sich zur Aufgabe gemacht hatten die Katastrophe zu verhindern. In der Ferne erschien etwas. Ein Mensch. Er lief über die Straße in die Richtung in die auch alle anderen vor ihm gelaufen waren. ,,Ist er das?" Flüsterte der Zweitvorderste, welcher die Gestalt zu erst erblick hatte. ,,Woher soll ich das denn wissen?" Keifte der dritte Junge, der hinter dem Blonden rannte und somit den Schluss bildete. ,,Ach, halt doch die Klappe!" Murrte der Zweite als sie sich auf einem Flachdach auf die Lauer legten. Sie hatten das Gefühl, dass jeder einzige Atemzug bis zu einem Kilometer weit schallte. Sogar das Klopfen ihrer Herzen schien abnormal laut in ihren Ohren. Ab nun schien die Zeit zu kriechen. Der Blonde hielt einen Bogen weit gespannt, doch man sah wie sehr seine Hände zitterten. Er sah aus als würde er sich jeden Moment übergeben. Das Mädchen legte sachte eine Hand auf seine. ,,Du musst das nicht, wir können doch einfach auf die Erwählte warten und..." Sie brach ab. Er blieb stumm und starrte ins Leere. ,,Aber... wer weiß wann sie kommt?" Man hörte die Sehnsucht in der Stimme des Braunhaarigen, welcher gerade noch den Blonden als "Pessimist" betietelt hatte. Wieder Stille. Es war ein einziges Hoffen darauf, nicht bemerkt zu werden. Sie waren die Beute, in einem stillen Versuch darauf, den Jäger zu besiegen. Die Person die auf sie zugekommen war blieb stehen als sie vor dem Haus stand, an welchem sie sich versteckten. Es war ein junger Mann, er hatte eine schwarze Kapuze tief ins Gesicht gezogen, als versuche er es zu verstecken. Seine Haut besaß einen kreidebleichen Ton. Unter der Kapuze lugte eine weißblonde Strähne hervor, sein langer, dunkler Mantel schleifte über den Boden. ,,Ihr braucht euch nicht zu verstecken." Das Herz sank ihnen in die Hosen. Der Blonde umklammerte seinen Bogen fester. ,,Wenn ihr wollt mache ich es schnell und schmerzlos. Ihr brauch euch nur zu ergeben." Man hörte, dass er grinste, obwohl tiefe Schatten über sein Gesicht fielen. Die Nervosität breitete sich unter den Vieren aus. Um ihn herum sammelte sich die Dunkelheit. Sie begann zu pulsieren und zu wachsen, langsam Formen anzunehmen. Es waren Gestalten, groß und kräftig und sie sammelten sich wie ein Schild um den Mann. Hätten die Fünf nicht schon lange Erfahrung mit Situationen wie diesen hätten sie sich wahrscheinlich in die Hosen gemacht. Das war normal. ,,Zacharias!" Der Blonde hatte sich mit zitternden Beinen aufgerappelt. ,,Quinn, nein!" Rief das Mädchen, wollte aufstehen und den Jungen mit sich ziehen. ,,Halt dich da raus! Das geht nur ihn und mich etwas an!" Er stieß die Dunkelhaarige von sich, worauf sie fast rückwärts gestürzt wäre. Die restlichen drei zuckten keinen Muskel um sich der felsenfesten Umgebung anzupassen. Der junge Mann auf der Straße, Zacharias, lachte leise. ,,Wie mutig von dir. Stellst dich allein dem Feind um deine Freunde zu beschützen. Das perfekte Klischee eines Helden." Man spürte förmlich wie gern Quinn sich einfach auf ihn gestürzt hätte, doch da war wohl ein Funken Vernunft in ihm zurückgeblieben welcher ihn davon abhielt unüberdachte Entscheidungen zu fällen. ,,Was ist, traust du dich etwa nicht?" Spöttisch hob Zacharias den Kopf. Die Schatten seiner Kapuze wichen aus seinem blassen Gesicht und wasserblaue Augen funkelten zu der Gruppe hinauf. Der Mann war Quinn wie aus dem Gesicht geschnitten. Jedes kleinste Detail, fast haargenau, wäre da nicht die schneeweiße Narbe unter seinem linken Auge die das gesamte Bild irgendwie... böse erscheinen ließ. Quinns Fingerknöchel traten weiß hervor als er das helle Holz fester umklammerte. ,,Bitte Quinn...!" Es war kaum mehr als ein leises Wimmern, welches die Lippen des Mädchens verließ. ,,Ich... hätte nie gedacht,... dass du dich einmal so... verändern würdest." Schnaufte er und in seinen Augen blitzte der Hass auf. ,,Und was willst du jetzt tun?" Auf Zacharias' schmalen Lippen breitete sich ein Lächeln aus. ,,Ich-" Seine Stimme versagte. ,,Du?" Zacharias Grinsen wurde breiter. ,,I-Ich bring' dich um!" Brüllte Quinn ihm entgegen. ,,Könntet ihr euren kleinen Geschwisterkrieg vielleicht wann anders austragen?" Hauchte