Flora
Nichts zu hören. Außer dem Rufen eines Vogels und dem Prasseln eines Kaminfeuers. Flammen tanzen an den Wänden. Zeichnen wohlbehaltene und kunstvolle Muster auf die Wände. Gleichmäßiges Atmen zweier, ineinander verschlungener Menschen. Er stützt sich mit seinen Armen neben mich ab. Schaut mich lange an. Auch wenn meine Augen geschlossen sind, so spüre ich seinen Blick doch auf mir und er wandert meinen Körper hinab. Fließt wie Wasser an mir herab und gegen die Strömung wieder aufwärts. Er streicht mir über das Gesicht. So sanft und zerbrechlich, als wäre ich aus chinesischem Porzellan. Haucht federleichte Küsse über mein Gesicht und küsst meine Tränenspuren weg. Meine Augen öffnen sich. Onyxbraun trifft tiefes, bernsteingesprenkteltes Grün. Lippen treffen sich zu einer langen, innigen Vereinigung. "Können wir hier nicht einfach für immer bleiben?" Er seufzt. "Wir genügen uns doch. Ich brauche kein großes Haus, keine Bediensteten, keinen übermäßigen Reichtum" "Ich weiß. Ich doch auch nicht, Liebste. Aber meine Eltern" - Aber du bist doch fast 19, du musst doch gar nicht machen, was sie sagen" "In unserer Welt nicht, aber in ihrer" Neuerlicher Seufzer seinerseits. Das ist alles nicht so einfach. "Mir würde das hier auch reichen. Aber du hast meine Eltern kennengelernt. Das Problem bist nicht du mon coer. Das Problem sind meine Eltern" "Ich weiß nur nicht, wie lange ich dieses Spiel noch spielen kann" In seinen wie in meinen Augen glitzern schimmernd Tränen. Er umklammert mein Gesicht und küsst mich abermals. Er hebt mich hoch und trägt mich auf den Teppich vor dem prasselnden Kaminfeuer. Wir lieben uns ein weiteres Mal. Und jetzt fangen wir gleichzeitig an zu weinen. Stiche wie Messer. In meinem, wie in seinem Herz. Wir müssen uns trennen, bevor seine Eltern Verdacht schöpfen. Und so gehen wir unter andauernden Küssen für den jeweils Anderen und einer letzten verzweifelten Umarmung. Wir sehen uns wieder. Dessen bin ich mir gewiss. Und das versichert er mir tausendmal. Ich gehe zurück nach Hause, aber nur mit ihm an meiner Seite, denn dann fühle ich mich absolut tausend prozentig sicher. Er besteht wie so häufig darauf. Hat Angst, mir könnte etwas zustoßen. Enorme Angst sogar, meint er zumindest. Und so begleitet er mich bis vor die Haustür. Küsst mich ein letztes Mal. Lasse ihn dann mit einem Herzen, wie ein Felsbrocken gehen. Weiß nicht weiter. Gehe wortlos hoch in mein Zimmer und setze mich auf mein Bett. Keine Ahnung von irgendetwas. Weiß nicht, was ich tun oder lassen soll. Lege mich hin und starre die Decke an. Das Versteck Spiel muss aufhören. Lieber früher als später. Wegen meiner auch sofort. Zumal er ja ganz klar gemacht hat, dass er mich nicht verlassen wird.
Maxi
Ich fahre allein zurück nach Hause. Aber kaum habe ich alles wieder so hingestellt, wie es vorher war, kommt mein Vater mir entgegen. "Junger Mann" Er brüllt das ganze Haus zusammen. "Wo warst du? Wo? Du hast mir gesagt, du wärst bei Markus. Ich habe dort angerufen. Du warst dort nicht. Maya hat mir gesagt, du wärst auch nicht vorbeigekommen. Wo zur Hölle warst du!?" Ich lasse das Brüllen stoisch an mir abperlen, wie an einer Teflonpfanne. "Du hast dich doch bestimmt wieder mit dieser Flora oder wie dieses Miststück heißt getroffen oder? HÄ? Los sprich Junge" Ich schweige. Ich spreche mit niemandem mehr, außer mit Flora. Mein Vater schüttelt mich. Ein äußerst riskantes Verhalten seinerseits, denn ich bin fast 2 Köpfe größer und kräftiger als er. "Du hast absolutes Ausgehverbot Sohn! Außer für die Schule verlässt du für nichts mehr das Haus. Und sollte ich herausfinden, dass du weiterhin Kontakt mit diesem Mädchen hast, dann Gnade dir Gott" Nach dem er geendet hat, dränge ich mich an ihm vorbei, als ob nichts gewesen wäre. Nach oben in mein Zimmer. Auf mein Bett gelegt. Nichts gegessen. Nichts Gescheites zumindest. Nur getrunken, aber auch nur, weil es zum Überleben wichtig ist. Leere. Nichts was mich ausfüllen könnte. Nichts was mich über diesen Schmerz hinwegtäuschen und ablenken könnte. Nichts. Keine Ruhe. Mein Herz in meiner Brust fühlt sich an, als hätte man es herausgerissen und so weit weggeworfen, dass ich es auch nach 30 Jahren intensivster Suche nicht wieder finden würde. Wozu lebte ich eigentlich noch? Wenn ich meinen einzigen Lebensinhalt sowieso nicht sehen durfte. Dann hat mein ganzes Dasein, das sowieso nur um sie kreist, auch keinen Sinn mehr. Ich bin ein schlechter Freund! Ich schaffe es nicht mal, meine Eltern von der Frau zu überzeugen, die mir mehr bedeutet, als meine gesamte Existenz jemals wert sein wird. Ein eisiger Wind weht um mein Herz uns versetzt es zurück in die Eiszeit. Flora hatte diese Blockade für kurze Zeit als einzige lösen können, aber da sie nicht da war, holte sich die Tristesse mein Herz und meine Seele zurück. Es war, als hätte man, wie in einer schlechten Telenovela, alles mit einem grau weißem Schleier überzogen. Nur, dass das hier keine Telenovela war, bei der man umschalten konnte, wenn man diese Sendung nicht mochten. Das Leben ist kein Warenhaus, es nimmt nichts zurück. Mein Vater akzeptierte Flora nicht aus Neid, wie ich vermutete. Er gönnte mir dieses Glück einer alles überwindenden Liebe nicht. Und meine Stiefmutter sah in Flora ihre längst vergangene Jugend vorbeiziehen. Aber ich würde Flora sehen. So fest entschlossen war ich noch nie zuvor. Auch wenn mein Herz mir ganz leise zuflüsterte, ob wir mal ganz kurz bitte aufhören könnten, so zu tun, als mache uns das nichts aus. Das würde es nicht mehr lange aushalten. Und so tue ich wie es mir befiehlt. Tränen ziehen Spuren über mein Gesicht. Wandern hinunter, bis zu meinem Hals, machen aber auch dort keinen Halt. Greife nach dem Glas mit Alkohol neben mir. Es steht immer noch da. Ich greife danach und trinke es aus. Danach lege ich es neben mir auf das Bett. Rolle mich zusammen wie ein Embryo und drehe mich zurück auf die Seite. Umklammere das Bild und weine mich mit einer Mischung aus Depression, Trauer und Wut, Verzweiflung und Hilflosigkeit in den Schlaf. Zumindest für 8 Stunden möchte ich dieses Bild einer heilen, stabilen friedlichen Welt in meinen Träumen aufrecht erhalten um es wie ein Schutzschild zu nutzen.
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Liza, Flora und die Wilden Kerle
FanfictionHallo ihr da draußen... Ich heiße Liza, bin 18 und die Zwillingsschwester von Raban. Wenn ihr mehr wissen wollt dann schaut mal hier vorbei und seht was passiert wenn die wilden Kerle nach Hause kommen. ACHTUNG!!! TRIGGERWARNUNG!!! NICHTS FÜR PERSON...