der Jüngste von ihnen kaum hörbar. ,,Sammy hat Recht, ihr könnt den dritten Weltkrieg noch etwas verschieben!" Der, der den Schluss gebildet hatte, erhob sich und kniff die Augen zu Schlitzen zusammen. Quinn drehte mit einer ruckartigen Bewegung den Kopf. In seinen Augen lag dieses bedrohliche Funkeln. Der Schwarzhaarige hielt seinem Blick mühelos stand. Quinn verdrehte die Augen und drehte den Kopf wieder im selben Moment in dem er den Pfeil, welcher auf seiner Bogensehne gespannt war, losließ. Das Schattenschild um Zacharias verschluckte den Pfeil jedoch mühelos. ,,Das war ja jämmerlich." Gluckste Dieser, winkte kurz mit der rechten Hand und die Schatten spien den Pfeil wieder aus. Der Schwarzhaarige packte den Blonden und stieß ihn zur Seite, wo er erbärmlich stürzte, er selbst konnte nur mit Mühe ausweichen. Quinn richtete sich wieder auf, Blut rann aus seiner Nase. Er griff erneut seinen Bogen und spannte ihn im Bruchteil einer Sekunde wieder. ,,Du lernst auch echt nicht dazu, oder?" Spottete der Blonde unten. Der mit den schwarzen Haaren blickte Quinn durchdringend an, Sammy wimmerte leise. Er spürte dass es nicht gut gehen würde, kniff die Augen zusammen und presste die Hände auf die Ohren um die Geschehnisse zu verdrängen. Der Braunhaarige rutschte lautlos herüber und legte tröstend einen Arm um seine Schultern. Der Blonde schoss seinen zweiten Pfeil in die Richtung des Blonden auf der Straße. Wieder verdichtete sich die Dunkelheit, türmte sich auf und schoss den Pfeil zurück. Quinn sprang einen Satz zur Seite, doch der Pfeil war schneller, die silberne Spitze versank in seiner Schulter, fast so als wäre sie Butter und ließ den Blonden nach hinten taumeln. Er keuchte und ging in die Knie, starrte mit glasigen Augen ins Nichts. ,,QUINN!" Die Stimme des Mädchens überschlug sich bei dem schrillen Entsetzensschrei. ,,Lass..." Krächzte er als sie auf ihn zu hechtete. Er wollte sich wieder erheben, doch das Mädchen drückte ihn wieder zu Boden. ,,Ich denke, wir sollten-" hob sie an, in dem Moment als ein blendendes Licht über den Himmel schoss und die Schatten sich zu krümmen begannen und letztendlich im Boden versanken. Sie kniffen die Augen zusammen im sich vor dem blendenden Licht zu schützen. Mit viel Mühe sah man Quinn, wie er sich aufrappelte und mit letzter Kraft einen weiteren Pfeil in Richtung seines Bruders schoss und die leuchtende Gestalt eines Mädchens auf dem gegenüberliegenden Dach, welche die Hände dem Himmel entgegenstreckte. Man sah Sammy und den Braunhaarigen, welche auf dem Boden kauerten und den Schwarzhaarigen der versuchte mit den Händen seine Augen zu schützen, das Mädchen wie sie auf dem staubigen Boden kniete und Zacharias auf den sich ein Hagel aus strahlenden Pfeilen ergoss. ,,Irgendwann!", rief er während er lief ,,Irgendwann kriege ich euch!" Und dann war er verschwunden, genau wie das wundersame Mädchen aus Licht. ,,Sind alle unverletzt?" Fragte die Dunkelhaarige. ,,Hmpf. Ich sehe überall nur noch weiße Flecken." Grunzte der mit den schwarzen Haaren und blinzelte irritiert. ,,Quinn..." Machte Sammy entsetzt. ,,Was-" Das Mädchen drehte sich um, doch dort wo gerade noch ihr Freund stand stand nun niemand mehr. Furcht trat in ihre Augen. ,,Wo ist er?" Fragte sie. Ihre Stimme bebte. ,,K-Kaja?" Fragte der Braunhaarige. ,,Hmhm?" Sagte sie, in ihren Augen standen Tränen und ihr Atem ging schnell. ,,Dort..." Sagte er und zeigte mit einem zittrigen Finger vom Dach. ,,Quinn?" Das Mädchen lugte über den Rand des Flachdachs. ,,QUIIIINN!" Sie schrie. Sie konnte nicht anders. Sie musste. Dort unten auf dem dreckigen, grauen Bürgersteig lag der zerschmetterte Körper ihres Freundes. Kein Windhauch regte sich, Kajas Schluchzen war das einzig hörbare und klang bis weit in die Ferne. ,,Du hattest Recht... Letztendlich sterben wir doch alle..."
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Seek
Paranormal,,Wir sollten aufhören. Das alles hier ist doch Quatsch. Meinetwegen soll die Welt untergehen, die Menschen haben's verdient." ,,Aber wir tragen hohe Verantwortung. Wir können nicht einfach aufhören und ein normales Leben leben wie all die anderen...